Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nebelflut (German Edition)

Nebelflut (German Edition)

Titel: Nebelflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine d’Arachart
Vom Netzwerk:
McCarthy, beweg dich. Sehen wir uns um. Aber sei vorsichtig.«
    Brady entschied sich dafür, erst einmal das Haupthaus zu umrunden. Da es zur rechten Seite von der Weide begrenzt wurde, steuerte er einen kleinen Durchgang zwischen Nebengebäude und Scheune an.
    »Riechst du das?«, fragte Sean.
    Brady nickte. Ihm waren der Torfgeruch und die saure Luft sofort aufgefallen. »Irgendwo hier muss ein Moor sein.«
    »Das meine ich nicht. Es riecht süßlich, irgendwie vermodert.«
    »Das sind nur die Meadowsweets.« Er zeigte auf eine Ansammlung von weißen Blüten, die vor ihnen am Ende des Durchganges standen. Sie waren fast verwelkt, ließen die Blätter unter den schweren Regentropfen hängen. »Meine Schwester hat ein Faible für dieses Unkraut«, fügte er hinzu, als ihm Seans zweifelnder Blick begegnete.
    »Dachte schon, du hast irgendwelche seltsamen Vorlieben.« Sean quetschte sich an Brady vorbei und übernahm die Führung, bis sie auf einer schlammigen Wiese auskamen.
    »Vorsicht!« Sean hielt Brady am Arm zurück, als dieser hinter ihm zwischen den Gebäuden hertrat.
    Brady blieb stehen. Das Gras vor ihm ging in Schilf über, um schließlich in einem Moor zu enden, groß genug, um darin zu versinken und für immer zu verschwinden. Er wich einen Schritt zurück. Seit seiner Kindheit hatte er großen Respekt vor Sumpfgebieten. Sein Großvater hatte ihm einen ganzen Berg an Mythen und Legenden von Menschen erzählt, die im Schlamm versanken und dann als Spukgestalten zurückkehrten, und so hatte das Moor für ihn schon immer etwas Unheimliches, Unberechenbares an sich gehabt. Er hatte wenig Lust, als ledrige Moorleiche zu enden.
    »Wer baut sein Haus so nah an einem Feuchtgebiet?« Brady zwang sich zur Ruhe und begutachtete das Gewässer genauer. Es sah eigentlich recht friedlich aus. Wie ein märchenhafter, schilfumwachsener See, teilweise trocken gelegt für den Torfabbau. Nach links erstreckte sich der Sumpf bis zu einem kleinen Waldstück, nach rechts wurde es von der Schafweide begrenzt. Brady drehte sich um sich selbst und betrachtete die Rückseiten des Haupthauses und des Nebengebäudes, die ebenfalls von Weide und Wald eingerahmt wurden. Auch von hier wirkte alles verlassen. Nirgends brannte Licht, kein Fenster war geöffnet und er hörte weder Stimmen noch einen Fernseher. Nur hin und wieder drang ein leises Blöken an sein Ohr.
    »Lass uns da mal nachsehen.« Sean steuerte einen Geräteschuppen an, der Brady zuvor gar nicht aufgefallen war. Er befand sich neben der Weide und die Tür stand offen.
    »Hallo? Ist da jemand?«, machte Brady auf seinen Partner und sich aufmerksam. »Hallo?«
    Als keine Reaktion kam, verlangsamten sie ihre Schritte und schlichen die letzten Meter an den Schuppen heran. Ein leises Knirschen drang daraus hervor. Ein Knirschen und ein Summen und–
    »Heilige Scheiße, riechst du das?« Sean prallte zurück und auch Brady wandte sich ab und hielt sich die Nase zu. »Und du willst mir weismachen, dass das nur die verfluchten Blumen sind?«
    Brady kämpfte einen Brechreiz nieder und atmete tief durch, doch die modrige Torfluft machte es kaum besser. »… was ist das?«
    »Irgendwas verwest da drinnen.« Sean beäugte den Schuppen misstrauisch.
    »Ein Schaf?«
    »Ein Schaf?«, fragte Sean, als zweifle er ernsthaft an Bradys Verstand. »Was sucht denn ein Schaf im Geräteschuppen?«
    »Keine Ahnung«, gab Brady zu, dann zog er sich seinen Pullover über Mund und Nase. »Ich geh nachsehen.«
    »Bitte, nur zu.«
    Brady wappnete sich innerlich gegen das, was ihn im Schuppen erwarten mochte. Ein vermodertes Tier, Eingeweide, im schlimmsten Fall ein toter Mensch. Dann hielt er die Luft an und betrat das windschiefe Gebäude.
    Für einen Moment war Brady in völlige Schwärze gehüllt. Das Summen und Surren wurde irreal laut und irgendetwas setzte sich auf seine Stirn. Brady schlug mit der Hand nach dem Insekt und geriet ins Wanken. Erschrocken schnappte er nach Luft. Der Gestank verschlug ihm sofort den Atem. Brady würgte und presste beide Hände gegen seinen Mund, wandte den Kopf ab und blinzelte einen Tränenschleier weg. Dann hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Durch die Holzritzen fiel graues Tageslicht und er konnte die Silhouette eines Menschen zu seinen Füßen erkennen. Eine wabernde Masse aus Insekten und Blut.
    »Verflucht!« Brady stürmte nach draußen und übergab sich.
    »So schön?« Sean klopfte ihm auf den Rücken. »Durchatmen. Jetzt bist du ja

Weitere Kostenlose Bücher