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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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dort gestorben sind. Es kommt mir vor, als seien sie bei mir auf dem Dachboden.
    Mein großer Wunsch ist es, das alles Markus zu zeigen.

24
    D ie Dämmerung brach schon am frühen Nachmittag an. Die einsame Straßenlampe auf der Landstraße wurde jeden Tag ein wenig eher eingeschaltet. Joakim lief durch das Haus und versuchte, stolz auf sich zu sein.
    Die Renovierungsarbeiten im Erdgeschoss waren im Großen und Ganzen abgeschlossen. Er hatte gemalert, tapeziert und möbliert, so gut es ging. Er hätte noch mehr Möbel kaufen müssen, aber das Geld wurde langsam knapp, und er hatte bisher nur halbherzig nach einer neuen Stelle als Lehrer Ausschau gehalten. Zumindest hatte er den großen Schrank aus dem 18. Jahrhundert, den langen Esstisch und die Stühle mit den hohen Rückenlehnen im Salon aufgestellt. Darüber hing der große runde Kronleuchter, und in den Fenstern standen Kerzenständer.
    Für die notwendigen Arbeiten an der Außenfassade hatte er weder Zeit noch Geld gehabt, aber er war sich sicher, dass die ehemaligen Bewohner des Hofes das Ergebnis seiner Renovierung zu schätzen wussten. Wenn er allein zu Hause war, hoffte er darauf, ihre Schritte im ersten Stock und ihre flüsternden Stimmen in den leer stehenden Räumen zu hören.
    Bis auf Ethel. Ethel durfte nicht auf dem Hof bleiben. Zum Glück schien Livia nicht mehr von ihr zu träumen.
    »Kommt ihr zu Weihnachten?«, hatte seine Mutter Ingrid gefragt, als sie Mitte Dezember mit ihm telefonierte.
    Ihre Stimme klang so gedämpft und vorsichtig wie immer, und Joakim hatte große Lust, einfach den Hörer aufzulegen.
    »Nein«, war stattdessen seine sehr knappe Antwort. Er sah aus dem Küchenfenster in den Innenhof. Das Scheunentor stand offen. Er hatte es nicht aufgeschoben. Natürlich konnten das genauso gut der Wind oder eines der Kinder gewesen sein, aber er las es als ein Zeichen von Katrine.
    »Nicht?«
    »Nein«, wiederholte er. »Wir haben beschlossen, Weihnachten auf dem Hof zu feiern.«
    »Ganz allein?«
    Vielleicht nicht , dachte Joakim, antwortete aber:
    »Ja, wenn Katrines Mutter nicht noch vorbeikommt. Aber das haben wir noch nicht genauer besprochen.«
    »Könnt ihr denn nicht …«
    »Wir kommen gerne an Silvester zu dir nach Stockholm«, unterbrach Joakim sie. »Und feiern Weihnachten dann nach.«
    Weihnachten würde in jedem Fall kein frohes Fest für ihn werden, ganz egal, wo er es feiern würde.
    Unerträglich, ohne Katrine.
    Am frühen Morgen des dreizehnten Dezember saß Joakim in der Vorschule von Marnäs und sah den Kindern bei der Luciaprozession zu. In weißen Kleidern und mit Kerzen in den Händen kamen die Sechsjährigen mit nervösem Lachen auf den Lippen in den Raum. Viele der anwesenden Eltern zückten ihre Videokamera.
    Joakim benötigte keine Filmaufnahmen, er würde bis ans Ende seines Lebens jedes einzelne Lied erinnern können, das Livia und Gabriel sangen. Er drehte seinen Ehering am Finger und musste daran denken, wie sehr Katrine diese Aufführung gefallen hätte.
    Am Tag nach dem Luciafest zog der erste Wintersturm über die Insel, begleitet von riesigen Hagelkörnern, die gegen die Fensterscheibenschlugen. Auf dem Meer hoben und senkten sich Wellen mit weißen Schaumkronen. Mit rhythmischem Donnern rollten sie auf die Küste zu und zersplitterten die dünne Eisdecke, die sich an der Uferkante gebildet hatte. Sie brachen an der Mole, spritzten schäumend auf und erzeugten wilde Strudel am Fuß der Leuchttürme.
    Als der Sturm immer stärker wurde und am Haus zu zerren und zu reißen schien, rief Joakim Gerlof Davidsson an, den einzigen Wetterexperten auf der Insel, den er kannte.
    »Und das ist jetzt der erste Nebelsturm dieses Winters, richtig?«, fragte er.
    Gerlof schnaubte in den Hörer.
    »Dieser kleine Sturm? Das ist kein Nebelsturm … aber der wird kommen, und ich würde sogar sagen, noch vor Neujahr.«
    Bis zum Morgengrauen hatte der orkanartige Wind nachgelassen, und als die Sonne aufging, sah Joakim, dass der Hof mit einer dünnen Schneedecke verziert war. Die Büsche hatten weiße Hauben, und die Wellen hatten das Eis am Strand zu großen, glitzernden Haufen zusammengeschoben.
    Dahinter hatte sich bereits eine neue Eisschicht gebildet, eine weißbläuliche Decke mit schwarzen Rissen. Das Eis sah nicht sicher aus – einige dieser Risse trafen sich in dunklen Löchern.
    Joakim versuchte den Horizont auszumachen, aber die Grenze zwischen Meer und Himmel war aufgehoben und hinter einem blendenden Dunst

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