Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod
auch die Zähne. Ambel war vor langer Zeit mal wie Anne gewesen. Im Verlauf der vielen Jahre seitdem hatte sich wie bei vielen Alten Kapitänen seine Muskelmasse immer mehr vergrößert. Heute trug er kurz geschnittene weiße Haare und ein jugendlich wirkendes, aber breites Gesicht; ganz allgemein erweckte er den Eindruck, dass er selbst Decksplanken zwischen den Fingern durchbrechen konnte - und dieser Eindruck täuschte nicht.
»Legen wir gleich eine weitere Fahrt ein?«, fragte Boris von unten herauf.
»Nee, Junge«, antwortete Ambel. »Wir haben Nachtmond und noch genug Zeit, wieder die Sandbänke zu erreichen. Ich möchte nicht alle unsere Fässer mit Turbul füllen. Das bringt nur ein paar Skind, und der Markt wird überschwemmt.« Er blickte auf. »Wir fahren nach Osten!«, sagte er laut, so dass das Segel ihn hörte.
»Bernsteinmuscheln?«, fragte Pland, der gerade mit einem Häutungsmesser Köderfleisch unter den Fingernägeln hervorkratzte.
»Bernsteinmuscheln«, bestätigte Ambel.
»Das ist eine Erleichterung«, fand Pland. »Ich hatte schon befürchtet, du würdest an eine Jagd denken.«
Ambel grinste ihn an und ging nach unten, um Boris und dem Nachwuchs beim Verstauen der Fässer zu helfen.
Die Stimme aus der Schwarmverbindung war mit der Andeutung eines Summens unterlegt, aber Janer vermutete, dass das nur Show war. Hornissen verständigten sich nicht durch Brummen, und Schwarmintelligenzen taten es ganz bestimmt auch nicht. Er vermutete, dass dieses Pseudogebrumm die Vorstellung der Intelligenz von einem Scherz verkörperte.
»Ich möchte gern, dass du mit dieser Erlin auf Reisen gehst. Ich finde sie interessant«, sagte die Intelligenz.
Das war keine Anweisung. Die Intelligenz gab ihm keine Anweisungen mehr, seit seine Dienstverpflichtung vor zwei Jahrzehnten ausgelaufen war. Die Bitte allerdings wurde unterstrichen von der Zusage unbegrenzten Kredits, von dem Versprechen zu reisen und nicht an Langeweile zu leiden. Und für Janer konnte Langeweile zum Problem werden, wie das heute bei so vielen Polis-Bürgern der Fall war.
»Ich dachte, du wolltest, dass ich mich an den Reifi halte«, flüsterte er, sich der Menschen ringsherum wohl bewusst.
»Die Reifikation wird sie, wie ich vermute, ebenfalls begleiten. Falls der Reifi es nicht tut, wird er ihr in Zukunft wieder begegnen. Seine Geschichte steht mit ihrer in Verbindung.«
»Du hast mir seine Geschichte noch nicht erzählt.«
»Zum richtigen Zeitpunkt, zum richtigen Zeitpunkt. Sehen wir uns zunächst mal diesen Kampf an.«
Die beiden Hooper, die einander in dem auf nackter Erde abgeteilten Ring gegenüberstanden, hatten sich nackt ausgezogen und von Kopf bis Fuß mit Öl eingerieben. Die Menge schrie nach Blut, und doch wirkte das Gebrüll nicht ganz aufrichtig.
»Du wirst feststellen, dass sie sich zuerst die Kleider ausziehen«, sagte die Schwarmintelligenz.
»Und?«, fragte Janer.
»Ihre Körper heilen sich selbst. Die Kleidung müsste repariert werden.«
Janer verarbeitete das und nickte vor sich hin. Ein vorbeikommender Buchmacher bezog das Nicken auf sich und wandte sich Janer zu.
»Domby oder Forlam? Shilling, Yen, Dollar -oder Skind, falls es sein muss. Was setzen Sie?«
Der Mann war klein und kräftig gebaut, hatte anscheinend aber keine der typischen Hooper-Bissspuren. Janer erkannte seinen Akzent als außerplanetarisch.
»Wie stehen die Wetten?«
»Domby ist ein Drei-fünfziger und Forlam ein Eins-fünfziger mit einer eindrucksvollen Liste kürzlicher Siege. Dreizehn zu eins auf Domby für eine E und zehn zu eins auf Forlam für eine Platze. Geht auch nur einer von ihnen mit einer Vaso zu Boden, haben Sie verloren. Die Kampfdauer ist auf zwei Stunden begrenzt.«
»Ich setze zehn Shilling auf Domby für eine E«, sagte Janer.
»Sehr gut, Sir.« Der Wettenmann wirkte besorgt, als er einen Wettschein ausstellte und Janers Zehn-Shilling-Note entgegennahm. Andere Zuschauer musterten Janer nachdenklich.
»Das ist aber ein hoher Einsatz«, sagte die Intelligenz. »Der durchschnittliche Hooper hier müsste ein halbes Jahr für diese Summe arbeiten.«
»Wirklich? Falls du so viel weißt, vielleicht kannst du mir dann auch sagen, was Es, Platzen und Vasos sind«, sagte Janer.
»E steht für Entleibung und Platze für ein geplatztes Auge. Eine Vaso heißt, dass wenigstens einer der beiden Kämpfer durch Blutverlust zusammenbricht«, antwortete die Intelligenz kurz und bündig.
»Oh, sehr nett. Wie stehen meine
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