Navy SEALS - Tyler, S: Navy SEALS
einen Pakt mit dem Teufel zu schließen.
Kenny hatte nur einmal im Leben einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und hatte es nur deshalb nicht bereut, weil er damit einen seiner drei Söhne vor der Hölle bewahrt hatte.
»Wir haben das Richtige getan«, hatte Maggie, seine Frau, vor dreizehn Jahren mit fester Stimme erklärt, während Kenny den SUV die Schnellstraße entlanggesteuert hatte, die von New York nach Virginia führte.
Die drei Jungs – Chris, Nick und Jake – hatten auf dem Rücksitz geschlafen. Das Trauma der vergangenen Tage und Wochen hatte seinen Tribut von ihnen gefordert.
»Das weiß ich.« Kenny hatte Maggies Hand gehalten, wie er es in all den Jahren, seit sie zusammen waren, immer getan hatte, nicht ahnend, dass sie neun Monate später tot sein würde; der Krebs breitete sich schnell und lautlos aus, um ihrer beider Zweitem Gesicht zu entgehen. »Ich wünschte nur, wir könnten das Ganze legal machen. Jake und Nick adoptieren.«
Das war nicht möglich. Jake hatte kürzlich seinen Stiefvater verloren – ein gewalttätiger Mensch, der den Jungen fast umgebracht hatte – , und den offiziellen Weg zu beschreiten, hätte zu lange gedauert. Traurigerweise wurde der Junge in der Stadt nie vermisst. Sein Verschwinden hatte lediglich einem überlasteten Sozialarbeiter einen Fall abgenommen.
Nein, Jake würde bei ihnen jetzt ein gutes Zuhause haben. Sie brauchten sich nicht schuldig zu fühlen für das, was sie getan hatten.
Nicks Fall hingegen war komplizierter.
»Sie sind unsere Kinder«, hatte Maggie gesagt. »So war es vorgezeichnet. Und nur das zählt.«
Das war die Wahrheit gewesen. Zwar war nur Chris ihr leiblicher Sohn, aber sie waren rasch in das Leben von sowohl Nick als auch Jake verstrickt worden. Sie waren gerade nach New York gezogen, wo Kenny mit einem neuen Musikproduzenten und dessen gerade gegründeter Firma zusammenarbeiten konnte, und Chris hatte die beiden Jungen, die schon bald seine Brüder werden sollten, an seinem ersten Schultag kennengelernt.
Die Familie Waldron war gerade mal zwei Wochen in New York gewesen, als Jakes Stiefvater gestorben war. Und auch für Nick war alles fürchterlich schiefgelaufen, weshalb Kenny schnell handeln musste, um zu verhindern, dass der Junge davonlief.
Es hatte nur eines Augenblicks der Konzentration bedurft, dann war Kenny dank seiner Gabe des Zweiten Gesichts zu Nick geführt worden. Er hatte ihn am Bahnhof gefunden, auf einem der Bahnsteige, zum Aufbruch bereit und doch nicht imstande, wirklich alles loszulassen.
Kenny hatte zugesehen, wie Nick drei Züge abfahren ließ, bevor er sich neben ihn auf die Holzbank gesetzt und ihm schweigend die Papiere gereicht hatte, die ein Anwalt kurz vorher für ihn ausgefertigt hatte.
Es waren keine Adoptionsunterlagen, dennoch waren sie in vielerlei Hinsicht der Schlüssel zu Nicks Befreiung.
»Möchtest du das?«, hatte Kenny gefragt. Schon mit vierzehn war Nick ein gut aussehender Bursche gewesen. Und er war ein Thronfolger und Mitglied einer Familie gewesen, die so fluchbeladen war, dass er, wenn er geblieben wäre, ein Leben lang versucht hätte, ihr zu entfliehen. Das wusste Kenny.
»Das möchte ich«, hatte Nick geantwortet.
»Es gibt kein Zurück.« Kennys Magen hatte sich jedes Mal verkrampft, wenn er darüber nachdachte, was für ein Mann, was für ein Vater leichten Herzens einwilligen konnte, seinen Sohn öffentlich für vermisst und vermutlich tot zu erklären – und das nur eines Erbes wegen.
»Ich möchte nicht zurück. Ich werde nie zurückgehen«, hatte Nick grimmig hervorgepresst.
»Dann unterschreib, und du musst nie zurück«, hatte Kenny mit sanfter Stimme zu ihm gesagt. Nick hatte ihn mit seinen grünen Augen angesehen, und darin hatte stummer Dank gestanden – für den Ausweg, den er allein nie gefunden hätte. Damals jedenfalls nicht.
Nach Maggies Tod war Kenny genauso untröstlich gewesen wie seine Söhne. An die ersten Jahre danach erinnerte er sich kaum – daran, wie Chris immer stiller geworden war und sich geweigert hatte, seine Gabe des Zweiten Gesichts zu akzeptieren, und wie Jake ihm ein Blatt Papier hingeschoben und erklärt hatte, dass er mit fünfzehn zum Militär gehen wollte. Wie Nick und Chris so sehr über die Stränge geschlagen hatten, dass es für beide fast zu spät gewesen wäre.
Kenny war aus dem Schlaf hochgeschreckt, als beide in derselben Nacht wegen Autodiebstahls verhaftet worden waren. Was als dummer Zeitvertreib begonnen hatte –
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