Naturgeschichte(n)
deren einem Rand die (schweren) Säugetiere liegen, am anderen die winzigen und demzufolge auch sehr leichten Mikroorganismen. Die meisten Arten entfielen auf die Größenklasse der Käfer. Wieder der Käfer! Die Käferarten ergaben, stärker unterteilt, erneut eine Glockenkurve mit wenigen Arten in der » großen Klasse« von Hirschkäfer & Co. und sehr vielen bei den kleinen. Ebenso verhält es sich bei den Schmetterlingen, bei denen allerdings anders als bei den Käfern die Flügelfläche den Eindruck von Größe vermitteln kann, die sich im Gewicht dann gar nicht niederschlägt. Was lässt sich daraus folgern?
Der Zahl der Arten nach betrachtet sind die Säugetiere winzig
(Elefant, ganz links) und die Käfer riesig.
Die Antwort fällt nicht leicht. Sie setzt sich auch aus mehreren recht unterschiedlichen Aspekten zusammen. So stimmt es, dass Spezialisten in der Tierwelt in aller Regel klein sind. So können sie ihre Lebensgrundlage am besten und schnellsten nutzen. Denn Kleinheit bedeutet fast immer auch ein kurzes und schnelles Leben. Größe verlangsamt. Sie macht träge, aber auch eher unempfindlich gegen die Einflüsse von außen. Eine dicke Haut zu haben, das sagt uns sprichwörtlich einiges über Menschen und Tiere. Panzer erst recht. Wer groß ist, muss vielerlei Möglichkeiten nutzen können. Wer klein ist, kann sich besser spezialisieren. Aber zu klein darf man auch nicht werden. Ein Mindestmaß an innerer Struktur braucht der Körper, auch der von Käfern. Sie können nicht beliebig klein werden. Den einfachsten Lebewesen dagegen, den Bakterien, macht die Kleinheit keine Schwierigkeiten. Für sie gilt umgekehrt: Größe schadet, weil sie verlangsamt. Im Bereich der Mikroben muss man jedoch schnell sein. Schneller als die Konkurrenz.
Schließlich mindert Kleinheit auch die Möglichkeiten zu selbstständiger, aktiver Ausbreitung. Wer keine Beine hat, kann nicht gut zu Fuß sein. So ein Lebewesen ist auf Transporthilfe angewiesen. Auf passive, wie durch Wind und Wasser, oder aktive, wie den Transport durch andere Tiere. Kleinheit zwingt daher oft zur Seltenheit, Größe zur Trägheit. Irgendwo in der Mitte liegt je nach Art des Organismus die optimale Größe, kombiniert mit guter Beweglichkeit.
Der Ritter und das Ochsenrennen
Woher kommt unsere besondere Beziehung zu den Pferden?
Der Vorfahr des Hauspferdes, und zwar aller Hauspferde, ob groß oder klein, schwer oder grazil, ist das Wildpferd, auch Urwildpferd genannt. Es handelt sich dabei um eine Wildform, von der nur zwei enge Verwandte, das Przewalskipferd und der Tarpan, überlebten. Dargestellt wird es vielfach in eiszeitlichen Höhlenmalereien.
Wer nicht glauben möchte, dass aus dem eher kleinen Wildpferd so schwere Riesenpferde wie die » Belgier« oder die » Friesen« und so schnelle, wie die » Araber« oder so winzige wie die Shetlandponys gezüchtet wurden, soll sich die Stammtafel der Hunderassen ansehen. Jeder Wolf müsste fassungslos den Kopf schütteln, könnte er sehen, dass Winzlinge wie der Chihuahua oder der Pekinese und Riesen wie die Dogge aus seinem Stamm entsprossen sind. Doch Tatsache ist, dass für alle Pferderassen, ausnahmslos, das Wildpferd die Ausgangsform war ebenso wie der Wolf für alle Hunderassen.
Nun sind Wildpferde sehr scheu und sehr schnell. Ob sie das immer waren, lässt sich nicht nachprüfen. Ihre Pferdeverwandtschaft, die Zebras in Afrika, verminderten jedenfalls die Scheu recht schnell, als die Jagd auf sie eingestellt und große Wildschutzgebiete errichtet worden waren. Das Wildpferd muss also keineswegs seiner Natur nach scheu gewesen sein. Gejagt wurde es aber sicher. Das geht aus den Höhlenmalereien hervor, die über 30 000 Jahre vor der Zähmung der Wildpferde gefertigt wurden.
Knochenfunde beweisen, dass die Pferde über Klippen getrieben wurden, von denen herab sie zu Tode stürzten. Sicher ist auch, dass die Wildpferde in den zentralasiatischen Steppen gejagt wurden. Es ist wahrscheinlich, dass eine wichtige Methode wie bei den Indianern Nordamerikas darin bestand, einem bestimmten Pferd so lange zu folgen, bis es müde geworden war und nicht mehr fliehen konnte. Der Mensch schafft im Dauerlauf weit größere Distanzen als ein Pferd.
Ermattete Jungpferde, die selbstständig genug waren, dass sie nicht mehr auf die Milch ihrer Mutter angewiesen waren, können am Anfang der Domestikation gestanden haben. Pferde haben Familiensinn. Gut behandelt, bauen sie zum Menschen eine persönliche
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