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Neandermord

Neandermord

Titel: Neandermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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nieder.
    »Eine Frage hätte ich noch. Deshalb bin ich auch hier … Was haben Sie mit der Bemerkung gemeint, Frau Schroffbach habe das Grundstück nicht nur deshalb kaufen wollen, um darauf zu bauen?«
    »Das habe ich gesagt?«
    »Ja, das haben Sie. Und dann wurden Sie müde und wollten nicht mehr mit uns reden.«
    »Das machen diese Scheißmedikamente. Immer nach dem Essen ist man zu nichts mehr zu gebrauchen. Aber zwei Stunden später - hellwach. Und dann verbringt man die Nacht in dieser Bude und grübelt nach.«
    »Worüber?«
    Er bewegte den Schrumpfkopf leicht hin und her. Es war wohl ein Kopfschütteln. »Ach, Sie sind noch ein junger Mann. Sie und das Mädchen …«
    Ich musste grinsen. Das Mädchen war immerhin Mitte fünfzig.
    »… ich will Sie nicht mit den Problemen eines alten Sacks belasten.«
    »Aber Sie haben das doch nicht einfach so gesagt. Es ist wichtig! Ich muss wissen, was hinter dem Hotelbau steckt. Sagen Sie es mir. Auch wenn es noch so abwegig ist.«
    Ein paar Atemzüge lang schwieg er, und ich fühlte mich schutzlos seinem Blick ausgesetzt. Mir war klar, dass ich aus der Journalistenrolle gefallen war.
    »Auch wenn es Quatsch ist?«
    »Wie ich gesagt habe.«
    »Na gut.« Er hob einen Finger und deutete in die Höhe. »Sehen Sie die Bücher da oben auf dem Regal?«
    Ich nickte. Ich hatte sie schon das letzte Mal bemerkt.
    »Das ist alles, was mir noch geblieben ist.«
    Worauf wollte er hinaus? Ging es um eine kostbare Bibliothek? Lass ihn reden, ermahnte ich mich. Hab Geduld.
    »Das sind Bücher über das Neandertal. Meine Heimat, wenn Sie so wollen. Viele benutzen diesen Begriff ja gar nicht mehr -Heimat. Haben Sie die Fernsehserie ›Heimat‹ gesehen? Sie kam vor einigen Jahren … Da geht es um ein Dorf irgendwo im Rheinland. Nein, im Hunsrück, glaube ich …«
    Ich wurde ungeduldig. »Was ist mit dem Grundstück?«
    Rath ließ sich durch meine Nervosität nicht beirren.
    »Schon mein Vater hat sich mit dem Neandertal beschäftigt. Und sein Vater auch. Und das lag nicht nur daran, dass sie in diesem schönen Tal aufgewachsen sind und dort gelebt haben …«
    Rath schluckte kurz, bevor er weitersprach. »Sondern es lag daran, dass mein Urgroßvater bei dem berühmten Fund dabei war.«
    »Dem berühmten Fund?«
    »Mein Urgroßvater lebte von 1836 bis 1906. Mit zwanzig Jahren arbeitete er in dem Kalksteinbruch, wo 1856 der Neandertaler gefunden wurde.«
    Er sah mich überrascht an. »Sagen Sie bloß, Sie kennen die Geschichte nicht?«
    »Doch, doch. Natürlich.«
    »In unserer Familie hieß es immer, er sei derjenige gewesen, der darauf gedrängt hatte, die Knochen genau zu untersuchen. Die Arbeiter, die in der Lehmhöhle beschäftigt waren, hatten Angst, auf die Spuren eines Mordes oder so was gestoßen zu sein. Sie waren abergläubisch. Aber mein Urgroßvater, der hatte Köpfchen. Eigentlich hätte er studieren sollen. Aber das konnte niemand aus meiner Familie. Nur mein Sohn …«
    Ich versuchte, zu rechnen. Ein Urgroßvater, der 1836 geboren worden war? War das möglich? Versuchte Rath, mir einen Bären aufzubinden? Oder war er vielleicht doch im Kopf nicht mehr ganz klar?
    »Jedenfalls ging die Sache in die Familiengeschichte ein. Wenn auch mein Urgroßvater in keinem Geschichtsbuch vorkommt. 1862 kam mein Großvater zur Welt, 1891 mein Vater, und 1921 schließlich meine Wenigkeit. Mein Großvater kaufte das Stück Land, auf dem heute das Hotel entsteht. Und er hatte einen Traum.«
    Ich saß hier und hörte mir die Familiengeschichte eines Ureinwohners aus dem Neandertal an, während Jutta in Gefahr war. Nicht zu fassen. In einer Minute würde ich aufstehen und gehen!
    Rath schien nach Worten zu suchen. Sein Mund machte merkwürdige Bewegungen, als versuche er, etwas Großes zu verschlucken. Vielleicht sammelte er aber auch einfach nur Speichel.
    »Selbst einen Neandertaler zu finden«, krächzte er. Kaum hatte er ausgesprochen, erfüllte Musik den Raum. »Waterloo« von Abba. Mein Handy. Rath blickte mich erschrocken an.
    »Entschuldigung«, sagte ich, drückte den grünen Knopf und meldete mich.
    Die Stimme war die des Mörders und Juttas Entführers. Sie war knapp und klar, und mich durchfuhr seltsamerweise der Gedanke, ich sei wieder einem Trick aufgesessen und da wäre gar kein menschliches Wesen auf der anderen Seite, sondern nur ein Tonband oder eine andere Aufzeichnung, die einen einzigen Satz von sich gab: »Weitere Instruktionen in einer Stunde.«
    Nach diesen fünf

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