Nebelsphäre - haltlos (German Edition)
Wesen.
Lennard war natürlich immer in ihrer Nähe, aber das fiel nicht weiter auf. Offiziell wollte er die Klausuren mitschreiben und sehen, wo er stand. Er gab vor, es von den Ergebnissen abhängig zu machen, ob er das nächste Semester in Deutschland bleiben würde, oder nicht. So würde sich auch niemand wundern, wenn er während der Klausurwochen immer dabei war.
Jaromir blieb seit dem Handballspiel zu Hause.
Und wurde zunehmend gereizt.
Zum Glück waren die Jungs an der Uni tatsächlich sehr mit den nahenden Klausuren beschäftigt, so dass es keinen Grund zur Eifersucht gab. Aber ihr Gefährte explodierte mittlerweile schon beim kleinsten Anlass, so dass Victoria echt froh war, dass er nicht zur Uni ging.
Abends fuhr sie jeden Tag zu ihm. Sie übten weiter Fliegen und als sich nach ein paar Tagen ihre astralen Kräfte regeneriert hatten, auch den Schutzzauber.
Und natürlich versuchte Victoria ebenfalls, Jaromir einen inneren Anker zu geben. Aber das war schwieriger, als sie anfangs gedacht hatte. Das Bild aus der Arena mit der Kerze funktionierte immer nur für wenige Sekunden und dann musste Jaromir sich doch verwandeln. Sie probierten alle möglichen Spielarten des Feuers durch: Kamin, Kerzenmeer, Lagerfeuer und, und, und aber das Ergebnis blieb dasselbe. Nach wenigen Augenblicken stand ein tiefschwarzer, zunehmend frustrierter Drache vor ihr.
Victoria war sich ganz sicher, dass sie auf dem richtigen Weg waren und sie nur noch nicht das passende Bild gefunden hatte, doch Jaromir wurde immer niedergeschlagener. Er konnte sich selbst kaum noch ertragen, so dass sie entschied, mit dieser Übung erst in den Semesterferien weiterzumachen. Dann würden sie wieder ganz für sich sein und wahrscheinlich konnte er dann endlich etwas entspannen. „So hat es jedenfalls keinen Sinn… Dann können wir lieber Fliegen oder den Schutzzauber üben. Das lenkt ihn wenigsten etwas von seiner Misere ab.“
Die merkwürdig sanfte, grüne Woge und das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden, hatte sie in der letzten Woche mehrfach gehabt: meist an der Uni und einmal auch im Bus. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, da zu den besagten Zeitpunkten kein Mensch in ihrer Umgebung besondere Notiz von ihr nahm oder gar zu ihr rüber sah.
Mit Jaromir darüber sprechen wollte sie lieber nicht. Der hatte im Moment wirklich genug Probleme mit sich selbst, so dass sie ihn nicht noch zusätzlich belasten wollte.
„Alles wird gut, wenn nur endlich Semesterferien sind! Dann haben Jaromir und ich viel Zeit für uns und auch für alles andere“ , dachte Victoria entnervt. „Immerhin habe ich schon meiner Mutter gesteckt, dass ich direkt nach den Klausuren für zwei Wochen ein Schachseminar belegen werde und erst danach kurz bei ihnen in Glückstadt vorbeischaue. Sie hat es überraschend gelassen aufgenommen… hoffentlich klappt das dann auch mit meinem Besuch, sonst ist es mit ihrer Gelassenheit vorbei. Naja, immerhin haben wir zwei Wochen nur für uns. Da renkt sich vielleicht ja schon das eine oder andere ein.“
Jaromir meldete sich prompt: „Ich werde mir alle Mühe geben. Wirklich!“
Victoria stellte erleichtert fest, dass er nichts von ihren Gedanken über die grüne Woge mitbekommen hatte. Bestimmt hätte er sich wieder unnötig Sorgen gemacht und wäre dann noch dünnhäutiger geworden. Er dachte so schon häufig darüber nach, Abrexar zu kontaktieren und das, obwohl der ausdrücklich darauf bestanden hatte, dass sie dies nur im äußersten Notfall tun sollten.
Überhaupt hielt Victoria sich, besonders wenn sie an der Uni war, viel in ihren privaten Geistesräumen auf, um ganz in Ruhe ihren Gedanken nachhängen zu können und auch mal eine kleine Pause von Jaromirs derzeit sehr aufbrausendem Temperament zu haben.
So bekam er auch nicht ganz so viel mit und hatte weniger Grund zur Eifersucht. Er hatte für ihr Verhalten zwar vollstes Verständnis, war aber alles andere als begeistert.
„In den Semesterferien wird das wieder anders. Versprochen, Jaro!“
Er seufzte tief: „Na hoffentlich sind bald Semesterferien!!!“
Sie antwortete augenzwinkernd: „Nur noch zwei Wochen Herr Professor! Nur noch zwei Wochen…“
25. Blitz und Donner
Die beiden Klausurwochen verliefen wie erwartet, wenn man von den jetzt sehr regelmäßig auftauchenden grünen Wogen und dem immer penetranter werdenden Gefühl, dass sie beobachtet wurde, absah. Die Zeiten, zu denen der sanfte, grüne Schleier sie umfloss,
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