Nebelfront - Hinterm Deich Krimi
sein Gesicht. »Die Jungs meinten, sie wäre die Chefin vom Heim
St. Josef. Josefa hieß sie. Da haben alle drüber gelacht.«
»Und der Zuname?«
»Wetterstein?« Er trommelte mit den Fingerspitzen auf der
Sessellehne. Plötzlich hellte sich sein Gesichtsausdruck auf. »Ich glaube, sie
hieß Wendelstein.«
»Sie sind selbstständig«, mischte sich Große Jäger ein.
»Ja. Allerdings meistens als Einmannbetrieb. Wenn es sich um größere
Aufträge handelt, kooperiere ich mit einem Kollegen, der zwei Mitarbeiter hat.«
»Welcher Art sind Ihre Aufträge?«
Szymanik blies die Wangen auf. »Puuh! Unterschiedlich.«
»Ist es beleidigend, wenn ich sage, Sie sind der Nachfolger des
guten alten Klempners?«
Jetzt lachte er. »Nein. Da liegen Sie richtig.«
»Gas – Wasser – Sanitär. Wo liegt Ihr Schwerpunkt?«
»Eindeutig im Sanitärbereich. Gas mache ich so gut wie gar nicht.«
»Vom lukrativen Neubau bis zur Reparatur … Das ist Ihre Welt.«
»Jaaa. Aber ich verstehe nicht? Warum interessiert Sie das?«
»Ach«, wiegelte Große Jäger ab. »Als Kind hat mich alles
Handwerkliche interessiert. Stattdessen bin ich Polizist geworden und hocke den
ganzen Tag am Schreibtisch im Büro. Nur Akten wälzen. In diesem Punkt beneide
ich Sie.«
»Ich übe meinen Beruf gern aus.«
»Obwohl …« Der Oberkommissar zog die Stirn kraus. »So eine
verstopfte Toilette … Das macht sicher keinen Spaß.«
»Es gibt Arbeiten, die mehr Vergnügen bereiten. Das ist richtig.
Aber das gehört dazu.«
»Machen das nicht Spezialfirmen, die man ruft, wenn die Toilette
überläuft?«
»Da tummeln sich viele auf dem Markt. Davon sind eine ganze Reihe
unseriös. Nicht alle. Und den nächsten Klempner anzurufen fällt den wenigsten
Leuten ein.«
»Bekommt man das immer mit Unterdruck oder dem Einsatz der Spirale
gelöst?«, erkundigte sich Große Jäger neugierig.
»Unterschiedlich. Wenn man den Hauptverschluss im Keller öffnet,
kann es vorkommen, dass einem die braune Brühe entgegenkommt.«
Der Oberkommissar schüttelte sich. »Ich glaube, ich bleibe doch bei
der Polizei.«
»Ach was«, entgegnete Szymanik. »Spaß macht es nicht, aber es ist
nicht lebensgefährlich.«
»Haben Sie schon mal so richtig geduscht?«
Szymanik lachte hell auf. »Ersparen Sie mir, Einzelheiten zu
erzählen.«
»Man könnte meinen, Sie haben einen Scheißjob«, sagte Große Jäger
versöhnlich.
»Da mögen Sie recht haben«, pflichtete der Mann bei. »Aber nur ganz
selten.«
Große Jäger zeigte mit dem Finger in Richtung des unsichtbaren
Firmenwagens.
»Sind Sie mit Ihrem Ford zufrieden?«
»Gewohnheitssache. Ich habe einen guten Händler. Da gewöhnt man sich
dran.«
»Und privat? Da fährt der Unternehmer Mercedes?«
Erneut ließ Szymanik ein lautes Lachen hören. »Sie überschätzen die
Handwerker. Wir haben einen Ford Mondeo.«
»Einen Kombi?«
»Ja. Warum?«
»Polizisten sind neugierig. Sicher in Weiß.«
»Nein. In Taubenblau. Aber warum interessiert Sie das?«
Christoph stand auf. »Sie haben uns sehr weitergeholfen. Vielen
Dank.«
Er reichte dem verblüfften Szymanik die Hand und ging dann, gefolgt
von Große Jäger, Richtung Haustür.
Der Oberkommissar weigerte sich, in den Volvo einzusteigen.
»Ich leide unter massiven Entzugserscheinungen«, klagte er und
zündete sich eine Zigarette an.
»Anna hat sich beklagt«, sagte Christoph. »Auch wenn du im Auto
nicht rauchst, bleibt der Gestank, der in deiner Kleidung sitzt, in den
Polstern haften.«
»Die soll sich nicht anstellen. Schließlich kenne ich dich schon
länger als sie dich.« Er schwenkte die Zigarette. »Und trotzdem hast du sie und
nicht mich geheiratet.«
»Was gäbe das jetzt für ein Eifersuchtsdrama mit Heidi Krempl«, gab
Christoph spitz zurück. Dann pustete er den Qualm weg und trat näher an den
Oberkommissar heran.
»Das hast du geschickt gemacht«, lobte er. »Jetzt haben wir
erfahren, dass Helmut Szymanik berufsmäßig an Fäkalien herankommt. Wenn er den
Verschluss im Keller öffnet, kann er die Brühe eimerweise abzapfen.«
»Und ein Motiv hätte er auch«, spann Große Jäger den Faden weiter.
»Die Auseinandersetzung mit Dr. Pferdekamp setzt seiner Mutter seit vielen
Jahren zu. Auch wenn sie es nicht eingestehen mag, aber das Redeverbot macht
ihr sehr zu schaffen. Über den Tod des Arztes hinaus. Könnte man meinen, dass
derjenige, der der eigenen Mutter das Leben zur Hölle macht, ein Scheißkerl
ist?«
»Du hast es sehr drastisch
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