Naturgeschichte(n)
besonders artenreich sind. Sogar die Besiedlung der Tropen durch die Menschen erklärt sich daraus. Dort, wo die Böden erdgeschichtlich jungen vulkanischen Ursprungs und sehr nährstoffreich sind, entwickelten sich ganz von selbst volkreiche Staaten und dauerhafte Kulturen, wie auf Bali und Java in Südostasien oder in Teilen der mittelamerikanischen Landbrücke.
Die auf ausgelaugten, alten Böden nur langsam wachsenden Waldgebiete blieben jedoch von der Rodung verschont (und ihr Artenreichtum erhalten), weil es sich für die Menschen nicht lohnte, dort dauerhaft zu leben. Global gesehen waren und sind aus diesen ökologischen Gründen die von der Eiszeit geformten und mit ertragreichen Böden ausgestatteten mittleren Breiten die günstigsten Gebiete für Landwirtschaft . Oder auch die subtropischen Monsungebiete, denen Flüsse aus den Gebirgen immer wieder frische Nährstoffe zuführen. Die künstliche Düngung und der Einsatz motorengetriebener Maschinen veränderte das alles. Wie lange dieses auf Ausbeutung ausgerichtete Nutzungssystem Bestand haben wird, wird die Zukunft zeigen.
60 000 Fische
und drei Elefanten
Wie setzt sich
die Artenvielfalt zusammen?
Der Zusammenhang zwischen Artenvielfalt und Mangel leuchtet ein. Aber warum gibt es in den verschiedenen Gruppierungen von Lebewesen so unterschiedliche Artenzahlen? Tatsache ist doch, dass allein alle Käfer, die bei uns in Deutschland vorkommen, kaum jemand richtig bestimmen kann. Da müssen schon mehrere Spezialisten zusammen helfen. An der Erarbeitung der » Roten Liste der gefährdeten Käfer Bayerns« waren 15 Käferspezialisten – ihre Fachbezeichnung lautet Coleopterologen – beteiligt. Allein für Bayern! Wie viele Spezialisten mehr bräuchte man, um die Käfer der ganzen Erde zu bearbeiten? Sie sitzen in den Museen Amerikas und Europas, in Japan, Russland und anderen Ländern, und sie arbeiten mit der noch viel größeren Schar von Amateuren zusammen, die Käfer sammeln. Ohne diese Käfersammler wüssten wir noch viel weniger über den Artenreichtum bei den Insekten.
Sehen wir uns zunächst ein paar Zahlen an. Mit weitem Abstand am besten bekannt sind die Vogelarten. Rund 10 000 verschiedene gibt es. Die meisten leben in den Tropen; allein 1500 bis 1600 Arten im nordwestlichen Südamerika und kaum weniger in der südostasiatischen Inselwelt. Europa ist dagegen arm. Das kleinere Australien übertrifft uns um mehr als das Doppelte. Wiederum weil ein sehr großer Teil des australischen Kontinents in der Subtropen- und Tropenzone liegt. Welche Bedeutung das hat, mag der Vergleich zwischen dem winzigen Costa Rica (ungefähr die Fläche Baden-Württembergs) und dem ganzen nordamerikanischen Kontinent verdeutlichen: In Costa Rica kommen mehr Vogelarten vor. Schon Italien hat mehr als Deutschland, obwohl uns nur die Tiroler Alpen trennen. Die südlichere Lage reicht aus, um den deutschen Vogelreichtum zu übertreffen.
Was man am Beispiel der Vögel am besten sieht, weil man bei ihnen die meisten Arten kennt, gilt genauso für alle übrigen Gruppen von Tieren und Pflanzen. Der geographische Trend geht von Nord- und Südpol Richtung Tropen. Das ist die eine von Natur aus gegebene Wirkung, die Entstehung und Überleben der Arten bestimmt. Sie reicht allerdings bei Weitem nicht aus, um die Unterschiede im Artenreichtum zu verstehen. Betrachten wir nach den Vögeln die Säugetiere, so kommen wir nicht einmal auf einen halb so großen Artenreichtum. Die Zahl der Säugetierarten entspricht eher der der Kriechtiere, der Reptilien, also der Summe aller Echsen, Schlangen und Schildkröten und ein paar kleinerer Gruppen mehr.
Viel artenreicher dagegen sind die Fische. An die 60 000 Arten sind gegenwärtig wissenschaftlich erfasst. Doch selbst mit ihnen erreichen die Wirbeltiere, also alles was im Körperinnern eine Wirbelsäule trägt, nicht einmal die Hälfte des Reichtums an Arten bei den Schmetterlingen. Bei den Käfern geht sie in die Millionen. Und es gibt nur eine Art Mensch!
Der Eindruck, der Artenreichtum könnte auch mit der Körpergröße zusammenhängen, stimmt zwar, ist aber dennoch trügerisch. Es gibt drei Arten von Elefanten, und die sind schließlich um einiges größer als wir. In unsere Gewichtsklasse fallen zahlreiche weitere Arten von Säugetieren, aber nur sehr wenige Vögel; immerhin. Man hat die (bekannte) Zahl der Arten mit der Körpergröße (besser: der Körpermasse) in Relation gesetzt. Was herauskam, war eine schiefe Glockenkurve, an
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