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Neandermord

Neandermord

Titel: Neandermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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lebte.
    Ein Fußgänger näherte sich. Rentner mit Hund. Spiegelnde Sonnenbrille. Glatze. Er ging vorbei.
    Ich setzte mich in Bewegung und näherte mich dem Eingang des Hauses. Schmutzige Klingelschilder. Krügers Name stand ziemlich weit unten.
    Möglichkeit Nummer eins: Ich konnte irgendwo klingeln und mich als Polizist ausgeben, auf die angeblichen Kollegen schimpfen, dass sie ihre Hausaufgaben mal wieder schlampig gemacht hatten und es an mir ganz allein hing, all die vielen Details über den in diesem Haus lebenden Hauptkommissar noch einmal abzufragen. In fünfundsiebzig Prozent der Fälle funktionierte das, und meistens wollten die Leute noch nicht mal einen vernünftigen Ausweis sehen. Ich konnte ihnen meine Detektivlizenz unter die Nase halten, und wenn sie dann merkten, dass da nichts von Polizei draufstand, behauptete ich einfach, ich arbeite für die Staatsanwaltschaft. Das war genau so ein Fall, den Andrea Dorau als Amtsanmaßung bezeichnet hatte.
    Möglichkeit Nummer zwei: Ich konnte versuchen, auf krummen Wegen in die Wohnung zu kommen, in der es vielleicht den ein oder anderen Hinweis gab. Wie Donner und Doria das nennen würde, konnte ich mir denken.
    Ich entschied mich für Möglichkeit zwei.
    Auf Höhe der halben Treppe, die an dem Klotz von Haus entlangführte, gab es Balkons und hin und wieder ein Fenster.
    Die Austritte, die nicht gerade eine malerische Aussicht verhießen, waren mit angeschmutzten grünen Planen verziert. An einigen Stellen häufte sich Sperrmüll.
    Ich versuchte, mir in Erinnerung zu rufen, wo Krügers Wohnung lag. Dann blickte ich mich um. Niemand zu sehen. Was hinter den Fenstern über mir los war, wusste ich nicht. Aber ich vertraute darauf, dass niemandem daran gelegen war, hinter der Scheibe zu stehen und diese Hinterhofromantik zu bewundern.
    Innerhalb weniger Sekunden war ich über das angerostete Geländer der Treppe geklettert, und über ein kleines Mäuerchen kam ich auf den ersten Balkon. Es schmerzte ein bisschen in den Armen, als ich einen Klimmzug hinlegte.
    Krüger hatte am letzten Tag seines Lebens wahrscheinlich auch darunter gelitten, dass seine Wohnung ihn abends mit Temperaturen erwartete wie ein vorgeheizter Backofen das Brathähnchen.
    Er hatte ein Fenster gekippt.
    Leichtsinnig - vor allem für einen Polizisten, der wissen musste, wie schnell es zu Einbrüchen kommt. Irrte ich mich oder hatte ich gelesen, dass es alle sieben Sekunden einen in Deutschland gab?
    Und die meisten fanden in der Mittagszeit statt.
    Während ich mit ein paar Handgriffen, die mir Manni beigebracht hatte, das Fenster aufhebelte, fiel mir ein, dass ich bei mir zu Hause denselben Fehler gemacht hatte. Und der Täter auf diese Weise wahrscheinlich meine Pistole in die Hände bekommen hatte.
    *
    Ich durchschritt schnell die kleine Wohnung. Heiße, stehende Luft in den Zimmern. Kein Doppelbett im Schlafzimmer. Ein brummender Fliegenschwarm erhob sich aus einem Eimer vor dem Küchenherd.
    Und es stank wie auf einer sommerlichen Müllkippe. Ich tippte auf vergammelnden Abfall und schloss schnell die Tür.
    Wonach sollte ich suchen? Auf den ersten Blick wirkte alles unauffällig. Normal.
    Aber nur auf den ersten.
    Ein paar Dinge machten mich stutzig. Zum Beispiel die Wohnungstür am Ende des kleinen Flurs. Das Licht aus den Fenstern der hinteren Zimmer drang hier kaum hin, deswegen erkannte ich es zuerst nicht richtig. Aber die Tür war eindeutig beschädigt worden. Jemand hatte die Klinke entfernt und hinter dem Loch ein Brett angebracht. Das sah nach sauberer Hausmeisterarbeit aus. Die Wohnungstür war jetzt gar nicht mehr zu öffnen.
    Krügers Wohnung gehörte offenbar zu den 0,6 Prozent von Wohnungen in Deutschland, die innerhalb weniger Tage zum Schauplatz von gleich zwei Einbrüchen wurden. Mit anderen Worten: Es war schon jemand hier gewesen. Wahrscheinlich nach Krügers Tod. Denn der Hauptkommissar hätte sicherlich kein Provisorium hingenommen, das ihm den Eingang zu seiner Wohnung verwehrte.
    Also ein Einbruch heute Nacht. Oder heute Morgen. Der Hausmeister oder sonst wer hatte es bemerkt. Man hatte reagiert.
    Danach musste aber die Kripo noch mal hier gewesen sein …
    Wahrscheinlich trug die Tür zusätzlich auf der anderen Seite ein amtliches Siegel, das die Leute daran hindern sollte, etwas an der Verrammelung zu ändern.
    Wie auch immer: In Häusern, in denen vor Kurzem ein Einbruch stattgefunden hat, ist man aufmerksam. Alte Einbrecherregel.
    Ich musste mich

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