Nea - James erzaehlt
sich noch zwischen unseren Gesichtern; durch die Tür drang ein gepresstes „47“.
„Sie ist meine Dienerin hier, mehr nicht.“
„Kein Diener im gesamten Nea ist so loyal“, antwortete Sophie.
Grimmig lächelte ich und sah ihr direkt in die Augen. „Nicht einmal Daniel?“
Ganz klar konnte ich erkennen, wie sich ihre Pupillen weiteten; doch davon abgesehen ließ sie keine Regung an die Oberfläche, die sie hätte verraten können. Sie war gut – sehr gut.
„48.“
Sophie hob eine Augenbraue. „Wenn du mich jetzt nicht gehen lässt und die Ersten gleich das Tribunal verlassen, kann sich jeder sofort denken, wen deine süße Fiona so treu deckt – und dann bist du in mehr als nur einer problematischen Situation.“
Mit dem Kopf deutete sie auf ihr Handgelenk, an dem so mahnend das rote Armband prangte.
Für einen kurzen Augenblick zögerte ich, dann ließ ich sie los. Ich war zu kurz davor, sie endlich zu bekommen, als dass ich jetzt unvorsichtig sein konnte.
„49.“
Siegessicher löste Sophie sich aus meiner Fixierung und trat zur Seite. Wortlos winkte sie mir mit den Fingerspitzen zu, dann eilte sie davon.
Während ich ihr hinterher blickte, hörte ich endlich: „50.“
Es klopfte.
„Herein.“
Die Tür öffnete sich und Fiona trat ein. Fast lautlos schlüpfte sie durch den Spalt, bevor sie ebenso geräuschlos die Klinke wieder herunterdrückte.
Ich schnellte aus meinem Sessel hoch, in dem ich stur die letzte Stunde vor dem prasselnden Feuer gesessen hatte. „Es tut mir so leid, Fiona!“
„Ich weiß“, antwortete sie, dann lächelte sie mich an. Sie ging an mir vorbei und ließ sich vorsichtig in den Sessel sinken. Für einen winzigen Augenblick verzog sie das Gesicht, als sie sich setzte.
„Ich hoffe, du weißt, dass ich geblieben wäre. Es ist nur-“
„Ich weiß“, sagte sie wieder.
Schon wusste ich nicht mehr, was ich sagen sollte; ich war bloß froh, dass sie mir trotz allem nicht böse zu sein schien.
„Es tut mir-“
„Ich weiß, James.“
Verlegen stand ich vor ihr und schwieg; sie sah mich mit leicht schräg gelegtem Kopf an.
„Interessiert dich nicht, was ich herausgefunden habe?“
„Natürlich, aber-“
„Aber du bist einfach nur wieder zu höflich?“
„Vermutlich.“ Mein schlechtes Gewissen war gerade einfach noch zu ausgeprägt, um meiner Neugier freien Lauf zu lassen. „Immerhin bin ich Schuld daran, dass du gerade nicht unbedingt bequem sitzen kannst.“
Sie lachte leise. „Mein Arsch ist wirklich ganz schön blau!“ Dann deutete sie auf das Sofa. „Jetzt setz’ dich endlich und hör’ auf zu gucken, als hättest du gerade 50 Rohrstockschläge auf deinen Hintern mitzählen müssen.“
Ich setzte mich und lehnte mich nach vorn. Kurz sagte niemand etwas.
Dann: „Sophie hat keinen Meister.“
Erleichtert grinste ich und beugte mich zu Fiona, um ihr einen Kuss auf die Wange zu hauchen. „Du bist großartig.“
„Ich weiß“, kokettierte sie.
„Danke, dass du mich nicht verraten hast. Das weiß ich wirklich zu schätzen.“
„Was hätte ich denn davon gehabt? Außerdem hat mich ja niemand dazu gezwungen, in das Büro einzusteigen.“
Streng genommen stimmte das nicht, immerhin hatte ich sie dazu gebracht – hatte Sophie vielleicht recht und Fiona hegte insgeheim Gefühle für mich? Ich kam mir beim Gedanken an die bloße Möglichkeit bereits arrogant vor. Doch ich war gerade zu glücklich, dass ich noch einmal glimpflich davon gekommen war, als dass ich mich zusätzlich mit diesem Komplex beschäftigen wollte.
„Aber warum lügt sie?“, fragte ich schließlich.
„Keine Ahnung – aber alles kann auch ich nicht herausfinden, da musst du wohl selbst nachforschen, mein Guter.“
„Natürlich, natürlich“, wiegelte ich ab. „Verzeihung, ich wollte nicht so klingen, als würde ich deinen Einsatz nicht zu schätzen wissen.“
Siegessicher hob Fiona die Augenbrauen und wartete auf eine Reaktion von mir.
„Was?“, fragte ich interessiert.
Zufrieden lehnte sie sich im Sessel zurück. „Dafür habe ich ihre Zimmernummer – und einen Plan, wie du endlich ganz ungestört erfahren kannst, was du willst.“
10
„Hast du Nea angebaggert, James?“
Mikes Frage kam so unvermittelt, dass mir für einen Moment lang die Luft wegblieb. Raubtierartig umkreiste er die Säule, an der ich lehnte. Der Dachboden wurde mit jedem Tag deutlich bewohnbarer.
„Nein!“, antwortete ich dann fassungslos. „Warum sollte ich
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