Natur
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Aus Tabelle 2-4 ist ersichtlich, dass ein Gesamtwert allein nur wenig aussagen würde, denn man würde nicht erfahren, welche Dimension denn nun besonders zur Erholung beiträgt und welche eher wenig. Der Garten A ist erholsam, weil er ein Kontrasterlebnis zum Alltag bietet, wegen der Faszination, die er auslöst, und wegen seiner wahrgenommenen Weite. Nur dem Garten A wird Weite zugeschrieben, was plausibel ist, weil dieser Garten relativ groß ist. Die Stärke des Gartens B ist seine Kohärenz, was insbesondere die Landschaftsarchitektur-Studierenden dem Garten bescheinigten. In beiden Gärten kann man sich weit entfernt vom Alltag mitsamt den vielerlei Ärgernissen fühlen. Das Fazit ist, dass in kleineren Arealen, in denen sich der Eindruck von Weite schwerlich erzeugen lässt, die anderen Faktoren umso wichtiger sind, um mangelnde Weite zu kompensieren; sie müssen in solchen Fällen besonders faszinierend, kohärent und kontrastreich sein.
Auch der Vergleich der Gruppen erwies sich als aufschlussreich. Die Landschaftsarchitektur-Studierenden urteilen positiver, die Psychologie-Studierenden sind mit positiven Bewertungen zurückhaltender. Inwieweit sich dieses Ergebnis auf die dann voll im Beruf tätigen Landschaftsarchitekten und Psychologen generalisieren lässt, sei dahin gestellt. Es würde bedeuten, dass die planenden und gestaltenden Fachleute optimistischer sind als die Verhaltensexperten.
Laumann et al. (2001) haben in einer Faktorenanalyse insgesamt fünf Faktoren ermittelt:
• Neuheit
• Ausstieg
• Weite
• Faszination
• Kompatibilität.
Die beiden ersten Faktoren, Neuheit und Ausstieg, können als Aspekte des being away gesehen werden, wobei der Faktor Neuheit in erster Linie ein physisches, der Faktor Ausstieg ein psychologisches Anderswo beinhaltet. Fasst man Neuheit und Ausstieg zu einem being away-Faktor zusammen, ist man wieder bei der 4-dimensionalen Struktur erholsamer Umwelten angelangt.
Abbildung 2-16: Durchschnittliche Skalenwerte nach Komponenten und Landschaftstypen (Laumann et al., 2001, S. 41; eigene Grafik)
In der zweiten Studie von Laumann und Mitarbeitern wurden Versuchspersonen Folgen von Videos von jeweils 12 Bildern zu fünf verschiedenen Landschaften dargeboten. Gezeigt wurden ein Wald mit einer Lichtung, eine Parklandschaft, ein See in einer Naturlandschaft, eine schneebedeckte Hochebene in den Bergen und eine Straßenszene in einer Stadt. Die Versuchspersonen gaben ihre Urteile zu 22 Umweltmerkmalen ab und zwar auf 7-stufigen Skalen. Wie aus Abbildung 2-16 hervorgeht, begibt man sich am besten in den Wald, in eine Naturlandschaft mit Seen oder inschneebedeckte bergige Höhen, wenn man aus dem Alltag entfliehen will. Das höchste Ausmaß an Weite bietet die Berglandschaft, wohingegen ein See inmitten der Natur sowie ein Wald mit Lichtung besonders faszinierend sind. Auch hier zeigte sich wieder, dass Naturlandschaften aus unterschiedlichen Gründen erholsam sein können. Die Stadt bietet kaum Ausstiegsmöglichkeiten, und im Vergleich zur freien Natur ist der Park nicht besonders erholsam.
Umwelten können so aus mehreren Gründen einen Erholeffekt haben: weil sie faszinieren, weil sie wegen ihrer Weite geschätzt werden, weil sie eine Kontrastwelt und damit andere Formen des Erlebens und Verhaltens bieten als die gewohnte Alltagsumwelt, und weil sie als passend erlebt werden.
2.3 Die unheimliche und lebensfeindliche Natur
Bei freien Assoziationen zum Begriff der Natur überwiegen die positiven Vorstellungen und Assoziationen (Krömker, 2004). Die übermächtige und vernichtende Natur kommt jedenfalls nicht als erstes in den Sinn, sondern weit eher die schöne Landschaft bis hin zum Paradiesgarten, in dem alle Lebewesen in Harmonie friedlich zusammen leben. Naturphänomene sind jedoch ambivalent: Es gibt nicht nur die ästhetisch ansprechende, erholsame und wohl tuende, sondern auch die bedrohliche, zerstörerische Natur, in der die stärkeren die schwächeren Lebewesen verdrängen und vernichten und in der sich extreme Ereignisse wie Erdbeben, Vulkanausbrüche, Überschwemmungen und Unwetter abspielen. Weniger extrem ist die unheimliche Natur, deren Erscheinungen man nicht deuten und einschätzen kann. Der undurchdringliche Wald ist eine unheimliche Welt, in der wilde Tiere leben und in der man sich verirren kann - eine beliebte Kulisse für Märchen. Unheimlich ist auch die unberührte wilde Natur, in der ungewiss ist, was einem dort widerfährt. Man
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