Nebelriss
erhoben sich aus dem sandigen Boden; ihre vergoldeten Dächer funkelten im Sonnenlicht.
Die Stadt aus Gold und Eisen,
fuhr es Baniter durch den Kopf.
Als ob der Fluss den Reichtum vom einen Ufer ans andere gespült hätte.
Praa mochte nicht so viele Einwohner wie Vara oder Thax haben, doch in seiner Ausdehnung übertraf es jede sitharische Stadt. Viele Dutzend Meilen zogen sich die Häuserzeilen Praas am Ufer des Nesfer entlang. In der Breite wurde die Stadt im Süden durch das Gebirge, im Norden durch die praatische Wüste begrenzt. Zwar führten einige Wasserkanäle vom Fluss ab und schlugen sich in die Wüste, doch offenbar war es nicht gelungen, die kargen Sandflächen in Felder umzuwandeln; und so hatte sich Praa entlang des Flussufers ausgedehnt. Als sie ins Tal herabritten, bemerkte Baniter unweit des nördlichen Ufers die Aru'Kahnar, die berühmten Quaderbauten von Praa. Wie riesige schwarze Würfel erhoben sie sich aus dem Wüstensand. Sie waren aus Sithalit gebaut, einem seltenen Gestein, das nur in den Steinbrüchen Palidoniens zu finden war.
Welch ein Aufwand muss es gewesen sein, all diese Steine vom Hochland bis nach Praa zu schaffen, durch die Wüste und
über das Gebirge hinweg!
Baniter wusste, dass die Aru'Kahnar die Grabstätten der arphatischen Könige waren. In ihnen, so hatte Mestor Ulba ihm erzählt, waren die Nachfolger Apethas bestattet worden - mächtige Herrscher wie Pakot-Naar, Tharonn der Hetzer, Nupa'Sef oder Brundir, der Vater Intharas. Ihre Körper ruhten in riesigen Hallen, umsorgt von den Priestern des Todesgottes Kubeth.
Zwischen den Aru'Kahnar war ein Bauwerk zu erkennen, das alle anderen in den Schatten stellte. Es war das gewaltigste Gebäude, das Baniter jemals erblickt hatte; wohl hundert Schritt hoch und fünffach so breit, erbaut aus rostrotem Gestein. Von weitem wirkte es wie eine unvollendete Pyramide; die vier Seitenwände ragten im schrägen Winkel empor, brachen aber in halber Höhe ab. Das Innere der Pyramide öffnete sich dem Himmel; ihm entstieg ein eigenartiger, weißer Dunst.
»Das ist Aru'Amaneth, die Stufenpyramide der Königin«, erläuterte Mestor Ulba, als Baniter ihn nach dem Namen des imposanten Bauwerks fragte. »Als ich zuletzt in Praa war, stand es kurz vor der Fertigstellung. Seine Errichtung wurde von König Nak'Fu befohlen, dem König der tausend Ideen. Nak'Fu wollte, dass seine Nachfolger in einem Palast residieren, der sich dem Licht der Sonne öffnet. Sein Urenkel Brundir, Intharas Vater, war der erste König, der das Aru'Amaneth bezog - nach einer Bauzeit von über zweihundert Jahren! Aru'Amaneth gilt als das größte Gebäude der Welt.«
»Wieso sollten sich die Arphater auch mit weniger zufrieden geben«, erwiderte Baniter trocken. Beide fielen in ihr Schweigen zurück. Sie hatten nur wenige Worte gewechselt, seit sie das Felsentor durchritten hatten. Die Erschlagung des kathygischen Gefangenen war ihnen noch deutlich vor Augen.
Sie erreichten die Stadtgrenze am Fuß des Gebirges. Der Weg der Pracht führte zum Ufer des Nesfer herab und mündete in einen belebten Flusshafen. Händler priesen in gedrungenen Zelten ihre Waren an; Esel mit aufgeschnürten Tuchballen trotteten über den Platz. Kinder rannten neben den Pferden her, johlten und winkten und zeigten mit den Fingern auf die fremdartig aussehenden Sitharer.
Die Gesandten wurden zu einem Schilfboot geleitet. An zwei über den Fluss gespannten Seilen wurde es über das Wasser gezogen. So gelangten sie auf die Insel in der Mitte des Flusses. Auch hier herrschte reges Treiben; Kaufleute und Reisende überquerten an diesem Übergang den Nesfer. Bereitwillig machten sie den Sitharern Platz; vor den Anub-Ejan wichen sie gar ehrfürchtig zurück, waren diese doch Leibkrieger der Königin. Bald erreichten sie den zweiten Flussarm und setzten erneut in einem Schilfboot zum anderen Ufer über. Dort erstreckte sich das Nordviertel von Praa. Die Häuser mit ihren goldenen Dächern wirkten noch abweisender als aus der Ferne. Auf den Straßen wimmelte es von bewaffneten Ordenskriegern, größtenteils Bena-Sajif-Mönche in ihren blauen Röcken.
Die Gesandten wurden zu einem Tempelbau geführt, der auf einem Hügel ruhte. Eine steile Treppe führte zum säulenbewehrten Eingang empor. An der Spitze der Treppe standen Mönche in weiten Gewändern; sie hielten Trompeten in den Händen, die im Licht der untergehenden Sonne rotgolden schimmerten. Als der große Ejo seinen Fuß auf die erste Treppenstufe
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