Nebelriss
Gesandtschaft gefährdet.«
Sadouter stieß ein dünnes Lachen aus. »Das wagt Ihr nicht!« Verunsichert starrte er auf den Gefangenen, der zu ihm aufblickte.
»Lasst nicht zu, dass sie uns töten«, flehte der Kathyger. »Lasst nicht zu, dass sie uns zurück zu den Echsen bringen! Ich habe sie gesehen … sie sind in Arphat … sie verfolgen uns«, die Stimme des Mannes wurde undeutlich; seine Worte erstickten in einem Schluchzen.
Sadouter Suant ließ das Schwert sinken. Dann stieß er den Kathyger von sich. Sein Gesicht war leichenblass, als er die Waffe zu Boden legte. Die Klippenritter taten es ihm gleich.
Im selben Augenblick ertönte hinter Baniter die wutentbrannte Stimme des großen Ejo. »Luchs von Ganata! Wie könnt Ihr es wagen, Eure Schwerter gegen unsere Krieger zu richten - hier, am heiligen Tor von Talanur?« Baniter spürte die Spitze eines Säbels in seinem Nacken. »Ich werde dir die Kehle aufschlitzen für diese Unverschämtheit! Agihors sengende Strahlen werden dein Blut von den Felsen des Yanur-Se lecken zur Genugtuung für diesen Frevel!«
Langsam drehte sich Baniter um, der Klinge geschickt ausweichend. »Ein Missverständnis, großer Ejo«, sagte er und blickte den Schechim voller Unschuld an. »Mein Gefährte glaubte, einen Feind in den Reihen der Gefangenen erkannt zu haben!«
Die Unverfrorenheit dieser Lüge verunsicherte Ejo. Verblüfft starrte er Baniter an. »Willst du mich erneut zum Narren halten? Denkst du, ich habe nicht gesehen, wie dein Bediensteter die Waffe gegen die Reiter erhob?« Baniter musste bei dieser Bezeichnung Sadouters unwillkürlich lächeln. »Sein Geist war verwirrt; die Hitze hat seine Augen getrübt!« Er warf dem jungen Adeligen einen warnenden Blick zu. »Ich werde ihn für sein Verhalten bestrafen, das verspreche ich Euch.«
Der Schechim wies mit dem Säbel auf Sadouter. »Du hast deine Gefolgsleute schlecht ausgewählt, Baniter Geneder«, sagte er verächtlich. »Aus seinen Augen sprechen Falschheit und Dummheit. Niemals würde sich ein Arphater mit solchem Gewürm umgeben. Zertrete es, bevor es noch größeren Schaden anrichtet.«
Selten war ich so einer Meinung mit Euch, großer Ejo!
Baniter senkte ergeben den Kopf. »Ich bitte Euch, ihm seinen Fehler zu vergeben. Ihr seht, er ist jung, unerfahren und ohne Verstand.«
Noch immer hielt Ejo den Säbel erhoben. Verächtlich blickte er auf den Gefangenen, der vor Sadouter kauerte. »In diesem Wurm glaubtest du einen Feind erkannt zu haben? Sind das die Feinde, vor denen wir euer jämmerliches Land beschützen sollen?« Mit einem mächtigen Hieb ließ er den Säbel auf den Gefangenen niedergehen. Die Klinge drang zwischen Schulter und Hals des Kathygers ein; ein roter Blutschwall schoss in die Höhe und besudelte Sadouters Gewand. Schreiend wichen die übrigen Gefangenen vor Ejo zurück. Auch die Sitharer wandten sich angewidert von dem Schechim ab, der seinen Säbel langsam aus dem leblosen Körper des Kathygers zog. »So verfährt man in Arphat mit seinen Feinden! Merk es dir gut, Luchs von Ganata, und gib Acht, dass auch deine Dienstboten es begreifen.«
Welch ein gewaltiger Strom war der Nesfer! Er entsprang am östlichen Ende des Rochens, und von dort aus führte er quer durch Arphat zu den Wassern des Nordmeeres.
Als die Gesandten vom Yanur-Se herabritten, blickten sie auf das Tal von Praa. Die Sonnenstrahlen brachen sich funkelnd auf dem dahinfließenden Wasser der beiden Flussarme, die am westlichen Ende des Tales aufeinander trafen und sich zu einem einzigen Strom vereinten. Auf der langen Insel in ihrer Mitte befanden sich die berühmten Felder von Praa. In engen Reihen standen Feigensträucher, Dattelpalmen und Apfelbäume beieinander; in ihrem Schatten gediehen Zwiebeln und Lauch, Gurken und Rettich. Das Ufer war mit Schilf bewachsen; zwischen den Halmen glitten Holzkähne über das Wasser.
Der Nesfer teilte die Stadt Praa. Schon auf den ersten Blick war zu erkennen, dass im südlichen Stadtteil, der sich zwischen dem absteigenden Hang des Yanur-Se-Gebirges und dem unteren Flussarm erstreckte, die ärmere Bevölkerung lebte. Schlichte Ziegelbauten mit schilfgedeckten Dächern reihten sich aneinander, nur durch schmale Wege voneinander getrennt. Kinder spielten in den Gassen; ihr Geschrei vermengte sich mit dem Meckern der Ziegen, die zwischen Felsbrocken nach Wurzeln und Gräsern suchten.
Am nördlichen Ufer des Nesfer hingegen lebten die Reichen und Mächtigen der Stadt. Hohe Turmbauten
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