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Nebelflut (German Edition)

Nebelflut (German Edition)

Titel: Nebelflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine d’Arachart
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draußen.«
    Brady wischte sich über den Mund und warf einen unheilvollen Blick zurück zum Schuppen.
    »Mann oder Frau?«
    »Keine Ahnung.«
    Sean runzelte die Stirn.
    »Echt nicht.« Brady richtete sich auf. »Das Gesicht ist ein einziger … Brei .«
    »Gut, überlassen wir das der Spurensicherung.« Sean nahm Brady am Arm und führte ihn vorsichtig am Rand des Moores entlang vom Schuppen weg. »Geht es wieder? Oder willst du dich hinsetzen?«
    »Nein.« Er fühlte sich immer noch flau, aber er würde sich sicher nicht die Blöße geben und jetzt um eine Pause bitten. »Es geht schon wieder.«
    »Ich ruf die Kollegen.« Sean zückte sein Handy.
    Brady sagte nichts. Er ging ein paar Schritte auf das Wäldchen zu und atmete. Atmete tief ein und aus, um seine Lungen vom klebrigen Verwesungsgeruch zu befreien. Er konzentrierte sich voll und ganz auf das Tannengrün vor sich und versuchte, das Gesicht des Leichnams zu vergessen. Hinter sich hörte er Seans Stimme, vor ihm sprangen Vögel durchs Dickicht und zwitscherten zaghaft. Brady ging langsam weiter, darauf bedacht, dem Sumpf nicht zu nahe zu kommen. Etwas zwischen den Tannen hatte seine Aufmerksamkeit geweckt. Etwas Hölzernes, das nicht in den Wald gehörte. Brady kniff die Brauen zusammen, um besser sehen zu können. Dann erkannte er es: Am Waldrand war ein Kreuz aufgestellt worden.
    »Sean!«
    Er hörte, wie sich sein Partner in Bewegung setzte. »Was ist denn jetzt schon wieder?«
    Brady antwortete nicht. Stattdessen wies er auf das Kreuz, das im Waldboden steckte. ALBIA war in das Holz gebrannt worden. Mehr nicht.
    »… du hast ein Grab gefunden, gratuliere.«
    »Ich war nicht scharf drauf.« Brady fuhr die Schrift mit dem Finger nach. »Ziemlich ungleichmäßig. Sieht selbst gemacht aus.«
    Seans Antwort bestand lediglich aus einem unverständlichen Brummen. Er betrachtete das Kreuz, als würde es ihm freiwillig alle Antworten auf seine Fragen geben, wenn er es nur lange genug in Grund und Boden starrte.
    »Was ist das hier für ein Mörderhaus?« Brady stand auf und drehte sich einmal um sich selbst. Er wusste, warum ihm die Menschen außerhalb der Dubliner Innenstadt nicht geheuer waren.
    »Vielleicht haben wir es im Schuppen mit einem natürlichen Tod zu tun und hier liegt ein Haustier begraben. Mach dir nicht gleich ins Hemd.« Sean beendete seine erfolglose Hypnose und ging in die Hocke, um das eigentümliche Grab aus der Nähe zu betrachten.
    »Das war kein natürlicher Tod.« Das Gesicht der Leiche flammte vor Bradys innerem Auge auf und er wandte sich wieder dem Wald zu, dem beruhigenden Säuseln des Windes, den Vögeln, den knackenden Ästen. Gerade, als der grausige Anblick zu verblassen begann, huschte etwas vor ihm durch den Wald und ließ ihn zusammenfahren. Er blickte genauer hin und erkannte eine dunkel gekleidete Gestalt, die geschickt wie ein Hase zwischen den Bäumen her rannte.
    »Na warte.«
    Brady spurtete los und drang in den Wald ein. Schlagartig wurde es finster und er hatte alle Mühe, den Mann nicht aus den Augen zu verlieren.
    »McCarthy, was wird das?«, hörte er Sean hinter sich schreien. Doch er hatte keine Zeit für Erklärungen.
    »Bleiben Sie stehen! Polizei!«
    Anstatt seinem Befehl Folge zu leisten, beschleunigte der Flüchtende sein Tempo und lief nun in einem komisch anmutenden Zickzack auf eine Böschung zu. Brady rannte ebenfalls schneller. Ein Glück, dass die Polizeiakademie noch nicht lange hinter ihm lag und er gut in Form war. Es war ihm ein Leichtes, den Abstand zwischen sich und dem Flüchtenden zu verringern. Nur noch wenige Meter trennten sie voneinander und Brady konnte bereits Einzelheiten erkennen. Es handelte sich um einen jungen Mann, dessen Kondition für Bradys Geschmack viel zu gut war. Er war schlicht gekleidet, eine Kapuze schützte ihn vor dem Regen oder diente ihm als Tarnung. Seine Füße steckten in schweren Stiefeln, die ihm auf dem weichen Waldboden sicheren Halt boten.
    Brady selber trug Turnschuhe und hatte deshalb alle Mühe, nicht im Morast auszurutschen. Zu allem Übel änderte der Flüchtige in diesem Moment seine Richtung und lief in einem scharfen Bogen an der Böschung vorbei, die er zuvor so zielstrebig angesteuert hatte. Brady versuchte zu bremsen und kam ins Schlittern. Ein dicker Ast schlug ihm vor die Schulter und ließ ihn straucheln. Ein zweiter verkantete sich zwischen seinen Knien und brachte ihn zu Fall. Sein Kopf schlug auf dem Boden auf und für den Bruchteil einer

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