Nebel ueber Oxford
Labor Beschäftigten bekommen – zusätzlich zu Schmierereien auf Wänden und Garagentüren, Exkrementen im Briefkasten und ähnlichen Dingen.«
»Wie bitte?«
»Aber ausgerechnet Kerri hat es am schlimmsten getroffen.«
»Wieso?«
»Sie bekam eine Briefbombe geschickt.«
»Mein Gott! Ist sie verletzt?«
»Als sie den Umschlag öffnete, kam ihr ein Verdacht, und sie warf ihn in eine Zimmerecke. Die Bombe versengte ihre Bettdecke und hinterließ Schmauchspuren auf den Wänden, aber Kerri wurde glücklicherweise nicht ernsthaft verletzt. Doch nach der Explosion im Labor stand sie ohnehin schon unter Schock, und jetzt ist sie so nervös, dass sie es kaum noch wagt, das Haus zu verlassen. Einer ihrer Mitbewohner muss ihre Post für sie öffnen.«
»Du hast das Mädchen gern, nicht wahr? Ihr seid euch sehr nah.«
»Sie hat das gleiche Stipendium wie ich. Kerri ist ausgesprochen klug, allerdings hat sie kaum Selbstbewusstsein. Und ja, sie ist meine Freundin.«
Es war genau, wie Emma gesagt hatte: Kerri war intelligent, aber sehr verletzlich. »Ich verstehe, dass du dir Sorgen um sie machst.« Kate nickte. »Du selbst scheinst recht gefasst zu sein, aber diese Situation ist wirklich schrecklich. Kann die Polizei diesen Leuten denn keinen Riegel vorschieben?«
Sam zuckte die Schultern. »Wie schon gesagt, ich mache mir hauptsächlich Gedanken um Kerri, vor allem, weil ich einige Zeit nicht hier sein werde. Dann ist sie wieder ganz allein.«
»Ich nehme doch an, dass sie wegen der Briefbombe Anzeige erstattet hat.«
»Die Polizei sagt, dass es ein recht amateurhafter Versuch gewesen ist. Sie hätte allerdings Verletzungen an Gesicht und Händen davontragen können, wenn sie die Bombe nicht rechtzeitig fortgeworfen hätte – Verletzungen, die sie ihr Leben lang entstellt hätten.«
»Und im Labor seid ihr jetzt ständig auf der Hut?«
»Meinst du nach dem Sprengstoffanschlag? Auch der gilt nur als kleiner Zwischenfall. Nach zwei Tagen konnten wir schon wieder arbeiten. Im Augenblick werden die Sicherheitsvorkehrungen extrem ernst genommen: Wir müssen ständig unsere Dienstausweise bei uns tragen, sonst werden wir gar nicht erst hineingelassen. Sämtliche Innentüren sind mit Zahlenkombinationen gesichert. Glücklicherweise scheinen die Bombenleger alles andere als professionell gewesen zu sein.«
»Du nimmst die Angelegenheit aber leicht.«
»Ich halte nichts von Panikmache. Außerdem will ich Kerri nicht noch mehr verunsichern. Einer von uns muss ruhig bleiben, und das bin nun mal ich.«
»Ich frage mich, warum man es ausgerechnet auf euer Labor abgesehen hat. Alle anderen haben keine Probleme, nicht wahr? Und eure Forschungsgruppe steht doch, soviel ich weiß, nicht einmal im Fokus der Öffentlichkeit.«
»Ich bin sicher, eines Tages werden wir berühmt«, erklärte Sam loyal. »Aber ich habe keine Ahnung, warum ausgerechnet wir ausgewählt wurden. Vielleicht ist es einfach nur Pech.«
»Schon möglich. Aber du hast Anrufe und Graffiti erwähnt. Wie haben diese Leute herausgefunden, wo ihr wohnt? Ich nehme doch nicht an, dass die Fakultät jedem Anrufer so einfach die persönlichen Daten der Mitarbeiter gibt.«
»So schwierig dürften die Adressen nicht zu finden sein. Mein Vater steht zum Beispiel im Telefonbuch.«
»Aber Kerri sicher nicht. Sie lebt in einer Wohngemeinschaft.«
»Da hast du auch wieder recht.« Sam runzelte die Stirn. »Beunruhigend! Sie haben sich wirklich Mühe gemacht, uns zu finden.«
»Was sagt denn Emma zu diesen Anrufen?«
»Ich habe ihr vorgeschlagen, dass wir unsere Nummer aus dem Telefonbuch streichen lassen, doch das war ihr nicht recht. Nachhaken will ich aber nicht, um sie nicht unnötig zu verunsichern. Sie soll keinesfalls so nervös werden wie Kerri.«
»Ich glaube eigentlich nicht, dass Emma leicht zu verunsichern ist.«
»Das nicht, aber sie würde verrückt werden, wenn jemand ein weiteres Kind von ihr bedroht. Die Aktivisten könnten schnell herausfinden, dass sie mich am ehesten treffen, indem sie meine Familie unter Druck setzen.«
Kate stellte sich vor, wie ein interessant aussehendes Päckchen durch den Briefschlitz der Dolbys geschoben wurde und einer von Sams Geschwistern hinlief, um es zu begutachten.
»So weit darf es nicht kommen«, sagte sie.
»Keinesfalls. Aber von einer Schließung des Labors abgesehen, fällt mir keine andere Sicherheitsvorkehrung ein.«
»Gibt es irgendetwas, was ich für dich tun kann?«, fragte Kate, obwohl ihr klar war,
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