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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Phelan nannte ihnen den Namen eines kleinen Hotels in der Mansfield Road.
    »Sie dürfen ihm das nicht übel nehmen«, sagte Clarise unter Tränen. »Er ist völlig fertig.«
    Harry schob sie in den Korridor hinaus und knallte die Tür zu.
    Skelton und Resnick blieben sitzen, ohne einander anzusehen, und schwiegen. Skelton trank einen Schluck kalten Tee. Nach einer Weile sah Resnick auf seine Uhr. »Knapp zehn Stunden noch   …« Skelton zog eine Augenbraue hoch. »…   bis es achtundvierzig sind«, sagte Resnick.
     
    Divine und Naylor suchten Patrick McAllister gemeinsam auf. Er wohnte in Old Lenton, im Gebäude einer ehemaligen Spielautomatenfabrik, das in ein Mietshaus für aufstrebende Singles und junge Paare auf dem Sprung umgewandelt worden war. McAllister erwartete sie oben an der Treppe, Khaki-Chinos und künstlich ausgebleichtes Karohemd, herzhafter Händedruck und kumpelhaftes Lächeln. Er bat sie zuvorkommend herein.
    Während sie sich in der Wohnung umsahen, befragten sie ihn.
    Ja, sicher, sagte McAllister, er kenne Nancy Phelan. Habe sie gekannt. Sei des öfteren mit ihr aus gewesen, in Bars oder Discos, ein-, zweimal im Kino, ein paar Mal auch im Pub. Nette Frau, temperamentvoll, eine, die kein Blatt vor den Mund genommen habe. Das habe ihm an ihr gefallen. Frauen, die den ganzen Abend lang nur herumsaßen und nicht muh oder mäh sagten, könne er nicht ausstehen.
    An den Wänden im kleinen Wohnzimmer hingen Fotografien, die McAllister mit diversen jungen Frauen zeigten; weitere am Kühlschrank, von Magnetfrüchten, Himbeeren, Ananas und Bananen, gehalten. Divine nahm eines der Fotos ab und ging damit ans Licht.
    »Moment mal   …«
    »Sie haben doch nichts dagegen?«
    McAllister zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf.
    »Wo ist denn das?«, fragte Divine. McAllister saß irgendwo in einer Strandbar, offenes weißes Hemd über einerroten Badehose; neben ihm hob Nancy Phelan der Kamera lächelnd ein hohes Glas mit einem kühlen Getränk entgegen. Sie trug ein helles Bikinioberteil, zu eng geschnittene Shorts, war gertenschlank und braun gebrannt. Divine konnte verstehen, dass McAllister interessiert gewesen war.
    »Mallorca«, sagte McAllister.
    »Sie waren zusammen im Urlaub?«, fragte Naylor.
    »Wir haben uns dort kennengelernt. Sie war mit einer Freundin da.«
    »Dana Matthieson?«
    »Genau.«
    »Ein Urlaubsflirt also«, stellte Naylor fest.
    »So hat es angefangen, ja.«
    »Liebe auf den ersten Biss«, sagte Divine, während er eine Ecke der Fotografie wieder unter die Magnetbanane klemmte.
    »Bitte?«, fragte McAllister.
    »Nichts.«
    »Wie lange waren Sie beide zusammen?«, fragte Naylor. »Nachdem Sie wieder zu Hause waren.«
    »Ungefähr zwei Monate.«
    Sie sahen ihn an, warteten auf mehr.
    »Sie kennen das ja sicher.« Er zuckte mit den Schultern und vermied es, sie anzusehen. »Wie es eben so läuft.«
    »Sie hat Sie in die Wüste geschickt«, sagte Divine.
    »Von wegen.«
    »Hat sie nicht?«
    »Nein, hat sie nicht.«
    »Dann haben Sie
sie
in die Wüste geschickt.«
    »Nicht direkt.«
    »Was dann?« Divine hatte seinen Spaß.
    Durch eines der kleinen Fenster sah Naylor einen Mann, der sein Fahrrad an einem schmalen Stück Kanal entlangschob,und einen älteren Mann, der beim Angeln eingeschlafen zu sein schien.
    »Die Sache ist einfach im Sand verlaufen.« McAllisters Miene sagte, dass sie, als Männer von Welt, das doch verstehen müssten, so etwas kam schließlich ständig vor.
    »Ohne Grund?«
    »Also, ehrlich   …«
    »Ja?«
    »Ich verstehe nicht, was all diese   …«
    »Was all diese Fragen sollen?«
    »Richtig. Ich habe doch   …«
    »Was?«
    McAllister schien trotz der winterlichen Temperaturen draußen etwas warm zu werden, aber das Zimmer war ja auch klein. Er hatte die Hemdsärmel hochgeschlagen. »Ich habe es in den Nachrichten gesehen. Und ausgerechnet am Weihnachtsabend, das ist schwer zu glauben. Bei einer Frau wie ihr.« Er sah zuerst Naylor an, dann Divine. »Möchten Sie vielleicht – ich hätte gleich fragen sollen – möchten Sie eine Tasse Kaffee? Oder Tee?«
    »Wie meinen Sie das?«, erkundigte sich Naylor. »Bei einer Frau wie ihr.«
    McAllister ließ sich Zeit. »Man denkt doch immer – ich meine, es ist vielleicht nicht fair, aber irgendwie denkt man automatisch, dass sie vielleicht nicht besonders helle waren, ein bisschen naiv   … Verstehen Sie, was ich sagen will?«
    »Über wen sprechen wir?«, fragte Naylor.
    »Na ja, über diese Frauen

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