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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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ehren, führte Erenwin einen letzten einsamen Tanz auf, der nur Turéor gewidmet war. Zwischen all den modernden Schiffen, den übrig gebliebenen Algen und Tang, in diesem hellen klaren Wasser vor blutig verfärbtem Sand. Er ließ sich Zeit, denn niemand würde ihn hier stören. 
    Erenwin hatte das Tanzen seit seiner Kindheit immer geliebt, und seine Schwester hatte ihm oft dabei zugesehen und ihm applaudiert. »Es gibt niemanden, der sich so bewegt wie du!« Seine Gewandtheit war immer sein Vorteil gewesen, der kleine Eri war schneller und wendiger als alle Gleichaltrigen und sogar die meisten Erwachsenen gewesen. Schon von weitem konnte man ihn erkennen.
    Damit war es nun vorbei, für immer.
    Erenwin widmete den Tanz zuletzt auch sich selbst, als Abschied von seinem Element, seiner Heimat. Vorbei waren die kühnen Pläne des Abenteuers, mit dem Händler an Land zu gehen und dann im Triumph heimzukehren, um von seinen Reisen zu berichten. Um auf diese Weise Anerkennung und Beachtung von den Eltern zu bekommen. Vorbei der heimliche Plan, nach der Grotte der Nices zu suchen und noch einmal die erstaunlichen Brüste der jungen Luleemi, der Tochter des Grafen von Undar zu betrachten, und diesmal genauer, und ihr ein unzüchtiges Angebot zu machen, dem sie wohl nicht abgeneigt gewesen wäre.
    Erenwin ließ in den letzten Teil seines Tanzes seine ganze Traurigkeit, seinen Schmerz und den Verlust fließen, aber auch die Erinnerung an die vergangenen glücklichen Tage, an gelungene Streiche, aufregende Jagden und turbulente Kinderabenteuer. Er tanzte das Aufwachsen mit seiner Schwester, ihre häufigen Dispute und Raufereien, bis sie in das gemeinsame Jugendgemach umzogen, am Rande des Palastes, und lernten, einander besser zu verstehen. Erenwin als der ältere Bruder hatte dabei größere Schwierigkeiten gehabt, denn Lurdèa hatte noch mehr Flausen als er, sie war stets übersprudelnd und immer gut gelaunt.
    All dies tanzte er, mit fein abgestimmten Bewegungen, ohne einen einzigen Fehler. Seine ganze Seele lag in diesem Tanz, und für wenige Augenblicke zog sich sogar der Schleier von seinen Augen zurück, und er konnte wieder so klar und farbig wie früher sehen, und er bemerkte auch, wie sich die schwarzen beweglichen Netzmuster auf seinen Armen zurückzogen und das Perlmuttschimmern der Haut freigaben. Hier, außerhalb der Grenzen von Darystis und dem Fluch seines Vaters, war dies möglich.
    Ein letztes Mal noch ein Nauraka sein. Erenwin gab sich seinem Tanz hin, teilte sich der See mit, bat um Verzeihung. Er dankte der See, dass sie ihn so lange aufgenommen und beschützt hatte, dass er ein Teil von ihr sein durfte. Zuletzt schickte er seiner Mutter einen Gruß, wusste, dass sie diesen empfangen würde. Ob er ihr etwas bedeutete, wer wusste das schon zu sagen. Doch der Gruß gehörte zu dem großen Ganzen dazu, und zum Abschied. Bald würde der Prinz von Darystis verschwunden sein, und nichts würde von ihm bleiben.
    Erenwin tanzte, bis er sich völlig leer fühlte, und ließ dann die Dunkelheit in sich ein, nahm nun die Schwarze Perle als neue Heimat an, die er in seinem Inneren trug. Der Schleier und die Schlieren kehrten zurück. Er schwamm zu der Sandbank hinauf, wo die Wassergrenze schon ganz nahe war, und folgte der ansteigenden Linie.

    Schließlich war das Wasser so flach, dass er sich auf dem Sand entlang kriechend fortbewegte. Obwohl er schon Luft geatmet hatte, verspürte er jetzt große Angst, denn beim ersten Versuch war sein Körper im sicheren Wasser geblieben.
    Doch irgendwann konnte er es nicht mehr hinauszögern. Die Linie war nun direkt über ihm, und er konnte die Sonne bereits auf seinem Rücken spüren. Der Sand war warm und rieselte unter seinen Händen davon, als wolle er flüchten. Erstaunt bemerkte er, dass sich die Schwimmhäute bereits zurückbildeten, die Falten zwischen den Armen waren schon vollständig verschwunden. Auch seine Beine veränderten sich, und Erenwin dachte bei sich, dass eine Frau damit wohl besser zurechtkam, da sie diese Kunst ohnehin beherrschte. Sein Körper bereitete sich vor, als wüsste er, was auf ihn zukam. Vermutlich lag es an der stark veränderten Zusammensetzung des Wassers, die Erenwins Kiemen überhaupt nicht behagte. Das Atmen fiel ihm immer schwerer, und schließlich blieb ihm nichts anderes übrig, als sich auf den Armen abzustützen und den Kopf aus dem Wasser zu recken. Noch einmal stand der furchtbare Moment der Umstellung bevor, den er schon kannte,

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