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Naturgeschichte(n)

Naturgeschichte(n)

Titel: Naturgeschichte(n) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H Reichholf
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fliegen Vögel in Höhen, in denen sonst nur modernste Düsenjets unterwegs sind, ohne Schwierigkeiten mit dem Atmen zu bekommen.
    Mit rund Zehntausend verschiedenen Arten sind die Vögel mehr als zweieinhalb Mal so artenreich wie Säugetiere und viel erfolgreicher als die Reptilien. Dass sie ein Zweig der Dinosaurier sind, bekräftigt die Feststellung, dass in der Evolution der Erfolg zählt und nicht das Prinzip Sparsamkeit, das wir aus anderen Gründen beherzigen sollten.
    So folgte dem Zeitalter der Reptilien das neue der Säugetiere und der Vögel. Und liegt es nicht auch an unserem so drastisch gesteigerten Einsatz von Energie, dass wir uns aus den Fesseln der Umwelt des mehr als 150 000 Jahre währenden Daseins als Jäger und Sammler gelöst und zum Kulturwesen Mensch entwickelt haben?!

Der nackte Affe
und der Dauerläufer
    Warum haben wir nur
auf dem Kopf Haare?

    Nackt werden wir geboren, nackt bleiben wir bis auf den Haarwuchs auf dem Kopf und an wenigen kleinen Stellen am Körper. Es fehlt uns einfach von Natur aus das Fell, das unsere Primaten-Verwandtschaft und die allermeisten anderen Säugetiere kennzeichnet. Müssen wir uns schämen, weil wir nackt sind? Wenn wir so denken, erschaffen wir uns selbst ein Problem, das von Natur aus gar nicht existiert. Unsere Nacktheit war und ist ein großer Vorteil und keineswegs ein Makel oder gar ein Mangel.
    Doch um das so nahe Liegende verständlich zu machen, müssen wir uns mit unserer ferneren Vergangenheit und mit dem Haar an sich ein wenig näher befassen. Allerdings geleiten uns in die fernere Vergangenheit nur versteinerte Knochen, Fossilien, denen auf den ersten Blick nicht anzusehen ist, ob die früheren Menschenformen auch schon nackt waren oder noch ein Fell ähnlich wie die Menschenaffen hatten. Aber zum Glück gibt es diese nächsten Verwandten noch, und wir können so ein paar recht aufschlussreiche Vergleiche mit ihnen anstellen.
    Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans tragen ein Fell, wie alle anderen Primaten auch, die oft abwertend als Affen zusammengefasst werden. Nennen wir sie lieber Primaten, denn sonst müssten wir uns selbst auch bei den Affen mit einreihen. Desmond Morris machte das und schrieb ein Buch über uns Menschen mit dem Titel Der nackte Affe. Es wurde ein Weltbestseller. Wahrscheinlich weil der Verfasser uns so darzustellen versuchte, wie wir sind, und nicht, wie es uns gefällt. Die Nacktheit kennzeichnet den nackten Affen immer und überall bei allen Menschen, auch wenn Kleidung dieses Merkmal verhüllt, während die von den Zoologen bevorzugte Fachbezeichnung für den Menschen Homo sapiens , der » weise« oder » kluge« Mensch, wohl nicht immer und überall so zutrifft, wie man meinen sollte.
    Wieso aber wächst uns fast am ganzen Körper nahezu kein einziges Haar mehr? Nun, eigentlich gibt es unser Fell schon noch, aber die Härchen sind so winzig, dass sie, abgesehen von manchen Männerbrüsten, nicht auffallen. Sie bleiben auch im Hinblick auf ihre frühere Bedeutung als Fell gänzlich unbedeutend. Der zarte Flaum kann weder vor kaltem Wind und Regen noch vor Sonnenbrand schützen. Zudem ist unsere Haut sehr empfindlich. Dornen ritzen sie, auch raue Borke. Nackt auf Bäume zu klettern ist kein Vergnügen. Alles Nachteile!
    Dennoch zählen sie fast nichts im Vergleich zu den großen Vorteilen unserer unzureichenden Behaarung. Statt eines dichten Fells sitzen auf unserer Haut Millionen und Abermillionen winziger Schweißdrüsen. Bei starkem Schwitzen geben sie so viel kühlendes Wasser ab, dass der Wärme-Entzug einem Mehrfachen des normalen Energie-Umsatzes in unserem Körper entspricht. Das heißt im Klartext: Wir können so unglaublich viel und schwer arbeiten, weil wir so gut schwitzen. Extrem gut. Am besten von allen Säugetieren. Wir sind deshalb von Natur aus ein Arbeitstier.
    Und das war in unserer Entwicklung vor einem ganz anderen Hintergrund notwendig. Diesen sehen wir an unseren Beinen und im Vergleich zu den Menschenaffen. Wir sind Läufer, sie ganz und gar nicht. Wenn sie mit nach innen gebogenen Fingern auf ihren Fingerknöcheln einherschreiten, ist ihre menschenäffische Fortbewegungsweise gewöhnungsbedürftig. Auch ihr vierbeiniges Laufen, so schnell es auf kurzen Strecken auch sein mag, sieht nicht gerade elegant aus. Da wirken unser Einherschreiten und der Lauf doch ganz anders und gewiss fortschrittlicher. Und genau um diesen Fortschritt ging es, als unsere Nacktheit zustande kam. Der werdende Mensch

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