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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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schickt keine Strafexpedition dort hinunter.«
    »Deinetwegen? Sicher nicht. Du wirst dich zu ihnen gesellen!«, erwiderte Ragdur. Seine Kiemen waren weit gebläht und blutrot.
    Der Prinz schluckte. Damit hatte er rechnen müssen. Doch er war nicht bereit, nachzugeben. »Ich bin Euer Sohn«, wandte er betont ruhig ein. »Wenn ich verschwinde, fällt es auf.«
    Der Hochfürst lachte abfällig. »Wem sollte es auffallen? Du steckst ständig in Schwierigkeiten. Jeder wird glauben, dass du endlich von einem Räuber gefressen wurdest.«
    »Ich bin Euer Sohn«, wiederholte Eri voller Schmerz.
    »Du bist ein Frevler und Aufrührer, du bist ungehorsam und bereitest deiner Mutter nur Schande«, dröhnte Ragdurs tiefe Stimme in Eris Ohren. »Noch niemand hat es je gewagt, mich zu unterbrechen, Kritik an mir zu üben und mich zurechtzuweisen. Allein für diese unerhörte Respektlosigkeit hast du den Tod mehrfach verdient, von meiner eigenen Hand! Du scherst dich nicht um Ehre und Pflicht, und es hat noch keine einzige Dämmerung gegeben, zu der du uns, deinen Eltern, die dir bereitwillig Nahrung und Unterkunft gewähren, jemals Freude bereitet hättest!«
    Eri fühlte sich kleiner und kleiner werden, während sein Vater übermächtig über ihm thronte. Wäre er nur nie aus der Stillen Tiefe zurückgekehrt, dort unten hätte er einsam, aber in Frieden leben können. Hier, am Hofe seines Vaters, war das nicht möglich. Das war nicht seine Welt. Schon so lange war diese Erkenntnis in ihm gereift, doch nun war allein der Gedanke, der Gerichtsbarkeit seines Vaters wehrlos unterworfen zu sein, unerträglich geworden.
    »Warum habt Ihr mich denn am Leben gelassen, nachdem ich Euch bereits durch meine Geburt so sehr enttäuschte?«, fragte er leise. Seine Augen brannten, und ölige Tränen rannen heiß über seine Wangen, bevor sie sich im Wasser auflösten.
    »Deine Mutter ist sentimental«, antwortete Ragdur. »Und ich begehe keine Blutschuld. Das ist eines Nauraka unwürdig.«
    »Also bleibt nur die Verbannung …« Eri war völlig am Boden zerstört. Er bereute nicht, was er seinem Vater an den Kopf geworfen hatte, immer noch brannte der Zorn über die Ungerechtigkeit in ihm, und er hätte noch weitaus mehr Worte dazu gefunden. Doch er würde nicht mehr dazu kommen, sie auszusprechen. Jegliche Hoffnung, eines Tages zu seinem Vater durchdringen, sich mit ihm auseinandersetzen zu können, war ein für alle Mal zerschmettert.
    »Ja! Aber nicht gleich«, sagte sein Vater. »Angesichts der bevorstehenden Heirat deiner Schwester will ich sie nicht unglücklich machen, es hängt zu viel davon ab. Ich lege höchsten Wert auf diese bedeutende Verbindung, deshalb werde ich sie nicht gefährden. Lurdèa hängt an dir, mögen die Dämonen wissen, weshalb. Du bekommst also eine Schonfrist. Aber ich warne dich.« Die große Hand des Fürsten schoss vor und schloss sich um Eris Kehle; er spürte die Anspannung der kräftigen Sehnen. Ein winziger Druck, und sein Genick wäre gebrochen. »Reizt du mich nur noch ein einziges Mal, egal wie gering dein Vergehen ist, nehme ich auch auf deine Schwester keine Rücksicht mehr. Ich habe genug von dir, ein für alle Mal. Hast du das verstanden – Sohn ?«
    »Ja, Vater«, krächzte Eri. Seine Kiemen flatterten, als Ragdur ihn losließ. Er sollte jetzt einen Unterwerfungstanz aufführen, doch das brachte er nicht mehr fertig. Die Fronten zwischen ihnen waren geklärt. Egal, was Eri tun würde, sein Vater würde es niemals anerkennen. Mit diesem Urteil war er endgültig verstoßen. Schon nach Luris Hochzeit würden es alle wissen. Dann war Eri in der Stadt nicht mehr sicher, selbst wenn er vielleicht doch nicht in die Verbannung musste, falls seine Mutter sich für ihn einsetzte, und auch nirgends sonst, wo die Nauraka Einfluss hatten.
    Er sollte verschwinden, jetzt gleich, nach dem Landhändler Hallog suchen und sich davonmachen.
    Aber … da war Luri. Er konnte, durfte sie nicht im Stich lassen, gerade jetzt nicht. Die düstere Vorahnung, dass sie sehenden Auges ins Unglück schwamm, war stärker denn je. Er musste bei ihr bleiben und sie beschützen.
    Und da kam ihm ein rettender Gedanke. »Wäre … wäre ich vielleicht besser von Nutzen, wenn ich Lurdèa in ihr neues Reich begleite?«, fragte er langsam. »Das würde ihr sicherlich über den Trennungsschmerz hinweghelfen und die Harmonie beider Staaten festigen.«
    Ragdur musterte ihn finster, dachte eine Weile nach, dann nickte er tatsächlich. »Soll

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