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Naturgeschichte(n)

Naturgeschichte(n)

Titel: Naturgeschichte(n) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H Reichholf
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aufzeigen könnte, was bei neu gefundenen, unendlich viele Lichtjahre entfernten Sternen nicht der Fall ist. Sie lassen uns in Ruhe, der seltene Käfer vielleicht aber nicht, wenn er einem landwirtschaftlichen Erschließungsprojekt oder der Produktion von Zuckerrohr, aus dem Bioalkohol für den E 10 -Sprit gewonnen werden soll, im Weg steht. Für die globale Erschließung der letzten noch » ungenutzten« Ressourcen ist es daher angenehmer, nicht zu wissen, was dabei an Lebensvielfalt vernichtet wird.
    Das ist der Hauptgrund dafür, dass der Naturschutz das Artensterben so sehr betont. Eigentlich steht es seit dem Umweltgipfel von Rio 1992 auch auf der Agenda der Vereinten Nationen und ist als Biodiversitätskonvention für uns alle eine wichtige Verpflichtung. Doch wenn man sich im eigenen Land nicht darum kümmert, wie sehr die Artenvielfalt durch Vereinheitlichung und Überdüngung der Fluren, durch Trockenlegung von Feuchtgebieten und durch das Zuwachsen einst offener, sonniger Flächen schwindet, ist nicht besonders viel Rücksichtnahme auf die Artenvielfalt in fernen Regionen zu erwarten.
    Wir lassen zu, dass unser Stallvieh über die Futtermittelimporte tropische Regenwälder auffrisst, und finden es richtig, dass Biodiesel unter Inkaufnahme weiterer Vernichtung von Biodiversität erzeugt wird. Und warum? Weil uns die Krabbeltiere der Tropen nicht interessieren, weil wir bunte Papageien ohnehin in Zoos und Vogelparks sehen und Tropenholz allenfalls zumindest eine Zeit lang meiden, bis sich die Entrüstung über den Kahlschlag in den Tropenwäldern gelegt hat. Die Erfahrung zeigt, dass sich solche » brisanten Themen« nach spätestens einem Jahrzehnt abgenutzt haben. Dann nimmt die Betroffenheit stark ab, während inzwischen weitergemacht wurde wie bisher. Nur leiser.

Der seltene Schmetterling
und die Orchidee
    Warum sind die Tropenwälder so artenreich?

    Der Auwald im Frühling: Überall singen Vögel, frisches Grün sprießt und wir können uns – mehr oder weniger erfolgreich – darin üben, zu bestimmen, um welche Arten von Bäumen und Sträuchern es sich handelt. Ganz ähnlich sieht es in den größeren Parkanlagen der Städte aus. Eine für den Anfang verwirrende Vielfalt umgibt uns, wenn wir nur die Augen und die Ohren dafür öffnen. Nur in den einförmigen, als Monokulturen gepflanzten Fichtenwäldern erwarten wir nicht, dass über uns eine Woge der Artenvielfalt hereinbricht, in der sich nur der Kenner zurechtfindet.
    Und was ist der erste Eindruck von richtigem tropischem Regenwald? Dumpfes Grün, das sich schwer in verschiedene Baumarten aufdröseln lässt, tagsüber kaum ein Vogelruf. Nach Affen, die nach Herzenslust in den Bäumen herumturnen, hält man vergeblich Ausschau, und nur gelegentlich fliegt ein Schmetterling vorüber. Wer möchte da glauben, dass hier die mit Abstand größte Vielfalt des Lebens zu Hause ist? Ameisen, ja, die fallen schon auf, und ein modriger Geruch in der Schwüle. Zeitweise schrillen Zikaden, und manchmal, vor allem in der kurzen Abend- und Morgendämmerung, rufen, nein, pfeifen Frösche.
    Mancher Besucher, der zum ersten Mal den amazonischen Regenwald erlebt, fragt sich, ob auch hier alles schon so ausgeplündert ist, dass nur noch die Bäume als Kulisse stehen. Wer das phantastische Tierleben Afrikas in den riesigen Nationalparks und Wildschutzgebieten erlebt hat und Natur pur mit einem Glas Whiskey on the rocks in der Hand, umgeben von bunten Vögeln genießen konnte, wird vom Regenwald in Amazonien enttäuscht sein. Auch anderswo bieten tropische Regenwälder nur wenig mehr an ersten Eindrücken, am ehesten noch in Costa Rica und stellenweise auch in Südostasien. Und der erste Eindruck dauert an. Tage und Wochen vergehen, bis sich die Anzahl interessanter Einblicke in die Vielfältigkeit der Tropennatur langsam vergrößert.
    In ostafrikanischen Savannen dagegen 350 verschiedene Vogelarten auf einer zweiwöchigen Safari zusammenzubringen, das gelingt auch ohne Hilfestellung durch ortskundige Spezialisten. 350 Vogelarten, so viele wie es in ganz Europa gibt! Wer das am Amazonas versucht, muss viel Zeit mitbringen, obwohl dort über 1500 , also viermal so viele verschiedene Arten leben. An Säugetieren wird man allenfalls eine Handvoll Arten zusammenbringen, wo es doch mehr als 300 gibt.
    Über die Schmetterlinge schrieb der britische Naturforscher Henry Walter Bates vor eineinhalb Jahrhunderten etwas sehr Aufschlussreiches: Im Hinterland der im Zentrum

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