Navy SEALS - Tyler, S: Navy SEALS
zehnstündigen Fahrt durch die Hölle kein einziges Mal eine Karte zurate ziehen müssen.
Kaylee wirkte immer noch nervös, was zu einem großen Teil jedoch am Zustand der Straßen liegen mochte. Wenn man nicht daran gewöhnt war, konnte einen die Rumpelei buchstäblich bis ins Mark erschüttern.
Aber sie hatte sich kein Mal beklagt, sondern alles ertragen und sogar ein wenig geschlafen, wahrscheinlich vor Erschöpfung, aber was musste sie im Leben schon durchgemacht haben, um sich unter diesem Druck so zusammenreißen zu können? Ihr Zuhause musste noch viel schlimmer gewesen sein, als sie es ihm geschildert hatte. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass es im Allgemeinen leichter war, eine furchtbare Kindheit schönzufärben, als darüber zu sprechen. Es war einfacher, stoisch zu bleiben, und genau das hatte sie in den vergangenen Stunden getan.
Er hatte sie berühren, ihr die Schultern massieren, vielleicht sogar ihre Hand halten wollen, um sie zu beruhigen – aber das hätte ihn alles nur abgelenkt. Und er hatte Chris’ Voicemail noch im Ohr.
Hey, Mann … die Agentin sucht nach Clutch. Ich erklär’s dir genauer, sobald ich kann. Ich bin unterwegs zu dir …
Eine Menge Leute schienen nach dem Söldner zu suchen, aber niemandem war es bisher gelungen, ihn zu finden. Wo zum Teufel hatte Clutch sich – und damit auch Nick – nur hineingeritten?
Wäre Chris hier gewesen, hätte er Nick etwas über Synchronizität erzählt. Dad sagte immer, es gebe keine Zufälle – nicht im Zusammenhang mit Orten, an denen man landete, oder Menschen, denen man begegnete. Stattdessen kehre alles zu einem zurück, entweder zum Nutzen oder zum Schaden. Und diesen Unterschied müsse jeder für sich erkennen.
Nick hatte schon immer Gut von Böse unterscheiden können – was nicht schwer war, wenn jemand mit einer Waffe hinter einem her war. Aber in dieser Situation hatte er das Gefühl, als vermischten sich Gut und Böse, und es ließ sich noch nicht sagen, was von beiden die Oberhand gewann.
Er musste sich in diesem Fall auf seine Instinkte verlassen. Dazu hätte Chris ihm geraten. Dad hätte ihm gesagt, er solle nach den Wegweisern Ausschau halten.
Und Jake hätte ihm vorgehalten, dass er seinen gottverdammten Verstand verloren haben musste, ungenehmigt auf diese Mission zu gehen, und dass er schleunigst die Finger von Kaylee lassen solle. Aber dazu war es längst zu spät. Mehr noch, er wollte die Finger gar nicht mehr von ihr lassen.
Aber darüber konnte Nick sich jetzt keine Gedanken machen, denn Sarah hatte den Landrover etwa eine halbe Meile entfernt von der Stelle, die die Koordinaten bezeichneten, zum Stehen gebracht.
Als sie angehalten hatte, war Kaylee aufgewacht, und Nick hatte gemerkt, dass er sie berührt hatte, dass er ihr übers Haar gestrichen hatte, während sie auf dem Sitz zusammengerollt neben ihm schlief.
Er rückte schnell von ihr ab und stieg aus dem Wagen.
»Hier ist seit Tagen niemand durchgekommen«, sagte Sarah jetzt, nachdem sie den Boden im Licht des dünnen Taschenlampenstrahls in Augenschein genommen hatte. »Das ist der einzige Weg, der zu eurem Ziel führt. Die andere Route ist im Moment wegen des Regens nicht passierbar.«
Nick ging den Weg ab, auf den sie gezeigt hatte. Wegen der jüngsten Regenfälle wäre es ein Leichtes gewesen, Reifenspuren oder Fußabdrücke auf dem einzigen Geländestreifen, den man Straße nennen konnte, zu erkennen. Sarah hatte recht, er brauchte sie und Kaylee nicht hier zurückzulassen, um weiter vorauszugehen und sich dort umzuschauen. Es war klüger und sicherer, sich hier am Wegrand zu verstecken und abzuwarten, wer vorbeikam.
»Ich halte Wache«, erklärte Sarah.
»Wir wechseln uns ab. Sie brauchen Schlaf«, sagte er.
»Und Sie nicht?«
»Nein.«
Sie ließ ein knappes Lachen hören. »Amerikanische Soldaten … ihr seid doch alle gleich.«
»Kennen Sie viele amerikanische Soldaten?«, fragte Kaylee an Sarah gewandt, als Nick mit der Taschenlampe davonging und murmelte, er müsse die Umgebung in Augenschein nehmen, während er Sarahs letzte Bemerkung geflissentlich ignorierte.
»Für gewöhnlich kommen sie in dieses Land, wenn ihre Karriere vorbei ist und sie neue Arbeit suchen. Schnell verdientes Geld.«
»Private Auftragnehmer«, sagte Kaylee.
Sarah lächelte. »Wir nennen sie hier immer noch Söldner. Das Wort ist keine Schande. Ich habe mich selbst zur Söldnerin ausbilden lassen.«
Kaylee musterte Sarah in dem schwachen Licht, das durch
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