Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod
hoch. Sie war fast doppelt so groß wie die Exemplare, die Pland einsammelte. Ambel ließ die Harke fallen und packte die Molluske, ehe sie sich wieder eingrub. Sie wehrte sich einen Augenblick lang, kam dann mit saugendem Zischen ganz zum Vorschein und wedelte mit dem Fransenfuß in der Luft.
»Die ist für mich«, sagte Ambel. Er ging zu dem nahe gelegenen Teich hinüber und wusch seine Trophäe, ehe er sie hochhielt, damit alle sie bewundern konnten. Er zog das Messer, schob die Klinge zwischen die Schalenhälften, drehte sie und hebelte die Muschel weit auf. Damit legte er etwa einen halben Liter zitternden, lichtdurchlässigen bernsteinfarbenen Fleisches frei.
»Frisch ist sie immer am besten, obwohl ich auch etwas Essig und Pfeffer nicht schlecht fände«, sagte er.
Ein kurzer Rundschnitt mit dem Messer, und er kippte sich das ganze Stück in den Mund, ehe er die leere Schale wegwarf. Er kaute einen Augenblick lang, wobei ihm orangefarbener Saft übers Kinn lief, dann schluckte er, verzog das Gesicht und griff sich in den Mund. Er zog etwas heraus, schluckte den Rest und wischte sich das Kinn mit dem Ärmel ab.
»Meine Fresse!«, sagte er.
Pland und Anne traten hinzu, um sich seinen Fund anzusehen. Peck kam ebenfalls herübergestapft, gefolgt von den beiden Junioren, während Ambel eine kleine Silberkugel hochhielt, damit die anderen sie in Augenschein nehmen konnten.
»Eine Perle in der ersten Muschel der Saison. Wir haben eine Glückssträhne, Leute!«
Anne und Pland nickten. Peck bedachte erst die Perle und dann Ambel mit argwöhnischem Blick, ehe er die beiden Junioren einsammelte und sich wieder entfernte.
Ambel steckte die Perle in die Tasche, bückte sich und nahm die Harke zur Hand. »Kommt, sehen wir zu, dass wir diese Säcke voll kriegen. Ich habe so ein Gefühl, dass das unsere bislang beste Fahrt wird!«
»Das iss echt Glück«, pflichtete ihm Gollow bei.
Peck grunzte derweil nur und brummte etwas Unflätiges. Ambel warf ihm einen verärgerten Blick zu, ehe er sich wieder der Harkerei zuwandte. Peck ging schon sehr lange mit ihm auf Fahrt und kannte ihn viel besser als die meisten Besatzungsmitglieder.
Kapitel 4
Der unerwartete Happen, den ihnen die verkrüppelte Froschschnecke geboten hatte, befriedigte die Hammerschnecken so sehr, dass sie eine Grundregel des Meeresgrunds vergaßen: den Kopf eingezogen und die Augen offen zu halten. In ihrer Aufregung hämmerten sie weiter auf den Boden und rührten das Wasser noch stärker auf, das schon getrübt war von den Körperflüssigkeiten ihres Opfers. Der vorbeischwimmende Turbul, der einen dahintreibenden Augenstiel aufgeschnappt hatte, sann darüber nach, wie schmackhaft sein Imbiss gewesen war. Er drehte sich also um und wollte nachsehen, was dort noch alles zu finden sein mochte. Schon bald befand er sich in Gesellschaft von Artgenossen – die rasch witterten, dass hier eine leichte Mahlzeit zu holen war- und stieß auf die sich ausbreitende Wolke hinab. Die Schnecken, die im trüben Wasser nur noch wenige Meter weit sehen konnten, hämmerten immer noch vor sich hin, als der erste Turbul mit aufgerissenem Maul durch ihren Schwarm fuhr. Seine Artgenossen schossen hinter ihm her, und bald war das Wasser noch trüber geworden durch all die Körpersäfte und einen Regen glitzernder Schalensplitter oder auch hier und da eine leer gesaugte intakte Schale. Die Turbul - die nicht oft Gelegenheit fanden, Hammerschnecken zu überrumpeln – hatten die Grundregel außer Acht gelassen, die für alle Fischkreaturen des Meeres galt: Friss und hau ab! Die näher kommenden Gleißer hatten dies jedoch keineswegs vergessen.
Umringt wurde die Insel von Riffen, geformt wie die Wellen, die ein ins Wasser geworfener Stein erzeugte. Man konnte durch diese Riffe navigieren und somit auch per Schiff die Insel erreichen, aber wenige Hooper machten sich die Mühe. So hatte man es Keech jedenfalls erzählt. Diese spezielle Information hatte unter anderem dazu geführt, dass er ein eigenes Transportmittel mit nach Spatterjay nahm. Er flog jetzt über den Riffen heran und umkreiste die Insel. Schließlich entdeckte er eine hölzerne Mole und dahinter einen Weg, der in den Inselwald geschnitten war. Von oben konnte man unmöglich erkennen, wohin dieser Weg führte, also landete er mit dem Scooter auf dem steinigen Ufer zwischen Wald und Mole. Der Weg war zu schmal für den Scooter, und so ging Keech zu Fuß unter den Schatten der Bäume, den Karabiner
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