Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod
Fernglas und blickte zum Hauptdeck hinunter.
»Peck, du hast die Wache, zusammen mit Gollow und Süd!«, rief er und nickte zu den beiden jungen Leuten hinüber, die er erst kürzlich eingestellt hatte, und er erinnerte sich daran, die Namen der übrigen Neuzugänge auswendig zu lernen. »Ich, Anne und Pland übernehmen die Harken.« Dann wandte er sich Boris zu, der das Ruder führte, seinen Schnurrbart kratzte und Enttäuschung vorspielte. »Du bleibst hier, Boris, und achtest darauf, dass uns nicht irgendwas Widerliches erwartet, wenn wir zurückkommen.«
»Aye, Käpten«, antwortete Boris, schwang das Ruder behutsam herum und lenkte die Treader in einen tiefen Kanal zwischen Sandbänken. Das Segel, das den Hals jetzt zu einem »s« gebogen hatte und mit dem Kopf fünf Meter über dem Deck hing, blickte zu Boris hinüber, und als dieser ihm zunickte, drehte es sich aus dem Wind und veranlasste Vorder- und Achtersegel, seinem Beispiel zu folgen. Dann zog es an Tauen, um die Stoffsegel zusammenzufalten, ehe es die Spieren freigab und die eigenen Flügel einzog. Der Schatten, den es aufs Deck warf, schrumpfte rasch, während es sich zusammenfaltete, dann in eine aufrechte Position hinaufzog und sich auf die fest montierte zentrale Spiere hockte. Die Treader wurde langsamer, und am Bug hoben zwei Crewmitglieder den schweren Dreifachanker und wuchteten ihn über die Bordwand. Die eingefettete Kette rasselte aus dem Spill hervor, bis der Anker auf Grund schlug und das Wasser im Kanal eintrübte. Die Matrosen sicherten die Winde, während das Schiff an der Kette ruckte und stoppte. Anne hatte inzwischen eines der Staufächer an der Reling geöffnet und zwei Harken mit langen Stielen, ein Schüttelsieb und einige Ledersäcke hervorgeholt. Sie warf diese Gegenstände auf die Sandbank unter ihr, ehe sie selbst hinterhersprang. Bald folgte ihr Pland und verließ mit einem Jubelschrei die Reling.
»Noch zweihundert Jahre, und er wird vielleicht erwachsen«, brummte Boris.
Ambel nickte zustimmend und deutete dann auf die Deckskanone, die an der hinteren Reling der Vorderkabine montiert war. »Ist das Ding geladen?«, fragte er. Als Boris nickte, fuhr er fort: »Gib einen Schuss ab, falls du irgendwas Scheußliches herankommen siehst. Vorzugsweise direkt darauf. Wir kommen dann ruck, zuck zurück.« Damit stieg er die Leiter zum Deck hinunter und folgte wenig später Anne über die Reling auf die Sandbank. Nach Gollow und Süd war Peck der Letzte, der von Bord sprang und geduckt landete; langsam richtete er sich auf und pumpte dabei eine Patrone in die Kammer seiner Schrotflinte. Argwöhnisch blickte er umher und nickte den beiden Junioren beifällig zu, als sie Messer aus den Gürtelscheiden zogen.
»Wahrscheinlich gibt’s hier nur Prill«, bemerkte Ambel. Peck pflichtete ihm bei, wirkte aber nicht sonderlich beruhigt. Ambel bückte sich, hob die beiden Harken auf und reichte eine davon Anne. Zu Pland sagte er: »Du sammelst sie und steckst ’se in den Sack.« Damit gingen sie los.
Bald hatten sie eine tiefer liegende Stelle erreicht, wo gelbe Streifen auf dem flachen Sand verschmiert waren. Die Stelle war auch mit kleinen Mulden durchsetzt, und sobald Ambel einen schweren Schuh auf den Rand setzte, spritzte Wasser aus den Mulden hervor und wurde ein raschelndes Zischen vernehmbar.
»Reichlich was hier«, stellte er fest. »Hast du die Köder, Anne?«
Anne reichte ihm einen mit einer Kordel verschlossenen Beutel. Er öffnete ihn, wobei er ihn ein gutes Stück vom eigenen Gesicht entfernt hielt. Trotzdem war der Gestank so ausgeprägt, dass ihm die Augen tränten. Er griff in den Beutel und warf eine Hand voll des Inhalts vor sich in die Luft. Getrocknete Fischmehlflocken schneiten auf die Sandfläche, und als sie sich setzten, lösten sie weitergehende Aktivität aus; rasch entstanden neue Mulden, und hier und dort öffnete sich ein Maul mit orangefarbenen Lippen an der Sandoberfläche. Ambel und Anne traten vor und begannen energisch zu harken, zogen dabei die langen Muscheln mit ihren weißen Schalen von dicht unter der Oberfläche hervor und kehrten sie auf Haufen. Pland folgte ihnen, wählte nur die Muscheln von Handgröße aus und warf sie ins Schüttelsieb. Sobald dieses voll war, ging er damit zu einem Teich in der Nähe, um die Mollusken vom Sand zu reinigen, ehe er sie in einen Sack steckte.
»Heda! Seht euch mal diesen Burschen an!«, schrie Ambel und zog eine größere Muschel mit der Kante der Harke
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