Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod
schon nach dem Grund fragen, stellte jedoch fest, dass Erlin nicht dabei war, um ihm Antwort zu geben.
»Ein passenderes Mahnmal als das dort, schätze ich«, sagte er und deutete auf die Hoopfeste.
»Scheiße«, sagte Peck und sprach damit nichts Besonderes an.
Sie setzten den Weg fort, parallel zum Graben, bis sie eine Stelle erreichten, wo einmal ein Stahltor in der Mauer existiert hatte. Einige Fragmente verrosteten Metalls ragten immer noch aus der Wand, und die Erde darunter war rot vom Rost. Hier kletterte Ron zum Rand des stehenden Wassers hinunter. Er klemmte sich die Machete unter einen Arm, zog sich Handschuhe an und hockte sich hin. Er tauchte die Klinge ins Wasser und bröselte dann mit großer Sorgfalt ein paar Sprine-Kristalle auf das nasse Metall, ehe er sie alle mit dem Stein, den er sich vorher eingesteckt hatte, zu einer Paste verrieb. Nachdem er die Paste über die ganze rasiermesserscharfe Schneide verschmiert hatte, warf er den vergifteten Stein weg.
»Wir überqueren den Graben hier«, befahl er und hielt die Machete sorgfältig auf Distanz, während er durch das stinkende Wasser watete.
Ambel folgte ihm rasch; dann kam Peck. Janer zögerte am Rand und blickte forschend ins Wasser, ob sich unter der öligen Oberfläche nicht etwas bewegte.
»Hier gibt’s keine Blutegel. Die Knochen haben das Wasser vergiftet«, sagte Ambel.
Janer entschied, ihn beim Wort zu nehmen, und watete hindurch. Er gab sich Mühe, einen Schädel zu ignorieren, den die anderen vom Grund aufgewühlt hatten und der jetzt wie ein Halloween-Utensil im Schlick hüpfte.
Sobald sie auf der anderen Seite aus dem Graben gestiegen waren, betraten sie durch das rostige Tor Hoops Anwesen. Die Mauer war zwei Meter dick, und über ihren Köpfen klafften Löcher, deren Zweck früher einmal – lange bevor diese Feste errichtet worden war – darin bestanden hätte, geschmolzenes Blei auf unwillkommene Besucher zu gießen. Janer fragte sich, ob Hoop sie je für einen solchen Zweck benutzt hatte. Wahrscheinlich ja, einfach so zum Spaß.
Im Innern erreichten sie einen offenen Hof, aus dem auf allen Seiten Treppen zur Mauer hinaufführten; dahinter breitete sich ein Gewirr aus weiteren Mauern und Gebäuden aus. Ron führte die anderen über den Hof, blieb schließlich stehen und deutete auf die Steinplatten. Niemand äußerte sich zu einem langen, verzerrten Fußabdruck, der im Staub deutlich zu sehen war. Ron packte die Machete fester und gab ihnen mit einem Wink zu verstehen, ihm weiter zu folgen. Er führte sie durch einen langen Tunnel und dahinter auf einen weiteren Hof und schließlich in einen überwucherten Garten.
Janer sah sich um, betrachtete die vertrauten irdischen Pflanzen, die es geschafft hatten, hier zu überleben und im Verlauf der Jahrhunderte immer wieder ihren Samen zu verbreiten. Wildrosen bedeckten eine Mauer, und eine Art Orchidee wuchs unterhalb einer schrägen Sonnenuhr auf dem schwarzen Boden. Die Mauer, die den Garten am hinteren Ende begrenzte, wies eine Art Rebengewächs auf, das sich tief in ihre seltsamen Verzierungen gegraben hatte. Auf dieser Mauer hockte der Kopf des Skinners.
Janer legte den Karabiner an, gerade als sich der Kopf bewegte, und er bemerkte, dass er jetzt zum zweiten Mal einem Irrtum aufgesessen war: Der Kopf befand sich in Wirklichkeit hinter der Gartenmauer und hockte keineswegs darauf; er war hinter der Mauer und ruhte wieder auf dem langen Körper, der jetzt ins Blickfeld trat.
»O Scheiße!«, sagte Peck, diesmal in sinnvollerem Zusammenhang.
Der Skinner war wieder vollständig, und Janer hatte noch nie etwas so Entsetzliches gesehen. Denn hier wurde er eines wahrhaftigen Monsters ansichtig: ein blauer Mann, vier Meter groß und unmöglich dünn, mit Händen wie Spinnen, einem Kopf, der Elemente des Warzenschweins und des Pavians mit viel von einem Menschenschädel verband, mit bösen schwarzen Augen und Ohren, die tatsächlich Fledermausflügel waren, mit spatelförmigen Beinen, die wie Fühler unter dem langen Kiefer hingen – und wenn die Kreatur das lange Maul öffnete, erblickte man eine Reihe schwarzer Zähne hinter der anderen.
»Hat sich gerade erst wieder zusammengefügt«, stellte Ron gelassen fest. »Seht euch den Hals an.«
Janer starrte auf den Hals und entdeckte ein Blutegelmaul an der Stelle, wo ein gewöhnlicher Mann den Adamsapfel gehabt hätte. Er hob erneut den Karabiner und fragte sich, wie Ron es nur schaffte, in einem so analytischen Ton zu
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