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Nebelriss

Nebelriss

Titel: Nebelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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    Baniter war ein schlanker Mann von mittlerer Körpergröße. Mit seinen vierunddreißig Jahren war er einer der jüngsten Fürsten des Silbernen Kreises. Sein Gesicht mit dem schmalen, leicht verbitterten Mund und der stolzen Nase zeigte deutlich seine Zugehörigkeit zum Geschlecht der Geneder, den Herrschern von Ganata. Baniter hatte kurzes dunkelbraunes Haar; zwar ging es bereits an den Schläfen etwas zurück, doch dies betonte nur die kühne Stirn, die seinem Gesicht einen Ausdruck von Stolz verlieh. Entspannt legte Baniter die Hände in den Nacken und massierte sich die Halswirbel. Seine dunkelgrünen Augen auch sie ein unverkennbares Merkmal der Geneder - leuchteten voller Vorfreude. Verstohlen blickte er zur Spitze der Tafel, dem Platz des Kaisers. Akendor Thayrin sah von einem hohen Thron - ebenso wie die Krone aus schwarzem Sithalit-Stein gefertigt - auf die Fürsten herab. Seine Füße verschwanden unter der Tischplatte. Ein roter Umhang legte sich um den Thron, reichte bis zum Boden. Bei jeder Bewegung des Kaisers warf der seidene Stoff Wellen, die langsam an den Seiten herabrollten und sich im Saum verloren.
    Akendors Gesicht wirkte bleich und leblos. Er hatte seine Augen in weite Ferne gerichtet; schwarz schimmerten sie im matten Licht.
Wie starker Wein aus dunklen Kellern!,
fuhr es Baniter durch den Kopf. Seine Majestät hatte offenbar Besseres vorgehabt, als dem Thronrat beizuwohnen. Binhipar und Scorutar hatten höchstpersönlich im Palastgarten erscheinen müssen, um ihn zu einem Meinungsumschwung zu bewegen. Zu gern wäre Baniter dabei gewesen.
    Höhnisch beobachtete Baniter das ›Gespann‹. Binhipar, der bereits auf seinem Schemel Platz genommen hatte, starrte finster zum Kaiser empor. Seine Hände lagen geballt auf dem Tisch. Scorutar stand neben ihm, weit über Binhipars breite Schulter gebeugt, und redete in eindringlichem Flüsterton auf ihn ein.
Die Fürsten verstört, der Kaiser betrunken, und ich sitze hier, bereit, euch in der Luft zu zerfetzen!
Baniter fiel es schwer, seine Vorfreude auf das kommende Spektakel zu verbergen. Lächelnd verfolgte er, wie sich Scorutar aufrichtete und zu seinem Platz schritt. Eifrig winkte er einige Diener zu sich. Sie eilten herbei, Pergamentrollen in den Händen, breiteten diese auf der Tafel aus und beschwerten sie mit kleinen Sandbeuteln.
    »Kaiserliche Hoheit, Fürsten des Reiches«, begann Scorutar, während er sich auf seinem Schemel niederließ, »mit Erleichterung sehe ich, dass die Angehörigen des Silbernen Kreises vollzählig erschienen sind. Selbst der ehrwürdige Fürst aus Ganata« - er warf Baniter einen spöttischen Blick zu - »ist rechtzeitig eingetroffen.«
Ja, lächle nur, Scorutar! Dein Grinsen soll dir im Gesicht festfrieren.
    »Ich muss die Fürsten um Verzeihung bitten, dass ich diese Sitzung so überhastet einberief«, fuhr Scorutar fort. »Mir ist bewusst, dass viele aus unserem Kreis wichtige Geschäfte unterbrechen mussten, um nach Thax zu gelangen. Doch die Ereignisse in Kathyga ließen mir keine andere Wahl.« Er strich sich die Locken aus dem maskenartigen Gesicht. »Ich will keine unnötigen Worte verlieren. Wir alle sind uns des Ernstes der Lage bewusst. Seit geraumer Zeit haben wir das Auftreten dieser seltsamen Eindringlinge mit Sorge beobachtet. Schon in den letzten Sitzungen haben wir über die Gerüchte gesprochen, die uns aus Gyr und Candacar erreichten …«
    »Gerüchte?«, entfuhr es einem der Fürsten voller Empörung. Es war Arkon Fhonsa, der Fürst von Thoka. Auf seiner dunklen Stirn perlte der Schweiß zorniger Erregung. »Nennt Ihr die Nachrichten von den grausamen Schlachten, in denen die Heere Candacars und Gyrs den Echsenwesen unterlagen, noch immer Gerüchte?«
    »Inzwischen haben sie sich bewahrheitet«, fuhr Scorutar unbeirrt fort. »Die jüngste Meldung aus Kathyga hat uns bestätigt, dass die Goldei, wie man sie in Candacar nennt, gefährlicher sind, als wir angenommen haben. Dies zwingt uns zu sofortigen Maßnahmen.«
    Baniter spürte den wachsenden Unmut der Fürsten über Scorutars Worte. Es
wird Zeit, dass jemand diesem Heuchler ins Wort fährt.
    »Über diese Maßnahmen gilt es zu beraten«, fuhr Scorutar fort. »Zusammen mit Fürst Binhipar habe ich einige Erlasse vorbereitet, mit denen wir dem Problem begegnen werden. Dazu brauchen wir natürlich die Zustimmung des Rates - und ich hoffe, dass er sie uns in Anbetracht der bedrohlichen Lage auch

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