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Nebelflut (German Edition)

Nebelflut (German Edition)

Titel: Nebelflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine d’Arachart
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kann Sie nicht einfach in den neusten Ermittlungsstand einweihen!« »Sie haben es doch selbst gesehen: Wenn Sie es nicht tun, tut es irgendjemand anders.«
    Brady dachte nach. Im Kopf ging er die Menschen durch, die als Presseinformant in Frage kamen. Sean fiel sofort weg. Bevor der freiwillig ein Wort mit jemandem wechselte, würde er sich lieber den Kopf abhacken. Wen gab es noch? Lacey, Finn Fallon und gefühlte dreitausend Streifenbeamte. Das Spurensicherungsteam, den Tatortfotografen, die Gerichtsmediziner. Es könnte jeder gewesen sein. Vielleicht sogar Ian Sullivan, ihr Chef persönlich, dem sie gestern Abend noch einen Bericht über die bisherigen Ermittlungen vorgelegt hatten.
    »Sind Sie noch dran, Detective?«
    »Ja.« Er atmete durch. »Übers Wochenende wird es keine neuen Erkenntnisse geben. Keinen Obduktionsbericht und auch sonst nichts Bedeutendes. Schaffen Sie es, mit dem was Sie haben über die nächsten Tage zu kommen?«
    »Theoretisch ja. Ein paar Anwohnerinterviews, die Stellungnahme eines Psychologen zum Thema … Ich denke, damit lassen sich die Wochenend-Schlagzeilen füllen.«
    »Gut, dann hören Sie von mir, sobald es etwas Neues gibt, einverstanden?«
    »Lassen Sie mich nicht zu lange warten.«
    »Ich warne Sie, Chloe, steht auch nur ein Wort zu viel in den Berichten …«
    »Ich bin eine Frau, die zu ihrem Wort steht. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte wirklich. Ich habe zu tun.« Chloe legte auf.
    Brady blickte einen Augenblick lang verdutzt auf das Telefon, dann löste er sich von der Wand und ließ Karte und Handy wieder in seine Jackentasche gleiten. Gleich würden Sean und er sich im Büro treffen und weiter die Straftäterdatei durchsehen. Danach waren die Vermisstenakten dran und Brady wollte gar nicht darüber nachdenken, welch einschläfernde Arbeit im Anschluss auf ihn wartete.

-17-
    Während Dublin tags von Zeit zu Zeit in einen Dornröschenschlaf zu fallen schien, begann es nach Sonnenuntergang zu pulsieren. Manche sagten, die Stadt lebe eben nachts und alles, was man tun könne, sei sich daran zu gewöhnen. Oder aber man zog nach Malahide. Dort waren die Abende gediegen, fast andächtig vor dem ständig rauschenden Meereshintergrund. Deshalb war es für Patrick, seit er in Malahide lebte, jedes Mal befremdlich, abends in die City zu kommen.
    Er hatte Grace erzählt, dass er in der Praxis noch Papierkram erledigen musste und sie war ein bisschen beleidigt gewesen, dass er das ausgerechnet am Samstagabend tat. Er verstand sie, doch er hielt es einfach nicht länger aus. Seit die beiden Polizisten ihn wegen dieser Visitenkarte befragt hatten, spukte ihm die Angelegenheit im Kopf herum und mit Grace darüber zu sprechen, hatte ihm nicht wirklich geholfen. Zwar versuchte sie ganz offensichtlich, die Ruhe zu bewahren, aber ihre Nervosität blickte immer wieder durch und machte ihn selbst nur noch nervöser. Er hatte keine Erklärung, wie seine Karte auf diese gottverlassene Farm gelangt war. Die ganze Zeit über drehten sich seine Gedanken um diese Frage. Seit er Freitagnachmittag die Praxis geschlossen hatte und es keinerlei Ablenkung mehr gab, war es umso schlimmer. Er musste dringend den Kopf frei kriegen und ihm war klar, dass es nur einen Weg gab, dies zu tun. Über die Weihnachtstage war er völlig abstinent gewesen und jetzt schrie alles in ihm nach Erleichterung.
    Er war auf dem Weg zum Dolphin House, das – obwohl es der Name vermuten ließ – kein einzelnes Gebäude war, sondern eine lang gezogene Ansammlung aus Kastenbauten im Süden der Innenstadt. Dolphin’s Barn, der Stadtteil in dem die Siedlung lag, gehörte zu den schäbigeren Gegenden Dublins, doch Patrick gefiel es hier. Sämtliche Bauten waren großzügig angelegt, die Straßen waren breit und von Grünflächen gesäumt. Selbst wenn Menschen unterwegs waren, wirkte Dolphin’s Barn leer und vielleicht gerade deswegen hyperreal, wie ein konsequentes modernes Gemälde.
    Patrick parkte den Wagen am Straßenrand, schloss ihn ab und betete, dass Graces unauffälliger Chevy hier weniger Aufsehen erregte als sein anderes, unauffälliges Auto in Glencullen. Er sah auf die Uhr. Jerzy und er hatten sich für halb sieben verabredet, doch es war gerade mal sechs. Patrick wusste, dass der Pole ihn keine Minute früher als vereinbart hereinlassen würde. Er beschloss, die Zeit sinnvoll zu nutzen, stieg aus dem Wagen und ging zu Fuß zum einzigen Supermarkt in der Gegend, einem Discounter, gut fünfhundert Meter die

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