Nebelriss
dies ist nur möglich, wenn wir unseren Stolz überwinden und gemeinsam mit den Arphatern die Gefahr aus der Welt schaffen.«
»Wir sind stark genug, um die Goldei aus eigener Kraft zu schlagen«, rief Vildor Thim voll innerer Überzeugung, »stark genug, um ihnen die hässlichen Schädel zu zerschmettern und sie dorthin zurückzuscheuchen, woher sie gekommen sind.«
»Sehr richtig!«, fiel Scorutar ein. »Warum sollte sich das stärkste Reich der Welt vor den Arphatern erniedrigen?« Er wandte sich zum Thron um. »Mein Kaiser - was ist Eure Meinung in dieser Angelegenheit?« Die Blicke der Fürsten wanderten zu Akendor Thayrin. Er hatte - anders als sonst - die Diskussion aufmerksam verfolgt, es bisher jedoch vermieden, das Wort zu ergreifen.
»Fürst Baniters Vorschlag muss bei Euch große Empörung hervorrufen«, fuhr Scorutar scheinheilig fort. »Nie- mand hat in den Kriegen gegen Arphat so viele Angehörige verloren wie die Familie Thayrin. Eure Brüder sind gegen Arphat gefallen, ebenso Euer Vater und dessen drei Geschwister. Und von allen Fürstentümern wurde Thax in diesen Kriegen am ärgsten verwüstet.«
Akendor blickte ihn kalt an. »Es ist nicht nötig, dass Ihr mich über die Geschichte meiner Familie belehrt.« Scorutar deutete eine entschuldigende Verbeugung an. »Sicherlich nicht, mein Kaiser. Ich frage Euch nur nach Eurer Meinung zu Baniters absurdem Vorschlag.«
Kaiser Akendor ließ ihn nicht aus den Augen. »Schaut an … Ihr fragt mich nach meiner Meinung! Welch eine Ehre!« Er schien nur mühsam seinen Zorn unterdrücken zu können. »Ihr werdet sie erfahren, wenn der Thronrat zur Abstimmung schreitet. Und dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen.«
»Ja, lasst uns abstimmen«, rief Arkon Fhonsa. Er griff nach der Fürstenkette, die vor ihm auf dem Tisch lag. »Das ist absurd!«, widersprach Scorutar hastig. »Lasst uns eine Entscheidung von dieser Tragweite nicht überstürzen.«
»Wir haben genug Zeit verschwendet«, erwiderte Kaiser Akendor. »Ich gebe die Abstimmung frei.« Er tastete nach der Kette unter seinem Mantel. »Wer den Vorschlag Fürst Baniters unterstützt, möge die Hand heben.« Baniter blickte sich um. Langsam hob er die Hand. Mit hellem Klang spannte sich die Kette und wand sich um sein Handgelenk. Die Plakette mit dem Wappen Ganatas, der zum Sprung ansetzende Luchs, blinkte im Licht auf.
Arkon Fhonsa war der Erste, der Baniter folgte. Während er seine Hand ausstreckte, lächelte er Baniter triumphierend zu. Baniter erwiderte das Lächeln.
So stehen wir also nun auf einer Seite, Arkon … Ich hoffe, du erwartest nicht allzu viel Loyalität von mir.
Wieder erklang der Laut einer Kette. Sie gehörte Perjan Lomis. Die beiden wichtigsten Fürsten standen damit auf Baniters Seite.
Fürst Ascolar war der Nächste. Er wich den zornigen Blicken seines Vetters Scorutar aus.
Das wird böses Blut im Hause Suant geben,
frohlockte Baniter.
Schließlich hob auch Stanthimor Imer die Hand, sichtbar unglücklich über die Tatsache, so eindeutig Stellung beziehen zu müssen. Aber es war allgemein bekannt, wie hoch er bei Arkon Fhonsa verschuldet war. Baniter blickte auf die Tafel. Vier Ketten lagen noch dort. Es waren die Insignien von Scorutar und Binhipar, von Vildor Thim und - natürlich - dem Feigling Hamalov Lomis.
Scorutar verschränkte die Arme. Sein Mund war ein schmaler Strich, als er sich dem Thron zuwandte. »Fünf gegen vier Stimmen«, sagte er. »Was ist mit Euch, Majestät?«
Baniter fixierte den Kaiser. Akendors Stimme besaß doppeltes Gewicht, er konnte zugleich als Kaiser und als Fürst von Thax abstimmen. Nur er vermochte dem ›Gespann‹ jetzt noch zum Sieg zu verhelfen. Akendor hatte die Kette abgestreift, umklammerte sie mit beiden Händen. Sein Blick war in weite Ferne gerichtet.
»Mein Kaiser! Ihr müsst abstimmen!«, beharrte Scorutar.
»Der Kaiser ist nicht verpflichtet, eine Stimme abzugeben«, erinnerte Baniter ihn. »Wenn er sich enthalten möchte …«
Scorutar schnellte herum. Seine Augen glühten. »Der Kaiser ist zugleich Fürst von Thax, und als solcher hat er die Pflicht, seine Stimme abzugeben. So will es das Gesetz!«
»Ich glaube kaum, dass man das Gesetz in einer solchen Situation anwenden kann!«, rief Arkon Fhonsa. Tatsache war, dass es eine solche Situation noch nie gegeben hatte. Baniter konnte sich nicht entsinnen, wann der Thronrat zuletzt so gespalten gewesen war - und dass das ›Gespann‹ auf der Seite der Unterlegenen gestanden
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