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Neandermord

Neandermord

Titel: Neandermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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die Brüstung, und als ich auf der Treppe ankam, sah ich unten auf der Holsteiner Straße schon einen Polizeiwagen halten. Ich rannte die Stufen hinauf, an den Flensburger Stuben nach links, und dann vorbei am Schulgelände, das jetzt, in den Ferien, wie ausgestorben dalag.
    *
    Als ich an der Autobahnbrücke wieder auf die Uellendahler stieß, war ich völlig ausgepumpt. Am liebsten hätte ich mich auf den Asphalt gesetzt.
    Ich blieb stehen und versuchte, tief durchzuatmen - und das ohne aufzufallen. Aber ich musste weiter. Die Polizei suchte garantiert die Gegend ab …
    Wohin?
    Warum nicht in Richtung Schwimmbad?
    Ich setzte mich in Bewegung und quälte mich den Weg hinauf. Vor dem würfelförmigen Holzhaus am Eingang kratzte ich ein bisschen Geld zusammen und leistete mir ein Eis. Cornetto Erdbeer.
    Erschöpft lehnte ich mich an die schattige Wand. Jenseits des Zaunes platschte das Wasser, und Kinder quietschten vor Vergnügen. Ich erinnerte mich mit Wehmut an die guten alten Zeiten -sprich gestern. Was war ich doch für ein glücklicher Detektiv gewesen. Einer, der seinen Aufträgen im Schwimmbad nachgehen konnte …
    Neben mir rasselte die eiserne Drehtür - der Schwimmbad-Ausgang. Ein Pärchen kam heraus. Arm in Arm schlenderten sie talwärts. Es waren Manni und Marianne Kleiber. Sie bemerkten mich nicht.
    Und ich fluchte innerlich, weil ich keine Kamera dabeihatte.

10. Kapitel
    Etwas später öffnete ich an der Ecke Paradestraße die zerkratzte Tür der Telefonzelle und war sofort von stechendem Uringestank umgeben. Ich konnte die Tür hinter mir auf keinen Fall schließen, also stellte ich meinen Fuß davor und sorgte so dafür, dass sie nicht zufiel.
    Der Krach von der Baustelle am Neumarkt und der Verkehrslärm von der Uellendahler Straße dröhnten ungehindert herein. Durch die linke Scheibe der Zelle sah ich in einem vermodernden Rest Grünfläche von Plastiktüten umhüllte Pakete, ordentlich unter den vertrocknenden Büschen verstaut. Hier hatte wohl jemand sein Lager aufgeschlagen. Was ich vor mir sah, waren wahrscheinlich Wohn- und Schlafzimmer. Wo ich stand, befand sich offensichtlich das Klo.
    Ich wollte mein Handy so wenig wie möglich benutzen. So warf ich eine Münze ein und wählte Juttas Nummer.
    Sei da, pochte es in mir, während ich auf das durch den Lärm um mich herum kaum zu hörende Freizeichen achtete. Ein Schweißfilm bildete sich zwischen Hand und Hörer, und auch an meinem Ohr wurde es glitschig. Ich nahm den Hörer einen Millimeter von der Ohrmuschel, und da war mir, als hätte sich jemand gemeldet.
    »Jutta?«, schrie ich. »Jutta, bist du da?«
    »Remi…«
    Die Stimme war weit weg und klang wie aus den Tiefen eines Brunnenschachts. Oder wie aus einem Wasserfall.
    »… bist du …« Die Stimme versank.
    Ich atmete dreimal tief durch und donnerte die Tür zu. Ich nahm mir vor, beim Reden die Luft anzuhalten, aber es gibt Dinge, die funktionieren einfach nicht.
    »Wo warst du denn so lange?«, fragte ich. »Ich hab gewartet und gewartet.«
    »Ich bin der Polizei voll in die Arme gelaufen.« Ihre Stimme klang hektisch. »Und diese Dorau … Sie hatte einen Durchsuchungsbeschluss!«
    »Die Polizei war in deinem Haus?«
    »Sie haben mich unten an deiner Wohnung abgefangen. Gerade als ich rauskam. Dann sind sie mit mir zusammen rauf zu mir, und ich hab natürlich gedacht, jetzt ist alles aus. Als ich die Tür aufschloss, dachte ich fieberhaft darüber nach, wie ich dich warnen könnte.«
    »Warte mal einen Moment«, rief ich.
    Ich öffnete die Zellentür und atmete etwas ein, was mir wie Frischluft vorkam im Vergleich zu den von Hitze aufgeladenen Urindämpfen hier drin. Dann sperrte ich den Lärm wieder aus.
    »Wir sollten das Telefonat abbrechen und uns irgendwo treffen.«
    »Unten in der Friedrich-Ebert-Straße?«
    »Jutta, wenn ich sage, dass wir das Telefonat abbrechen sollen, dann deshalb, weil sie uns abhören. Du darfst keinen Ort nennen.«
    »Und wie verabreden wir uns dann?«
    Ich dachte nach. Es musste ein Ort sein, wo es viele Menschen gab. Am besten in der Öffentlichkeit.
    »Wo haben wir letzte Woche zu Mittag gegessen? Nachdem wir zusammen meine Badehose gekauft haben?«
    »Du meinst… ?«
    »Genau. Komm da hin. So schnell du kannst. Und ohne grüne Schatten hinter dir, klar?«
    Ich hängte ein und flüchtete mich ins Freie.
    *
    Fünf Minuten später saß ich wie auf heißen Kohlen im Restaurant mit dem gelben M vor einem Big Mac, einer Portion Pommes und einer Cola und

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