Nazigold
seiner
Hosentasche holt, ein wenig von dem schwarzen Pulver auf seinen Handrücken
streut, den Schnupftabak durch die Nase zieht und schließlich in sein blau-weiß
kariertes Schnupftuch schnäuzt.
»Schlaf gut«, sagt Gropper, und während er hinzufügt: »Ich melde
mich morgen«, sieht er weiter auf Buchner.
»Was schaust denn so?«
Gropper legt auf. »Einer der Täter hat auch so ein kariertes
Schnupftuch für seinen Schmalzler benutzt.«
»Meinst du vielleicht, ich hab den Nafziger umgebracht? Bin ich der
Mörder, den du suchst?«
»Ich sag ja nur, was im Protokoll steht.«
»Tausende benutzen so einen Fetzen.«
Als er hinausgeht, hört Gropper Buchner brummen: »Das fängt ja gut
an. Protokoll, Protokoll. Aber was nicht drinsteht, was nicht drinsteht …«
Gropper dreht sich um und fragt durch die halb geöffnete Tür: »Was
meinst du damit?«
»Wirst du schon noch erleben«, erwidert Buchner borstig.
Beinahe wäre Gropper über Korbi gestolpert, der vor dem Revier auf
den Steinstufen sitzt.
»Ich kann dich jetzt nicht brauchen«, sagt er zu ihm, Korbi nickt
fröhlich und tänzelt neben ihm her.
Gropper ärgert sich etwas über diese Anhänglichkeit, möchte Korbi
aber nicht noch einmal verletzen. Es scheint, dass er ihn nun tatsächlich bis
zu seiner Pension begleiten will.
Hinter der Kirche zieht Korbi ihn um eine Hausecke. Mit wilden
Zuckungen und gurgelnden Lauten zerrt er umständlich sein schmutziges
Schnupftuch aus der Hosentasche, wickelt es hektisch auseinander und hält
Gropper den Inhalt hin: eine Goldmünze.
Er sieht Korbi fragend an, ob er sie in die Hand nehmen darf.
Freudig fordert dieser ihn dazu auf.
Gropper sieht sich um, ob sie nicht beobachtet werden, stellt seinen
Koffer ab und pflückt das kostbare Stück aus dem verrotzten Tuch. Deutlich ist
die Prägung »Deutsche Reichsbank Berlin 1943« zu erkennen. Wie viel sie wert
ist, kann Gropper nicht annähernd schätzen. Sicher aber ein hübsches Sümmchen,
davon ist er überzeugt.
»Woher hast du das?«
Korbi stammelt wirre Erklärungen, die Gropper nicht versteht. Wie
kommt der Bursche an diese Goldmünze? Gropper hält sie wiegend in der Hand.
Kursieren davon noch mehr bei den Mittenwaldern? Er muss an die vielen teuren
Autos denken, die er gesehen hat. »Heb sie gut auf«, sagt er zu Korbi und will
ihm die Münze zurückreichen. »Verlier sie nicht. Und lass sie dir nicht
klauen.«
Doch Korbi wehrt ab. Er gibt Gropper zu verstehen, dass er sie ihm
schenken will.
»Kommt gar nicht in Frage«, sagt Gropper. »Die Münze gehört dir.«
Korbi schüttelt seinen Ballonkopf und deutet auf Gropper. Er soll
die Münze behalten. Ein Geschenk von Korbi. Wieder lehnt Gropper ab. So geht
das ein paarmal hin und her, schließlich hält Korbi die Münze in seiner
zusammengeballten Faust.
Auf dem Weg zur Pension kommen sie am Schlipferhaus vorbei. Die
gesamte Fassade ist geschmückt mit Lüftlmalereien. Hier hatte er mitgeholfen,
die Gerüste aufzubauen, als die alten Bilder restauriert werden mussten.
Gropper schaut zu den Malereien hinauf, zur Schmerzensmutter unter
dem Kreuz und zu den Engeln, die sie auf kleinen Wolken umschweben. Ganz
besonders angetan hat ihn damals der Höllensturz, die Szene, in der der
Erzengel Michael mit seinem Schwert den Höllendrachen besiegt. Er schwebt über
dem flammenden Höllenschlund, hält mit der einen Hand einen Palmzweig hoch zum Auge
Gottes und stößt mit der anderen Hand das teuflische Ungeheuer mit seinem
Schwert hinunter in den Abgrund, in das Feuer. Dabei schlagen aus seinem
Schwert Flammen und Blitze. So ein Schwert hätte Gropper jetzt auch gern bei
seiner Aufdeckung der Täter.
Hopsend vor Begeisterung, zeigt Korbi immer wieder auf die Malerei
und ahmt dabei ein wildes Schießen mit einem Gewehr nach, stößt sein
unheimliches Lachen aus und weist erregt auf ihn und auf das Bild. Plötzlich
rennt er weg. Etwas anderes scheint ihm mit einem Mal wichtiger zu sein als
sein Vorhaben, Gropper weiter zu begleiten.
Ein paar Häuser weiter gibt es immer noch das kleine Antiquariat
Eckstaller. Im Schaufenster sind wie schon damals die alten Bücher nicht
übersichtlich mit Preisschildern ausgestellt, sondern direkt an der Scheibe in
Türmen aufgestapelt. Alle Exemplare liegen kreuz und quer am Glas, sodass man
nicht sehen kann, um welche Bücher es sich da handelt. Früher hat Gropper hier
hin und wieder ein Buch kaufen wollen, doch es war unmöglich, in diesem
vollgestopften, engen
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