Nayidenmond (German Edition)
wahrer Prinz, du weißt immer genau, was du willst und was nicht und bist gewohnt, dass dein Wille stets erfüllt wird, nicht wahr?“, spottete er. Angst erwachte in Rouvens Brust, brachte sein Herz zum Jagen, ließ seine Muskeln zittern. Er hatte sich geirrt. Dieser Mann wollte ihm nicht helfen, sondern lediglich nicht mit den anderen teilen.
Die anderen? Rouvens Kopf ruckte herum, hastig suchte er nach den Kampfgefährten des Oshanta.
„Wo sind sie?“, wisperte er gebrochen.
„Sieh mich an“, forderte Iyen, ohne darauf einzugehen, drehte ihn dabei wenig sanft zu sich zurück.
„Ist dem Prinz von Kyarvit ein Versprechen heilig?“ Diese Frage war so seltsam unpassend in diesem Moment, dass Rouven länger brauchte, bevor er sie verstand und nickte.
„Du wirst mir drei Dinge schwören, dann erfülle ich dir deinen Willen.“ Rouven nickte wieder, auch wenn sich ihm beim bloßen Gedanken, was der Oshanta von ihm verlangen würde, innerlich alles zusammenzog.
„Du wirst keine Fragen stellen, egal, was du wissen willst. Du wirst dich nicht wehren, egal was ich dir antue. Und du wirst nicht schreien, egal wie schwer dir das fällt. Schwöre es und ich verspreche dir, dass du mich nicht ansehen musst, wenn ich dich vergewaltigen will.“
Rouven war mittlerweile so in Panik, dass er nur noch hastig „Ich schwöre“ stammelte. Gleichgültig, was jetzt geschah, er wollte es hinter sich bringen. Es sollte vorbeigehen, einfach nur vorbei! Er schloss die Augen, am ganzen Leib bebend, als Iyen ihn vom Boden hochhob und an sich gedrückt trug wie ein Kind. Verwirrt ließ er es geschehen, hielt die Lider fest geschlossen. Er wollte nicht wissen, wohin er gebracht wurde. Sein Kopf sank gegen Iyens nackte Brust. Der leichte Haarflaum kitzelte an Rouvens Wange. Er spürte die steinharten Muskeln arbeiten, die ruhigen Atemzüge des Oshanta, hörte den kräftigen, gleichmäßigen Rhythmus des Herzschlages – und lautes Plätschern und Rauschen von Wasser. Standen sie an einem Fluss? Kaum hatte er das gedacht, da tauchte er schon bis zum Kinn in eisiges, schnell strömendes Wasser ein. Erschrocken wand er sich in Iyens Griff, aber der hatte ihn bereits gedreht, sodass er ihm die Arme gegen die Brust drücken und sie von hinten umklammern konnte. Auf diese Weise hielt Iyen ihn so über Wasser, dass Rouvens Kopf nicht untergehen würde. Sie trieben flussabwärts, die Strömung nutzend.
„Was …?“, begann Rouven verblüfft, doch Iyen kniff ihm schmerzhaft in den Arm.
„Du hast geschworen, keine Fragen zu stellen, leise zu bleiben und dich nicht zu wehren. Halte dich gefälligst daran!“, brummte er. Eine Weile lang belebte die Kälte des Flusses seinen Körper. Rouven bewegte die Beine mit, um sie noch schneller voranzubringen und nicht ganz so rasch auszukühlen. Dann allerdings kroch der Frost in seine Knochen, verbrannte seine Haut, ließ ihn zittern, bis die Müdigkeit ihn schließlich überwältigte.
„Iyen …“, flüsterte er, ohne Hoffnung, dass der Oshanta ihn über das laute Wasserrauschen überhaupt hörte.
Als jegliche Spannung aus Rouvens Gliedern wich, steuerte Iyen sofort das Ufer an. Es war riskant, ja, wahnsinnig, einen bereits fast zu Tode erschöpften Mann in kaltem Wasser treiben zu lassen – der Fluss entsprang einem Gletschersee im Baj-Gebirge und heizte selbst im Hochsommer kaum auf. Aber er hatte keine andere Möglichkeit mehr gesehen, Bero und Jarne zu entkommen. Die Strömung hatte sie nicht nur über mindestens vier oder fünf Meilen weit schnell vorwärts getragen, sondern auch ihre Spuren verwischt. Das Pferd hatte er fortgejagt, vielleicht verschaffte es ihm einen weiteren kleinen Vorsprung, wenn seine Verfolger versuchten, es einzufangen. Die beiden Oshanta konnten nicht sicher sein, ob er flussaufwärts oder -abwärts gestrebt war, und da die Uferbänke beidseitig flach und steinig waren, würden sie selbst bei Tageslicht nicht bestimmen können, wo er das Wasser verlassen hatte. Wenn sie jetzt kein unglückliches Schicksal traf, hatte er seine Kampfgefährten – seine Feinde – vorerst abgeschüttelt. Der Preis dafür war vermutlich Rouvens Leben. Der Prinz war jung und stark und besaß den eisernen Willen standzuhalten, Iyen hatte es in seinem Blick gelesen. Nur dadurch gab es geringe Hoffnung, dass er es schaffen könnte … eine sehr geringe.
Zumindest dürfte es angenehmer sein zu erfrieren, als zu Tode gefoltert zu werden!
Trotz der drängenden Eile zögerte er
Weitere Kostenlose Bücher