Navy SEALS - Tyler, S: Navy SEALS
ihrem Auto gegangen war, einer Mercedes-Limousine, die überhaupt nicht zu ihr passte.
Als würdest du sie so verdammt gut kennen.
Nein, das Problem war, dass er sie gar nicht kannte. Und so sollte es auch bleiben.
Als Nick den Highway entlangröhrte, hatte er sich wie in der Nacht seiner ersten Mission gefühlt. Beide Male war er mit etwas in Berührung gekommen, das sein Leben für immer verändert hatte, auf eine Weise, die er nicht restlos begriff.
Es war so leicht, sich in Erinnerungen zu verlieren, an seine Kindheit, an die Jahre, bevor er ein SEAL geworden war, an die Missionen. Es war leicht, sich stundenlang oder noch länger davon einlullen zu lassen. An manchen Tagen stiegen die Erinnerungen in ihm auf und erwischten ihn unvorbereitet, bis er sie dorthin zurückdrängte, wo sie hingehörten.
In den meisten Nächten gönnte Nick sich keinen Schlaf. Das würde wohl auch heute wieder so sein.
Schon auf der Auffahrt zum Haus hinauf hatte er Jacke und Hemd ausgezogen. Die Jeans streifte er ab, sobald er an der Tür war. Das war nichts Neues, sondern etwas, das er tat, ohne groß darüber nachzudenken – egal, ob das Haus leer oder voller Leute war.
Nick war überzeugt, dass seine Abneigung gegen Kleidung eine Folge seiner langen Krankenhausaufenthalte als Kind war. Als Patient hatte er nie Kleidung getragen. Die Ärzte und Schwestern zogen einen immer aus, legten einen schlafen, und dann erwachte man benommen, mit nackten Eiern und von Gesichtern umzingelt.
Die nackten Eier waren das Einzige von alldem, woran er heute sogar Gefallen fand.
Jetzt warf er die abgelegte Kleidung auf einen Stuhl in der Zimmerflucht, die er Zuhause nannte und die zum Erdgeschoss des Hauses gehörte, in dem er seine Teenagerjahre verbracht hatte. Ein Haus, das Dad ihm und seinen beiden Brüdern Chris und Jake hinterlassen hatte, als er nach L.A. gezogen war. Damit sie immer einen Ort hatten, an den sie heimkehren konnten, ganz gleich, was sonst geschah.
Nick öffnete die Fenster und die gläsernen Schiebetüren, die zum Garten hinter dem Haus hinausführten, und stand in der kühlen Nachtluft. Wäre er im Training gewesen oder auf einer Mission, hätte sich das Bedürfnis, etwas auf der Haut zu spüren, sei es nun angenehm oder schmerzhaft, nicht gemeldet. Sein Hals tat an der Stelle weh, wo sich die Narbe befand, und er rieb wieder darüber und wartete darauf, dass die Luft ihn besänftigte.
Es lag eine Gefahr im Erinnern … aber manchmal lauerte eine noch größere im Vergessen.
Warum hörst du nicht auf, diese verrückten Bands unter Vertrag zu nehmen?
An diese Frage war Kenny Waldron gewöhnt. Beantwortet hatte er sie allerdings noch nie. Stattdessen lächelte er dann immer nur geheimnisvoll und dachte an seine drei Söhne, die wilder waren als jede Band, die er je gemanagt hatte. Dann unterschrieb er stets die Papiere, die ihm sein Anwalt vorlegte, und verpflichtete sich wieder einmal, eine Band unter seine Fittiche zu nehmen, die in der Regel am Rande der Selbstzerstörung stand und die vor ihm mehrere Manager fallen gelassen hatten, und nur Kenny war verrückt genug, ihnen noch eine Chance zu geben.
Aber es gab »verrückt«, und dann gab es »verrückt« , und Kenny kannte sämtliche Schattierungen dazwischen, seit er selbst als wilder Junge in den Bayous von Louisiana aufgewachsen war. Mit siebzehn hatte er Maggie geheiratet, neun Monate später hatten sie ihren Sohn Chris bekommen und ihn mit auf Tour genommen, als sie anfingen, hauptberuflich Bands zu managen, die sie berühmt machen sollten.
Unterdessen war Kenny an Schwierigkeiten ebenso gewöhnt wie daran, dass man seine Autorität infrage stellte. Und er war es gewöhnt, dass am Ende alles gut wurde. Nur brauchten seine Söhne wie auch die Bands eben manchmal ein wenig länger, um das einzusehen.
»Wir hätten einen größeren Deal bekommen können, wenn wir nicht auf ihn gehört hätten«, flüsterte der Leadsänger seines jüngsten Projekts hinter halb geschlossener Tür den anderen Mitgliedern der Gruppe zu, und Kenny bekam es mit.
Er würde später mit dem Jungen reden, unter vier Augen, wenn die Show vorbei war und das Adrenalin sich nach dem Auftritt abgebaut hatte. Wenn der Junge allein in seiner Garderobe war, wenn die Fans – und die Frauen – verschwunden waren, würde er den Sänger daran erinnern, dass genau das alles war, was er hatte.
Alles, was du hast, ist deine Seele.
Er würde dem Jungen sagen, dass es nie eine gute Idee war,
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