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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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sie, Charlie. Reden Sie mit ihr. Tun Sie mir den Gefallen und sorgen Sie dafür, dass sie sich amüsiert. Schwenken Sie sie mal kurz herum, ja?«
    »Alice, ich weiß nicht   –«
    Sie legte ihm die Hand aufs Knie. »Also wirklich, Charlie, spielen Sie jetzt nicht den Naiven. Wir wissen doch beide, wie das läuft, Männer unter sich, ganz egal, welchen Alters. Hältst du mir den Rücken frei, halt ich ihn dir frei.« Sie trank einen Schluck, stellte ihr Glas ab und griff zur Zigarette. »Darauf läuft es letzten Endes immer hinaus: Eine Hand wäscht die andere.«
    Rauch schwebte langsam an Resnicks Gesicht vorbei. Wenn er den Blick zur Seite wandte, konnte er Jack Skelton sehen, der locker an die Wand gelehnt Helen Siddons gegenüberstand, beider Köpfe im Gespräch einander zugeneigt. Noch während Resnick hinsah, senkte Skelton die Hand zu seiner Jackentasche und streifte dabei den nackten Arm der Kollegin.
    »Trinken Sie gar nichts, Charlie?« Alice Skelton hielt ihm die Flasche hin.
    Resnick wies mit einer Kopfbewegung zu seinem leeren Platz. »Ich habe da drüben etwas stehen.«
    »Enthaltsam auch noch. Enthaltsam und loyal. Kein Wunder, dass Jack Sie gern bei sich behalten möchte.« Sie kippte den letzten Rest des Weins aus der Flasche in ihr Glas.
    »Ich hole Ihnen noch eine.«
    Sie hatte die Hand von seinem Bein genommen, aber als er jetzt aufstehen wollte, senkte sie sie wieder auf seinen Oberschenkel. Resnick geriet ein wenig ins Schwitzen; genau wie zweifellos einige im Saal Skelton und Siddons beobachtete, gab es gewiss Leute, die sich für ihn und Skeltons Frau interessierten und sich ihren eigenen Reim darauf machten, was sie sahen.
    »Alice   –«
    »Sie müssen eins begreifen, Charlie, die Frau legt nicht nur ihn aufs Kreuz, sondern auch Sie.«
    »Alice, entschuldigen Sie   –« Er war aufgestanden, aber ihre Finger auf seinem Knie ließen nicht locker. Auf der anderen Seite des Tisches drängte sich Divine mit einer lachenden Kollegin aus der Computerzentrale vorbei und zwinkerte ihm zu.
    »Was brauchen Sie denn noch, Charlie?« Er musste sich zu ihr hinunterbeugen, um im Lärm rundherum ihre Worte verstehen zu können. Auf keinen Fall wollte er, dass sie noch lauter wurde, es womöglich herausschrie. »Reichen Ihnen die Beweise nicht? Müssen Sie die beiden erst auf frischer Tat ertappen? In Ihrem eigenen Bett vielleicht?«
    »Tut mir leid, Alice, ich muss gehen.«
    Er befreite sich von ihrer klammernden Hand und drängte sich zwischen Tischen und Stühlen hindurch hinaus, ließ Gelächter, getuschelte Versprechungen und achtlosen Verrat zurück.
     
    Lynn Kellogg trug ein königsblaues trägerloses Kleid, und ihr Haar war anders frisiert als sonst, so viel konnte Resnick sehen. Der Mann im Abendanzug, der zwischen ihnen an der umlagerten Bar stand, war sichtlich angetan. »Lassen Sie mich das übernehmen«, sagte er lächelnd, einen Zwanzigpfundschein in der Hand.
    »Nein, danke. Sehr nett von Ihnen«, entgegnete Lynn ablehnend.
    »Dann vielleicht später?«
    »Bitte?«
    »Dann darf ich Sie vielleicht später zu einem Drink einladen.«
    Mit einem kurzen Kopfschütteln wandte sie sich zum Gehen.
    Resnick sah sie zu Maureen Madden hinübergehen, die, in Jeans und dunklem Frack, wie eine Countrysängerin an ihrem freien Abend aussah und überhaupt nicht wie eine Polizeibeamtin, die die Vernehmungen von Opfern sexueller Delikte in der eigens dafür wohnlich und angenehm eingerichteten »Vergewaltigungssuite« leitete. Reg Cossall rief ihm vom anderen Ende der Bar mit lauter Stimme etwas zu und schwenkte sein leeres Glas.
    »Noch ein Glas für den Herrn, ich weiß nicht, was er trinkt«, sagte Resnick zum Barkeeper im weißen Jackett, »dazu ein großes Bells. Und für mich ein tschechisches Budweiser, wenn Sie haben.«
    Resnick schob sich weiter durchs Gewühl und hörte sich eine Zeitlang Cossalls Vorträge über Arbeitslosenzahlen, jugendliche Straftäter, überteuertes Importbier, Brian Clough und den gesellschaftlichen Nutzen der Kastration an. Ein halbes Dutzend junger Beamten stand, unentwegt trinkend, um ihn herum und sog seine Weisheiten auf. Resnick erinnerte sich noch gut daran, als er und Cossall sich so begierig wie sie bemüht hatten, es den älteren Kollegen nachzutun. Damals, als man mindestens einen Meter achtzig groß sein musste, um in den Polizeidienst aufgenommen zu werden, und ausschließlich Bass oder Worthington vom Fass trank. Zwanzig Jahre war das her.
    Als er genug

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