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Nebelflut (German Edition)

Nebelflut (German Edition)

Titel: Nebelflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine d’Arachart
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Cork Street runter.
    Als er zurück zum Wagen kam, hatte es zu regnen begonnen und die Zeitung, die er gekauft hatte, war völlig durchgeweicht. Er setzte sich wieder ins Auto und sah sich die von Regentropfen gesprenkelte Schlagzeile an.
    ‚BRUTALER MORD ERSCHÜTTERT BRITTAS‘, prangte in dicken, schwarzen Lettern über einem Foto der Farm, die er bereits von seinem Verhör kannte. Der zugehörige Artikel war so reißerisch, wie man es von der Irish Sun erwartete. Der Mann, dessen Foto ihm die Ermittler gezeigt hatten, war laut der Sun tatsächlich gefoltert worden. Patrick wunderte sich über die Detailliertheit des Artikels, der fast wie eine Vorlage für Nachahmungstäter wirkte. Dem Opfer waren Schnittwunden im Gesicht und am Körper zugefügt worden, dazu zahllose Knochenbrüche. Zudem sollten ihm die Füße mit einem Hammer zertrümmert worden sein. ‚Möglicherweise handelt es sich dabei um ein Ritual. Der Beginn einer schaurigen Mordserie?‘, endete der Artikel.
    Wenn Amy auf dieser Farm gewesen war, hatte der Kerl sie in seiner Gewalt gehabt und verdiente vieles, aber keinen mitleidigen Zeitungsartikel. Patrick spürte eine diffuse Wut in sich aufsteigen und es fiel ihm schwer, sich zu kontrollieren. Doch wenn er bei Jerzy auftauchte, musste er zumindest nach außen hin die Ruhe selbst sein. Er knüllte die Zeitung zusammen, warf sie achtlos in den Fußraum und konzentrierte sich ganz darauf, nicht an die letzten Tage zu denken. Nicht an Amys Sachen, nicht an den gestohlenen Wagen und schon gar nicht an die Verdächtigungen durch die beiden Detectives. All das würde ihn noch genug beschäftigen. Aber nach seinem Besuch bei dem Polen würde es einfacher sein.

-18-
    Patrick blieb vor dem offenen Zugang zum Dolphin House Nummer Fünf stehen, holte sein Handy aus der Hosentasche und ließ zweimal klingeln. Dann steckte er sich eine Zigarette an, um den Rest der Nervosität niederzukämpfen. Während er rauchte hörte er, wie ein paar Stockwerke über ihm ein Fenster geöffnet wurde und widerstand der Versuchung, hinauf zu spähen. Er wusste, dass Jerzy jedes Mal kontrollierte, wer vor der Tür stand. Als würde ihm das im Ernstfall etwas nützen. Die Garda war zwar nicht das NYPD und wurde oft verlacht, weil die Streifenbeamten nicht einmal Schusswaffen trugen, doch so blöd, hier in Uniform aufzutauchen, waren sie sicher auch nicht.
    Das Fenster wurde geschlossen. Patrick nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette. Dann ließ er sie zu Boden fallen und trat sie aus.
    Ein paar weitere Sekunden vergingen, bis schließlich sein eigenes Handy klingelte. Weil es keine Haustür gab, signalisierte ihm Jerzy so, dass er eintreten durfte.
    Patrick betrat den Flur und musste, wie jedes Mal, wenn er nach längerer Zeit herkam, erst einmal mit dem Geruch zurechtkommen, einem fettigen, säuerlichen Dunst, der schwer zu beschreiben war. Es war dämmrig und Rauchschwaden durchzogen die Luft. Manchmal, wenn er zu Hause oder in der Praxis war und es besonders schlimm wurde, überrollte ihn dieser Geruch wie eine Welle, so dick und zudringlich als befände er sich wirklich in diesem Hausflur. Manchmal wurde ihm übel davon, manchmal wurde er auf seltsame Weise hungrig und durstig zugleich; eine Gier, die sich im Magen zuerst bemerkbar machte, dann in der Kehle, die seine Eingeweide zusammenzog und ihn dazu brachte, ein ums andere Mal hier aufzutauchen, allen guten Vorsätzen zum Trotz.
    Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, stieg er die Treppen hinauf. Die Tür zu Jerzys Wohnung im vierten Stock war geschlossen und wurde erst einen Spalt weit geöffnet, als er den oberen Treppenabsatz erreichte. Über eine Sicherheitskette hinweg sah ihm Jerzy aus geröteten Augen entgegen. Er war jung. Jünger als Patrick, doch seine Züge waren verhärtet und seine Haut war fahl. Patrick wusste nicht viel über ihn und das wollte er auch gar nicht. Jerzy war für ihn ein Mittel zum Zweck und er war dasselbe für Jerzy. So einfach war das.
    »Du warst ’ne Weile nicht hier.« Jerzy zog die Nase hoch und musterte Patrick von oben bis unten.
    »Ich hatte keinen Bedarf.« Er blieb vor der Tür stehen und wartete darauf, dass Jerzy seinen Verfolgungswahn in den Griff bekam. Er wusste, wie man sich in solchen Situationen am besten verhielt. Zurückgenommen. Aufrichtig. Harmlos. Zumindest erstmal.
    Jerzy blickte an Patrick vorbei, als erwarte er dort den wie auch immer gearteten Feind, der mit einem Rammbock bewaffnet aus dem Nichts auf seine

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