Neandermord
beeilen.
Nervös ließ ich meinen Blick schweifen. Das Schlafzimmer war nicht nur mit einem Bett, sondern auch mit einem kleinen Schreibtisch ausgestattet. Daneben ein PC, eingebaut in eine dieser seltsamen Kombinationen aus Schrank und Tisch, in denen unten auch noch ein paar Aktenordner Platz finden. Krüger hatte hier seinen Papierkram untergebracht, und ich zog ein paar der Mappen heraus. Es geht um Erpressung, dachte ich. Und wenn es um Erpressung geht, dann geht es auch um Geld. Und diese Ordner sahen danach aus, als würden sie Unterlagen über Finanzen enthalten.
Ich legte ein paar davon aufs Bett, schlug sie auf und blätterte.
Es waren tatsächlich Kontoauszüge darin. Aber kein Hinweis auf etwaigen Reichtum.
Natürlich nicht. Krüger war sicher nicht so blöd gewesen, die Bestechungssumme auf sein Konto einzuzahlen. Außerdem war das Foto alt gewesen. Mindestens zwei, drei Jahre, vielleicht sogar vier oder fünf. Und wer gut bestochen wurde, lebte nicht in so einer Umgebung. Oder besaß Krüger nebenbei noch eine Finca auf Mallorca? Ich schlug weitere Seiten um und fand andere Unterlagen. Den Mietvertrag für dieses Loch hier. Eine Wohnung, die eigentlich nicht zu Krüger passte. Oder verdiente man als Hauptkommissar so wenig? Telefonrechnungen. Und Bewerbungsdokumente. Interessant, so ein Polizistenlebenslauf. Ich unterdrückte ein Gähnen und blätterte weiter zu irgendwelchen Ernennungs- und Beförderungsurkunden.
Das hatte alles keinen Zweck. Weiter umschauen, befahl ich mir. Den Gesamteindruck checken. Irgendwas muss es doch geben. Verdammt, ich brauchte viel mehr Zeit…
Ich ging noch mal durch die Räume. Von der kaputten Tür abgesehen herrschte überall penible Ordnung. Krüger, den ich immer als korrekten Beamten kennengelernt hatte, schien diese Korrektheit auch in seinem Privatleben gepflegt zu haben. Ich fand ordentlich gestapelte Wäsche in den Schränken. Dass in der ansonsten sauberen Küche der Müll nicht entsorgt worden war, konnte man entschuldigen. Derjenige, der mit Müllraustragen dran war, war tot.
Privatleben, dachte ich. Mach dir ein Bild von Krügers Privatleben.
An der Wand hinter dem Schreibtisch hingen ein paar gerahmte Fotos. Ich nahm sie mir genau vor.
Krüger, mindestens zehn Jahre jünger, mit einer dunkelhaarigen Frau. Attraktiv, mancher würde sagen rassig. Ein bisschen größer als er. Das Bild war wohl im Urlaub oder jedenfalls in der Freizeit entstanden. Hinter den beiden erstreckte sich ein See. Grüngrauer Wald spiegelte sich darin. Vielleicht war es ein Wochenendausflug an eine der vielen bergischen Talsperren gewesen. Beide wirkten heiter und gelöst. Krüger lächelte sogar. Sie waren ein Paar, keine Frage. Lange her.
Und dann sah ich das Zettelchen.
Es lag zusammengeknüllt genau in der Mitte auf dem Boden des Papierkorbs. Fast so, als gehörte es dahin. Ich holte es heraus und faltete es auf dem Schreibtisch auseinander. Es war ein Blatt von einem Block. Krüger hatte irgendwas notiert. »Scheifenheide«, las ich. »Weilenhaus«.
Was sollte das sein? Ortsnamen? War das überhaupt Krügers Schrift?
Und dann wurde mir klar, dass ich ein Idiot war. Leider bemerkte ich es viel zu spät, denn im selben Moment klopfte jemand so laut an die Tür, dass mir schlagartig ein heißer Adrenalinstrahl durch den Körper schoss.
»Hallo?«, rief eine tiefe Stimme. »Ist da jemand?«
Ich blickte in den kleinen Flur, wo Krügers Telefon in der Station steckte. Wenn man im Privatleben eines Menschen herumschnüffelte, musste man als Erstes checken, welche Telefonnummern er zuletzt angerufen hatte. Auch ein Telefonverzeichnis war nützlich. Wie hatte ich das vergessen können?
»Sie wurden gesehen«, sagte die Stimme. »Melden Sie sich.«
Noch war es nicht zu spät. Der Typ da draußen, der wahrscheinlich der Hausmeister war, konnte nicht einfach die Tür aufmachen. Erstens war sie, hoffte ich jedenfalls, amtlich versiegelt, und zweitens hatte er ja selbst alles verbarrikadiert.
Ich legte ein paar leise Schritte zum Telefon zurück.
»Die Polizei ist unterwegs«, rief die Stimme. Und dann drohender: »Ich warne Sie.«
Zu spät. Ich saß in der Falle. Sie schloss sich gerade.
Sofort machte ich kehrt, rannte auf den Balkon. Diesmal musste ich nicht aus dem Fenster klettern, denn ich konnte von innen die Balkontür benutzen. Ich machte mir nicht die Mühe, sie wieder zu schließen. Krügers Bude konnte frische Luft vertragen.
Ich hechtete über
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