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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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eben, von denen man immer wieder liest, die entführt oder überfallen werden oder weiß der Himmel was. Die sich mit irgendeinem Typen verabreden, den sie nicht kennen und so.« Die Hände in den Hosentaschen, rollte er die Schultern. »Nancy hätte man nie zu irgendwas bewegen können, was sie nicht wollte.«
    Divine sah Kevin Naylor an und grinste.
    »Wo waren Sie am Weihnachtsabend?«, fragte Naylor, sein Heft gezückt.
    »Im ›Cookie Club‹.«
    »Da sind Sie sicher?«
    »Natürlich, bin ich   …«
    »Den ganzen Abend?«
    »Von – äh, warten Sie – halb elf, elf Uhr an.«
    »Und vorher?«
    »Erst war ich auf ein paar Drinks im ›Baltimore Exchange‹, dann habe ich im ›Old Orleans‹ noch was getrunken, Sie wissen doch selbst, wie das an Weihnachten so ist. Am Ende bin ich im ›Cookie‹ gelandet, kann nicht viel später als elf gewesen sein. Allerhöchstens halb zwölf.«
    »Und bis wann sind Sie geblieben?«
    »Eins, Viertel nach eins. Ich bin zu Fuß nach Hause gegangen. Am Taxistand war eine Riesenschlange, bestimmt hundert Leute.«
    »Haben Sie Zeugen?«, fragte Divine.
    »Zeugen?«
    »Jemand, der Ihre Aussage bestätigen kann. Der beschwören kann, dass Sie da waren, wo Sie sagen.«
    »Ja, da gibt’s sicher jemanden. Ich war nicht allein, falls Sie das meinen sollten. Ich war mit anderen zusammen, mit Freunden. Ja, natürlich.«
    »Sie können uns sicher die Namen nennen«, meinte Naylor. »Damit wir das überprüfen können.«
    McAllister hatte einen trockenen Mund und ihm begannen die Augen zu brennen; die verdammte Zentralheizung. »Ich verstehe ja, dass Sie nur Ihre Pflicht tun, aber   –«
    »Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«, schaltete Divine sich jetzt ein.
    »Nancy?« Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Wen denn sonst?«
    »Vor sechs Wochen ungefähr. Länger ist es bestimmt nicht her.«
    »Sie haben einen Abend miteinander verbracht?« Divine war nahe an ihn herangetreten, so nahe, dass er die betäubende Mischung aus Aftershave und Schweiß riechen konnte.
    »Nein.«
    Divine lächelte dünn und wartete.
    »Wir haben nur schnell etwas zusammen getrunken. Im ›Baltimore‹.«
    »Sind Sie öfter dort.«
    »Es ist in der Nähe.«
    Und überteuert, dachte Divine. Wenn man überhaupt jemanden findet, der einen bedient.
    »Danach habe ich sie nicht mehr gesehen«, erklärte McAllister. »Ich gebe Ihnen mein Wort.«
     
    »Und was meinst du?«, fragte Naylor.
    Sie gingen über die schmale Straße zum Wagen. Vor ihnen erhob sich das Krankenhaus, und Divine musste flüchtig an Lesley Bruton und ihr Angebot denken, ihm Dessous vorzuführen. Über einen Tag war das her, und sie hatten nichts Neues von Raju gehört, diesem armen Schwein, der immer noch auf der Intensivstation dahindämmerte.
    »Also?« Naylor stand an der Fahrertür.
    »Ganz klar«, sagte Divine. »Sie hat ihn in die Wüste geschickt.«

16
    Es gab Momente, das wusste Resnick genau, da legte man besser nicht Billy Holiday mit ›Our Love is Here to Stay‹ auf. Da war es wehleidig, um nicht zu sagen, dumm, ihrem unbeschwerten Mäandern durch ›They Can’t Take ThatAway From Me‹ zuzuhören, weil es sich anfühlte, als hätten sie das schon getan. Ganz okay war hingegen Ben Webster mit seinem wehklagenden ›Cotton Tail‹, von Oscar Peterson am Klavier begleitet, Jimmy Whitherspoon, wenn er beim Monterey Jazz Festival versichert ›Tain’t Nobody’s Business What I Do‹. Oder, was er jetzt auflegte, Barney Kessels ›To swing or not to swing‹ mit seinem in Kleinbuchstaben gehaltenen Titel und Wörterbuchdefinitionen auf dem Cover. Die Stücke, die er am meisten mochte, waren up-tempo, Georgie Auld am Tenorsaxophon, ›Moten Swing‹, ›Indiana‹.
    Mit Bud im Arm ging er die Treppe in die Küche hinunter und öffnete Dosen mit Katzenfutter, goss Milch ein, sah den Inhalt des Kühlschranks nach Zutaten für das Sandwich durch, das er sich später machen wollte. Es stimmte offenbar, dass Reg Cossall unbedingt ein drittes Mal aufs Standesamt wollte. Die Auserwählte war die Pflegedienstleiterin in einem Altenheim außerhalb der Stadt, noch hinter Long Eaton. Resnick war ihr zweimal begegnet, eine frische, immer lustige Person, die, so schien ihm, beinahe ständig gelacht hatte. »Vorbereitung aufs Rentenalter, Reg?«, hatte ein frecher Constable gefragt. Cossall hätte ihm am liebsten den Schwanz abgebissen.
    Während Resnick den Kaffee mahlte, versuchte er dahinterzukommen, was Frauen an Reg Cossall –

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