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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kohl
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er die Münze in seiner Aktentasche und sieht
sich in der kleinen Kammer um: ein Feldbett, darüber an der Wand ein schwarzes
Kruzifix, ein wackeliger Holztisch, ein alter Stuhl, ein Schrank, dessen Tür
sich immer wieder öffnet, sooft er sie zudrückt, ein altes, schmutziges
Waschbecken. Gropper will sich die Hände waschen. Nur ein kaltes Rinnsal fließt
aus dem Hahn. Keine Seife. Kein Handtuch. Er wischt sich seine nassen Hände am
Hemd ab. Bei der Deckenlampe ist die Birne herausgeschraubt. Kein Licht.
    Es gibt nur ein schräges Dachlukenfenster. Um hindurchschauen zu
können, muss er auf den wackeligen Stuhl steigen und sich auf die Zehenspitzen
stellen. Mit gerecktem Kopf kann er den weiten Himmel sehen und erkennt
darunter gerade noch die Gipfelspitzen des Karwendel.
    Wahrhaftig, Pension »Karwendelblick«!
    Der Abort ist eine Etage tiefer auf dem Treppenabsatz. Kein
Klopapier. Nur ein paar Seiten einer alten Ausgabe des »Hochland-Boten« liegen
auf dem Beton.
    Aus seinem Koffer holt Gropper seinen Tauchsieder, seine Tasse und
Kaffeepulver. Eine Steckdose funktioniert nicht, die andere hat einen
Wackelkontakt. Verärgert rührt er in seinem Kaffee und überlegt, ob es besser
wäre, jeden Abend nach Hause zu fahren und am Morgen hierher zurück. Doch am
Abend und am Morgen verkehren nur wenige Züge. Und jeden Tag zweimal dieses
Gedränge in den überfüllten Waggons? Er beschließt, die wenigen Tage in dieser
Bruchbude auszuhalten.
    Seinen Koffer mit den Kleidern lässt er unausgepackt in einer Ecke
stehen. Nur seine alte, abgewetzte Aktentasche mit den Unterlagen aus München
nimmt er mit. Von außen klemmt er ganz oben zwischen Tür und Rahmen ein
Streichholz und schließt ab. Sachte berührt er das Streichholz, um
festzustellen, dass es nicht von selbst herunterfallen kann. Es sitzt fest.

3
    Guat dengelt is halbert gmaaht.
    Das also ist das »Crazy Horse«, denkt sich Gropper und hat Mühe,
die alte Wirtschaft »Edelweiß« am Dekan-Karl-Platz, dem früheren
Adolf-Hitler-Platz, Ecke Innsbrucker Straße wiederzuerkennen. Vor dem Krieg war
das »Edelweiß« der Treffpunkt der Gebirgsjäger. Feigl, Kilian und Nafziger
haben ihn oft eingeladen, hier doch mal einen gemütlichen Abend mit ihnen zu
verbringen. Es sei immer so lustig bei ihnen im »Edelweiß«, lockten sie. »Du
mit deinen blonden Haaren und blauen Augen bist bei uns herzlich willkommen. So
ein echt deutsches Gesicht sehen wir immer gern.« Aber Gropper wollte nicht.
Ihm war die ganze Gebirgsjägerei zuwider.
    Jetzt sind die alten Fenster mit den Glasmalereien zugemauert, und
anstelle des schönen holzgeschnitzten Eichenportals hat man eine graue Eisentür
eingesetzt. Wo früher zu beiden Seiten des Eingangs in Schaukästen Speise- und
Getränkekarten zum Eintreten einluden, ist nun nur die grau verputzte Betonwand
zu sehen. Das Ganze sieht aus wie ein Bunker aus dem Krieg, und doch wurden die
Veränderungen erst vor knapp einem Jahr vorgenommen. Wenn man nicht wüsste, was
sich dahinter verbirgt, nie würde man da eintreten. Und manche treten gerade
deshalb nicht ein, weil sie wissen, was sich dahinter
verbirgt.
    Neben dem Messingschild mit der Aufschrift »Geöffnet ab 20 Uhr«
ist ein kleines Gitter in die Wand eingelassen, daneben ein goldener Knopf.
Gropper drückt den goldenen Knopf. Lange tut sich nichts. Er drückt noch mal.
Dann hört er durch das Gitter blechern jemanden fragen: »Wea da?«
    »Kriminalpolizei München.«
    Es folgt eine lange Pause. Schließlich kommt aus dem kleinen
Lautsprecher ein schweres Atmen, dann ein Schnauben, ein gurgelndes Räuspern.
Nach wieder einer Weile rumort im Schloss ein Schlüssel, die Eisentür öffnet
sich, und vor ihm steht eine ältere Frau in einer ausgewaschenen Kittelschürze,
die Haare mit einem Tuch hochgebunden. Sie wischt ihre Handflächen am Kittel ab
und fährt sich anschließend mit dem Handrücken über die Stirn, wobei sie
Seifenschaum auf ihrer Haut verteilt.
    »Ja, was isn?« Ihre Stimme ist derb und heiser.
    Gropper zeigt ihr seine Polizeimarke. »Ich komme wegen Nafziger.«
    »Is des no net ois erledigt?«
    »Kann ich reinkommen?«
    »Wenn’s sei muaß.«
    Wieder wischt sie ihre Hände am Kittel ab und gibt ihm die feuchte
Hand. »Jais, Fanny.«
    Dann steht er in dem hell erleuchteten Lokal. Breite Ledersessel
sind in einer Ecke zusammengeschoben, kleine Metalltischchen
übereinandergestellt, schwere Teppiche liegen eingerollt am Boden.
    Eine Seite des Raumes wird von einem

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