Nebelsphäre - haltlos (German Edition)
sehnsüchtig zum Turmzimmer hinauf und verwünschte die dichte Besiedlung Kiels. „Außerdem würde so ein Turm in der Einöde so manches meiner Probleme lösen…“
Das restliche Wochenende verbrachten Jaromir und Victoria mit Übungen zum Schildzauber und Schach. Eigentlich hatten sie auch noch einmal fliegen wollen, aber Victoria hatte so einen heftigen Muskelkater, dass sie völlig verspannt war. Da halfen auch die gemeinsamen warmen Bäder und Saunagänge nicht viel. Selbst mit Magie war dem nicht beizukommen – jedenfalls kannten weder Jaromir noch Lenir einen wirksamen Zauberspruch.
Neue Klamotten zum Fliegen kauften sie am Samstagnachmittag. Victoria war jetzt im Besitz einer nagelneuen hellgrauen Ledermontur, weicher Kletterstiefel, einer Fliegermütze und einer schicken Sportsonnenbrille.
Die Brille war ein echtes Hightechgerät, denn sie passte die Pigmentierung automatisch an die Lichtverhältnisse an: Wenn es strahlend hell war, verdunkelten sich die Gläser und war es schummrig, so waren sie ungetönt wie normales Glas. Das war echt ein ziemlich cooles Teil.
Das alles hätte sie nie im Leben aus eigener Tasche bezahlen können, aber Jaromir bestand darauf, dass sie seine Kreditkarte mitnahmen. Er war zum Einkaufen zu seinem großen Bedauern nicht mitgekommen, sondern hatte Lenir mitgeschickt. Da sie in Kiel einkaufen wollten, wäre das Risiko, von jemandem gesehen zu werden, der sie beide kannte, einfach zu groß gewesen.
Natürlich hätte Victoria ihre neuen Sachen am liebsten sofort ausprobiert, aber Jaromir hatte recht: Es war einfach zu gefährlich. Auch ohne schmerzende Muskeln war es schwierig genug gewesen, sich auf seinem Drachenrücken zu halten.
Am Montag war das Wetter zum Glück nicht mehr ganz so toll, so dass Victoria ihre blauen Flecken problemlos unter einer langen Hose und einer leichten Bluse verstecken konnte. Sie hatte sich zwar schon eine Geschichte ausgedacht, aber es war ihr lieber, wenn sie erst gar nicht lügen musste.
„Naja, wahrscheinlich achtet eh keiner auf mich, wenn ich mit Lenni da auftauche…“ , dachte sie grinsend und stieg gemeinsam mit Lenir aus dem Bus. Sie tat so, als würde sie ihm alles zeigen, während sie sich auf dem Weg zu Informatik machten.
Ihren Kommilitonen stellte sie ihren Freund als Gaststudenten Lennard Langlo vor. Da weder Kerstin noch Sabine, Felix oder Falk diese Vorlesung besuchten, brauchte sie nicht viel zu erklären.
Allerdings konnte sie in den Gedanken der umstehenden Mädels mühelos erkennten, dass diese reges Interesse an dem gut gebauten Norweger hatten.
„Interesse ist ja stark untertrieben. Die würden sich ihm am liebsten direkt an seinen schönen Hals werfen! Das einzige, das das verhindert, ist meine Anwesenheit.“ Victoria schüttelte amüsiert den Kopf.
So viel hatten die jungen Frauen in ihrer Nähe noch nie über romantische Dinner, gemeinsame Drinks, erste Dates, Küsse, „ach du meine Güte“ sehr heiße Küsse und noch viel mehr erotische Fantasien „Davon will ich doch gar nichts wissen!“ nachgedacht.
Victoria rollte mit den Augen. „Och nee, das wird ja immer schlimmer. Wie soll ich das denn aushalten?!“
Aber Lennard grinste sie nur glücklich an. „Blond! Das ist es! Ich hätte es schon viel früher mal ausprobieren müssen! Danke, Victoria, Danke!“
Sie schüttelte nur leicht genervt den Kopf. „Ich sage dir Lenir, die Haarfarbe ist scheißegal! Es ist dieser verdammte, melancholische Gesichtsausdruck, den du so verzweifelt loswerden wolltest. Der macht die Mädels wuschich!“
Lenirs Grinsen wurde noch breiter. „Mir egal, was es ist. Mir gefällt’s!“
Mittlerweile wurde er nun doch von der Damenwelt bestürmt und Victoria räumte das Feld. Aber dann betrat Frau Schwarz endlich den Hörsaal und die Studentinnen ließen widerwillig von ihrem Freund ab.
Zum Glück versuchten die meisten wenigstens nach ein paar Minuten, sich auf die Vorlesung zu konzentrieren, so dass Victoria von den Lennard-knutscht-ganz-wild-mit-mir-Fantasien der Studentinnen verschont wurde. „Mann, das Gedankenhören kann ja wirklich lästig sein!“
Daraufhin hörte sie Jaromirs amüsierte Stimme in ihrem Kopf: „Ja Kleines, so ist es und so wird es wohl noch den ganzen Tag weitergehen.“
Sie stöhnte. „Och nöö! Brauche ich wirklich so eine Eskorte?“
Er nickte mitleidig. „Jawohl. Besser ist das…“
„Wenn das in den nächsten Tagen nicht besser wird“ , drohte sie verzweifelt, „dann bin ich
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