Nebelsphäre - haltlos (German Edition)
Anscheinend war diese Form der Geistesmagie unter den Drachen nicht üblich.
Auch er fand es unheimlich, dass sie anderen intelligenten Lebewesen Gedanken und Bilder in den Kopf pflanzen konnte und diese nicht von den eigenen zu unterscheiden waren.
Erst jetzt wurde ihr so richtig bewusst, welche Macht der Zauber in sich barg: Sie konnte andere damit in extremer Weise manipulieren. Von der Seite hatte sie das noch gar nicht gesehen. „Naja, ich habe derzeit nun wirklich andere Probleme… Zum Beispiel weiß ich immer noch nicht, was ich Mama wegen der Semesterferien erzählen will.“
Dann hielt der Bus auch schon an der Uni und sie mussten aussteigen.
Die Vorlesungen waren langweilig wie immer in letzter Zeit. Die Klausurfragen, die ihr die Professoren in Gedanken teilweise regelrecht entgegenschrien, überraschten sie kaum – vieles war naheliegend – und da sie durch die Sitzungen mit Jaromir ohnehin die Inhalte der Vorlesungen parat hatte, wurde der Besuch der Uni echt trist.
Das einzige, worauf sie sich freute, waren ihre Freunde, wobei die sie heute vor allem besorgt ansahen. „Man, ich muss gestern echt fertig gewesen sein! Zum Glück denken alle, dass ich mich an den Beinaheüberfall nach dem Kino zurückversetzt gefühlt habe und deswegen so geschockt war. Wenigstens muss ich nichts erklären…“
Lennard und sie gaben sich alle Mühe, klarzumachen, dass mit Victoria heute alles wieder in Butter war. Irgendwann so gegen Mittag hatten ihre Freunde das dann auch endlich geschluckt.
Kerstin beschäftigte jedoch noch etwas ganz anderes. Sie stellte sich die Frage, ob Victoria noch immer mit Professor Unheimlich zusammen war. Auch ihr war nicht entgangen, wie vertraut Lennard und sie miteinander umgingen und das Getuschel der anderen tat ein Übriges.
In der Stochastikvorlesung am Nachmittag hielt Kerstin es nicht mehr aus und schrieb in ihre Kladde: „Was ist denn mit dir und Deinem Professor? Läuft da noch was?“ Dann schob sie den Zettel rüber.
Victoria grinste sie an und kritzelte darunter: „Jo! Läuft alles prima – allerdings hat er sich irgendwas Fieses eingefangen – wird wohl noch länger krank sein…“
Kerstin legte ihren Kopf schief und nahm ihren Stift. „Und was ist mit Lennard? Sieht so aus, als wollte er was von Dir.“
Während Kerstin diese Worte schrieb, konnte Victoria ihre Eifersucht deutlich spüren. Und auch, dass sie sich selbst dafür schämte. Schließlich betete sie sich selbst Tag für Tag vor, dass sie ihren Freund auf gar keinen Fall verlassen würde, weil sie nur ihn liebte. Aber das half nicht wirklich.
Victoria zuckte scheinbar gleichgültig mit den Schultern und wollte gerade zurückschreiben, da wurde sie von einer grünen Woge sanft umspült. Wie schon am Vortag hatte sie ganz plötzlich das Gefühl, intensiv beobachtet zu werden.
Sie drehte sich um, sah aber nur die angestrengten Gesichter ihrer Kommilitonen. Es sah niemand zu ihr herüber und … es machte sich auch keiner Gedanken über sie.
Dann war die grüne Woge auch schon wieder verschwunden.
„Wahrscheinlich ist das im Moment einfach alles ein bisschen viel“ , dachte Victoria und setzte ihren Kuli aufs Papier. „Ich habe Lennard gesagt, dass ich nicht interessiert bin. Er meinte nur, was nicht ist, kann ja noch werden... Was soll ich denn tun? Schließlich ist er echt nett.“
Victorias Antwort gab Kerstin einen kleinen Stich. Sie wollte gerade etwas erwidern, da wies Professor Wilhelms ganz explizit auf die Klausur in der nächsten Woche hin und schon war Lennard vorerst vergessen. Eifrig notierte Kerstin das, was in den letzten Minuten an die Tafel geschrieben worden war und machte sich ein fettes Ausrufezeichen daneben.
Der Rest der Woche plätscherte ähnlich unspektakulär vor sich hin. Neben den Vorlesungen traf sich Victoria häufiger als sonst mit ihren Freunden, um gemeinsam mit ihnen zu lernen. Sie hatte ein klares Bild von den Inhalten der Klausuren und gab bereitwillig Tipps.
Sobald Falk spitzbekommen hatte, dass sein Geometrieprofessor bei der Klausur höchstwahrscheinlich nicht persönlich anwesend sein würde, entspannte er sich merklich. Im Kopf legte er sich diverse Strategien zurecht, wie er seine Wissenslücken überbrücken würde.
Victoria fand seinen Einfallsreichtum, was das Schummeln betraf, unglaublich. Er betrieb wirklich Aufwand für das Mogeln und sie fragte sich, ob es nicht einfacher wäre, den Klausurstoff zu lernen. Aber das entsprach nicht Falks
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