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Nebelsphäre - haltlos (German Edition)

Nebelsphäre - haltlos (German Edition)

Titel: Nebelsphäre - haltlos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Benden
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zwei Reihen hinter einander. Sie musste die Liste weglegen, um vernünftig suchen zu können.
    Während sie sich durch die Buchtitel des Agatha Christie Regals arbeitete, hörte sie Frau Meier sagen: „Schauen Sie doch auch noch mal in der Krimiecke nach, vielleicht finden Sie ja dort etwas Passendes für ihren Freund.“
    Als der andere Kunde in ihre Ecke geschlendert kam, war sie auf einem Hocker stehend mit dem Oberkörper schon fast ins Regal gekrochen, um die hinten stehenden Buchtitel entziffern zu können.
    «The Hollow – a Hercule Poirot Mystery»
    „Ah, dieses hier könnte eines für Max sein!“ Triumphierend zog sie das Buch aus dem Regal und verlor dabei das Gleichgewicht.
    Starke Arme fingen sie auf und sie tauchte in eine Aura von erstaunlich großer Macht ein. Dann blickte sie in warme, braune Augen und eine wahre Bilderflut stürmte auf sie ein:
    Ein großes Herrenhaus von innen. Überall eilten altertümlich gekleidete Diener emsig umher. Szenenwechsel. Sie stand vor einem weißen Nebel – konnte nichts sehen, aber wusste, dass im Nebel das Grauen wartete. Ihr wurde eiskalt dabei. Szenenwechsel. Der Blick aus der Vogelperspektive: Endlose Wälder, Straßen aus Lehm, ab und zu ein kleines, primitiv wirkendes Dorf umgeben von ein paar Wiesen. Alles zog in großer Geschwindigkeit unter ihr vorbei. Sie fühlte sich unglaublich stark und frei. Dann sah sie schwarze Schwingen und plötzlich konnte sie zwei Drachen erkennen, die am Himmel um die Wette flogen. Es folgte die nächste Szene und gleich darauf wieder eine neue. Die Bilder wechselten immer schneller, die Konturen verwischten, die Farben wurden zu bunten Wirbeln. Victoria konnte nichts mehr erkennen. Sie fühlte nur noch dieses wahnsinnige Prickeln und dann wurde alles schwarz.
    Als sie die Augen wieder aufschlug, tätschelte Frau Meier ihre Hand. „Kindchen, was war denn los? Herr Custos Portae hat gesagt, dass Sie auf dem Hocker plötzlich ohnmächtig geworden sind. Hätte er Sie nicht aufgefangen, wären Sie mit dem Kopf gegen die Heizung geschlagen. Geht es Ihnen gut, Victoria?“
    Sie war noch ganz benommen, schüttelte leicht den Kopf und fragte leise: „Wo ist er?“
    Die alte Frau lächelte erleichtert. „Ach Kindchen, er ist zur Apotheke um die Ecke gelaufen, um Riechsalz zu holen. Ich habe ihm zwar gesagt, dass das nicht Not tut, aber er bestand darauf.“
    Da klingelte auch schon die Ladenglocke.
    Trotz ihrer Benommenheit wusste Victoria mit Bestimmtheit, dass Jaromir Custos Portae soeben den Laden betreten hatte. Dann sah sie auch schon seine leuchtenden, braunen Augen und wollte aufstehen.
    Er lächelte sie an und sagte: „Warten Sie, Frau Abendrot, ich hole Ihnen einen Stuhl.“
    Während Frau Meier ihr aufhalf, stellte Custos Portae den Stuhl neben sie. Tatsächlich war sie noch wackelig auf den Beinen und dankbar für die Möglichkeit, sich zu setzen.
    „Frau Meier, hätten Sie vielleicht einen Tee oder Kaffee für Frau Abendrot? Irgendetwas Anregendes.“
    Die alte Dame nickte. „Natürlich, ich setze gleich etwas Wasser auf. Außerdem muss ich den Laden jetzt schließen.“ Als sie Victorias Unruhe bemerkte, fügte sie hinzu: „Victoria, Sie bleiben schön hier, bis wir sicher sind, dass Sie auch heil nach Hause kommen! Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal etwas gegessen?“
    Custos Portae grinste, als Victoria sich auf die Lippe biss. „Heute Morgen … um zehn.“
    Frau Meier sperrte den Laden ab. „Kindchen, Sie müssen wirklich regelmäßiger etwas essen. So geht das doch nicht!“
    Custos Portae pflichtete ihr bei: „Mein Reden, Frau Meier, mein Reden. Aber die jungen Leute von heute…“
    Dann verschwand die alte Frau in der Teeküche und Victoria fragte tonlos: „Was bitte ist eben mit mir passiert?“
    Der Professor antwortete freundlich: „Sie waren ganz offensichtlich unterzuckert und sind auf dem Hocker ohnmächtig geworden. Ich habe Sie aufgefangen.“
    Seine Augen wirkten fast hypnotisierend auf Victoria.
    Das willkommene, warme Glück floss nun durch jede ihrer Adern und machte ihr das Denken zähflüssig und schwer.
    Dennoch wusste Victoria, dass seine Darstellung nicht stimmte. Sie schüttelte den Kopf und sagte entschieden: „Nein, ich weiß, dass es anders war. Ich habe das Gleichgewicht verloren und wäre gestürzt, wenn Sie mich nicht aufgefangen hätten. Dann habe ich eine Fülle von unglaublichen Bildern gesehen und erst dann bin ich ohnmächtig geworden.“
    Sein Lächeln

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