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Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Titel: Nebelfront - Hinterm Deich Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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modernen und freundlichen Häusern, die gleich hinter
dem Kreisverkehr lag und vor der drei Fahnenmasten standen, von denen bunte Flaggen
fröhlich wehten. Der herbstbunte Grünstreifen auf der anderen Straßenseite,
dahinter das Tönninger Freibad am Eiderdeich – das alles weckte
Lebensfreude.
    »Es ist sicher eine positive Entwicklung, wenn ein düsteres Heim
diesem Hort der Fröhlichkeit weichen musste.«
    Dann wendete er das Fahrzeug, fuhr ins Zentrum Tönnings zurück und
parkte vor der Tönninger Polizeistation, ein Geheimtipp für all jene, die die Gebühren
für das Parken auf dem nahen Marktplatz sparen wollten.
    Zu Fuß gingen sie über den dreieckigen Marktplatz auf St. Laurentius
zu, eine der achtzehn sehenswerten historischen Eiderstedter Kirchen, die
allein für sich einen Besuch der Halbinsel lohnten. Durch schmale Seitenstraßen
gelangten sie zu dem düsteren Haus am Kattrepel.
    Sie klingelten mehrfach, aber Frau Szymanik rührte sich nicht.
    »Vielleicht ist sie nicht zu Hause«, vermutete Große Jäger und
klingelte beim Nachbarn, der ihnen schon beim ersten Besuch mit einer Auskunft
geholfen hatte.
    »Sie müsste da sein. Ich höre sie in der Küche rumoren«, sagte der
Mann.
    Große Jäger klopfte energisch gegen die Wohnungstür. »Frau Szymanik.
Wir wissen, dass Sie zu Hause sind. Hier ist die Polizei. Wir müssen unbedingt
mit Ihnen sprechen. Ihre Zeugenaussage ist von immenser Wichtigkeit.«
    Christoph registrierte, dass Große Jäger ausdrücklich betonte, dass
man die Frau als Zeugin hören wollte. In einer Kleinstadt würden sonst schnell
Gerüchte kursieren, dass sich die Polizei für Frau Szymanik interessierte.
    Der Oberkommissar versuchte es erneut und schlug mit der flachen
Hand gegen das Holz, dass die Tür im Rahmen vibrierte.
    Endlich war die Stimme der Frau zu hören.
    »Gehen Sie weg«, rief sie mit schriller Stimme. »Hauen Sie ab. Ich
habe nichts zu sagen. Ich weiß nichts. Gar nichts. Ich bin eine arme alte Frau.
Mit diesen Verbrechern habe ich nichts zu tun.«
    »Frau Szymanik! Es geht um das Schicksal des kleinen Steppujat. Wir
brauchen unbedingt Ihre Hilfe.«
    Für einen Moment war es still hinter der Tür.
    »Ich kenne keinen Günter Steppujat«, schrie sie aufgebracht. »Nun
gehen Sie endlich. Ich sage nichts. Ich weiß nichts.« Deutlich war der Knall zu
hören, als sie eine Zimmertür ins Schloss fallen ließ.
    Es hatte keinen Sinn. Sie würden von Hildegard Szymanik keine
Informationen erhalten.
    Als sie ein paar Schritte gegangen waren, fragte Christoph: »Hast du
es bemerkt?«
    »Hältst du mich für blöde?«, empörte sich Große Jäger. »Sicher ist
mir aufgefallen, dass wir nach dem kleinen Steppujat gefragt
haben, sie aber versicherte, sie würde Günter Steppujat nicht kennen. Den Vornamen hatten wir nicht erwähnt.«
    »Warum schweigt die Frau so hartnäckig?«, fragte Christoph. »Es kann
doch nicht nur die Angst vor der jahrzehntealten Unterlassungserklärung sein.
Und die war von Dr. Pferdekamp angestrengt worden. Das würde bedeuten,
dass der Arzt etwas mit dem Verschwinden von Günter Steppujat zu tun hätte.«
    »Und dann taucht Holger Kruschnicke auf, um den sich Pferdekamp ein
ganzes Leben kümmert. Wenn Pferdekamp etwas mit dem Verschwinden des Kindes zu
tun hatte und Holger Kruschnicke Zeuge war? Das könnte doch erklären, dass sich
Dr. Pferdekamp Kruschnickes annahm, sozusagen als Wiedergutmachung. Ist er
erpresst worden?«
    »Damit bringst du eine weitere Theorie ins Spiel«, gab Christoph zu
bedenken. »Aber warum ist Kruschnicke psychisch erkrankt? Ich hätte noch eine
weitere Variante. Kruschnicke ist gleich alt wie Steppujat. Dem Kind unterläuft
ein Missgeschick, bei dem Steppujat ums Leben kommt. Aus irgendwelchen Gründen
möchte man im Heim keine offizielle Untersuchung. Vielleicht fürchtet man die
aus anderen Gründen. Deshalb lässt man Günter Steppujat verschwinden, und Dr. Pferdekamp
nimmt sich des möglichen Täters Kruschnicke an, der zeitlebens unter dieser Tat
leidet. Dr. Jamali hat davon Kenntnis erlangt, bezieht sich aber auf seine
Schweigepflicht.«
    »So wird aus dem bösen Dr. Pferdekamp wieder der Gute. Aber
warum schändet man das Grab des Guten? Und diese Variante würde voraussetzen,
dass Holger Kruschnicke damals auch im St.-Josef-Heim war. Das wissen wir
nicht. Verdammt«, fluchte Große Jäger, rief in Husum an und bat Hilke Hauck,
die Adresse des Sohnes von Hildegard Szymanik zu ermitteln.
    Helmut Szymanik

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