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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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schien glücklich zu sein mit ihm, glücklicher jedenfalls als mit den anderen. Als mit Eric zum Beispiel, der sie, wenn er sie nicht sonntags von einem Autozubehörladen zum anderen lotste, weil er dringend irgendwelche Teile für seinen Wagen brauchte, in die Hinterzimmer irgendwelcherPubs schleppte, wo sie sich Bands mit Namen wie ›Megabite Disaster‹ anhören musste. Oder mit diesem Spinner, diesem Guillery, der immer in Springerstiefeln und Wollpullis herumlief, die seine Mama ihm gestrickt hatte, und von Nancy verlangte, dass sie sich mit ihm und einem Riesenbecher Popcorn ins Kino setzte, möglichst in die erste Reihe, und Horrorfilme ansah. Einmal, hatte Nacy erzählt, nachdem sie zusammen geschlafen hatten – an sich schon ein Erlebnis der anderen Art, auch wenn sie nicht ins Detail ging   –, hatte sie Guillery seine Lieblingspassagen aus einem Werk namens ›Schnecken‹ vorlesen müssen, während er mit der großen Zehe die Innenseite ihres Oberschenkels streichelte.
    Aber sie alle waren besser als Mr Superschlau McAllister, der ihnen, ihr und Nancy, unglücklicherweise über den Weg gelaufen war, als sie unter dem Einfluss von zu viel Sonne und Campari gestanden hatten. Sie war zuerst tatsächlich selbst auf ihn abgefahren. Paul-Smith- T-Shirt und G Q-Abonnement – ein echter Yuppie, wenn er gewusst hätte, was das hieß. Ein Spatzenhirn und der Schwanz wahrscheinlich entsprechend, auch wenn sie Nancy nie danach gefragt hatte.
    Ein Paar Kanadagänse flatterte am gegenüberliegenden Seeufer auf, zog träge einen Kreis über den Bäumen und landete nicht weit von ihr wieder auf dem eiskalten Wasser. Hatte sie nicht irgendwo gelesen, dass sie nicht mehr migrierten und in irgendeinem Londoner Park städtische Arbeiter bei Morgengrauen loszogen, um sie abzuschießen? Sie wusste nicht mehr, ob das wahr war oder warum es so war.
    Ebenso wenig wusste sie, warum Nancy, die gescheit war, eindeutig gut aussah und bestimmt nicht an mangelndem Selbstbewusstsein litt, es nicht schaffte, einen Mann zu finden, der ihr ebenbürtig war. Wenn man das Alter erreicht hatte, in dem sie selbst jetzt war, konnte man immer sagen,die passenden Männer seien alle schon vergeben oder aber schwul; aber Nancy war noch nicht einmal dreißig und schlitterte trotzdem von einer Katastrophe in die nächste.
    Seine Angewohnheit, die Bergstiefel falsch zu schnüren, war vielleicht das einzige Außergewöhnliche an Robin Hidden, und das hatte ihn so attraktiv für Nancy gemacht. Hatte sie daran gedacht, eine Familie zu gründen, und beschlossen, anstatt der Taube auf dem Dach nachzujagen, lieber den Spatz in der Hand zu nehmen? Von nun an mit einem stinknormalen Langweiler Kinder in die Welt zu setzen und die Bergwelt Nordenglands zu erforschen?
     
    »Es ist also etwas Ernstes, Robin? Zwischen Ihnen beiden, Sie wissen schon.«
    »Ich – ich verstehe nicht ganz.«
    »Nicht nur Spielerei?«
    »Nein.«
    »Wahre Liebe?«
    Robin Hidden wurde rot. In seiner Tasse war noch ein Rest kalter Tee, und er trank ihn hastig aus. »Ich liebe sie, ja.«
    »Und liebt sie Sie auch?«, fragte Resnick.
    »Ich weiß nicht. Ich denke schon. Aber ich weiß es nicht. Ich glaube, sie weiß es selbst nicht.«
    »Würden Sie sagen, dass zwischen Ihnen eine enge Beziehung besteht?«
    »Oh, ja.«
    »Eng genug für einen gemeinsamen Urlaub, zum Beispiel?«
    »Ja, doch. Ganz sicher. Wir waren zusammen   –«
    »Aber nicht am Weihnachtstag?«
    »Bitte?«
    »Sie hatten nicht geplant, den Weihnachtstag zusammen zu verbringen?«
    »Nein, ich wollte – da fahre ich gewöhnlich zu meinen Eltern, sie leben in Glossop, und Nancy wollte bei D-Dana bleiben. D-damit sie nicht ganz allein ist.«
    »Und Sie sind dann von Glossop aus in den Lake District hinaufgefahren?«, fragte Millington. »Am ersten Weihnachtsfeiertag?«
    »In aller Frühe, ja.«
    »Und wann sind Sie zu Ihren Eltern gefahren? Am Weihnachtsabend?«
    »Nein.«
    »Nicht am Weihnachtsabend?«
    Robin Hidden schluckte. »Am e-ersten F-Feiertag .«
    »Am Weihnachtsabend waren Sie also hier?« Resnick beugte sich ein wenig vor, nicht zu weit. »Hier, in der Stadt?«
    »Ja.«
    »Das ist doch eigentlich merkwürdig«, bemerkte Millington, und es klang beinahe wie ein spontaner Einwurf, »dass Sie und Nancy sich am Weihnachtsabend nicht gesehen haben? Zumal Sie doch wussten, dass sie den ersten Feiertag getrennt verbringen würden. Ich meine, wo Sie einander so nahe stehen.«
    Schweiß rann Robin in die Augen, und

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