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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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verschwunden.
    Das Telefon klingelte kurz nach dem Frühstück. Gerlofs Verwandte Tilda Davidsson war am Apparat und begrüßte ihn mit den Worten, dass sie dienstlich anrufe.
    »Ich wollte nur eine Kleinigkeit überprüfen, Herr Westin. Sie hatten mir gesagt, dass Ihre Frau keinen Besuch auf dem Hof hatte. Aber Sie hatten Handwerker beschäftigt, ist das richtig?«
    »Handwerker?«
    Die Frage überrumpelte ihn, und er musste kurz nachdenken.
    »Ich habe erfahren, dass Sie einen Bodenleger bestellt hatten«, präzisierte Tilda. »Stimmt das?«
    Jetzt erinnerte sich Joakim wieder.
    »Ja, das ist richtig, aber das war vor meinem Umzug nach Åludden. Ein junger Mann kam und hat den alten Linoleumboden herausgerissen und die Holzfußböden in den großen Räumen abgeschliffen.«
    »War er von einer Firma aus Marnäs?«
    »Ich glaube schon«, zögerte Joakim. »Der Makler hatte uns den Tipp gegeben. Ich habe die Rechnung bestimmt noch irgendwo liegen.«
    »Das ist nicht nötig. Können Sie sich an seinen Namen erinnern?«
    »Nein … meine Frau hat das ja alles organsiert und mit ihm verhandelt.«
    »Wann war er denn bei Ihnen?«
    »Mitte August … ein paar Wochen bevor wir begonnen haben, die Möbel umzuziehen.«
    »Sind Sie ihm begegnet?«
    »Nein, nur Katrine. Sie war ja allein mit den Kindern hier.«
    »Und er ist danach nicht noch einmal vorbeigekommen?«
    »Nein, warum auch. Der Boden war fertig.«
    »Noch eine Sache … hatten Sie im Laufe des Herbstes ungebetene Gäste?«
    »Ungebeten …«, wiederholte Joakim langsam und musste sofort an Ethel denken.
    »Ich meine Einbrecher«, sagte Tilda.
    »Nein, davon sind wir verschont geblieben. Warum fragen Sie?«
    »Wir haben eine Einbruchsserie im Herbst gehabt.«
    »Ich weiß, das stand in der Zeitung. Ich hoffe, Sie finden die Kerle.«
    »Wir sind dran«, sagte Tilda.
    Dann legte sie auf.
    In dieser Nacht wachte Joakim mit einem Ruck auf.
    Ethel … 
    Die alte Angst hatte ihn wieder gepackt. Er sah auf die Uhr, 01:24.
    Er schob die Gedanken an Ethel beiseite. Hatte Livia gerufen? Es waren keine Geräusche zu hören, dennoch zog er sich Pullover und Jeans an und stand auf, ohne jedoch das Licht anzumachen. Er blieb im Flur stehen und horchte. Die Wanduhr tickte, aber aus Livias und Gabriels Zimmern drang kein Laut.
    Joakim wandte sich in die andere Richtung und stellte sich ans Fenster zum Innenhof. Aber auch im Licht der einsamen Hoflampe war nichts und niemand zu sehen.
    Dann bemerkte er, dass das Scheunentor erneut offen stand. Nicht weit, nur etwa einen halben Meter – aber Joakim war sich sicher, dass er es erst vor ein paar Tagen zugezogen hatte.
    Er würde hinausgehen und es erneut schließen. Er zog sich Stiefel an und verließ das Haus.
    Es war windig, aber sternenklar. Der Südturm blinkte rhythmisch wie sein eigener Herzschlag.
    Er trat an das Scheunentor und sah hinein. Im Innern war es pechschwarz.
    »Hallo?«
    Keine Antwort.
    Oder doch? Hörte er da ein wimmerndes Geräusch? Joakim tastete mit der Hand in der Dunkelheit und schaltete das Licht ein.
    Er wollte erneut rufen, beherrschte sich jedoch.
    Dann aber hörte er wieder dieses Geräusch: ein leises, aber regelmäßiges Kratzen und Schaben. Joakim war sich ganz sicher.
    Er ging auf die steile Treppe zum Dachboden zu. Die Glühbirne an der Decke leuchtete nicht besonders hell, aber er machte sich dennoch auf den Weg nach oben.
    Dort blieb er einen Augenblick stehen und betrachtete die Berge von Gerümpel. Er musste das alles unbedingt wegräumen. Aber nicht heute Nacht.
    Mittlerweile fand er mit geschlossenen Augen den Weg durch dieses Labyrinth aus Gegenständen. Es zog ihn automatisch an die Stirnseite des Gebäudes. Von dort kam auch das kratzende Geräusch.
    Joakim stand vor der Wand mit den eingeritzten Namen, aber ehe er sie erneut lesen konnte, hörte er wieder die wimmernden Laute. Er sah zu Boden.
    Da erklang das Wimmern ein weiteres Mal, gefolgt von Rasputins Miauen.
    Der Kater saß vor der Namenswand und leckte sich genüsslich die Tatzen. Er sah zu seinem nächtlichen Besucher auf, und Joakim hatte fast den Eindruck, dass der Kater vergnügt aussah. Warum auch nicht? Er hatte schließlich die ganze Nacht hart und erfolgreich gearbeitet.
    Vor ihm lagen etwa zehn schmale Körper mit braunem Fell. Ratten. Es schien, als wären sie erst vor Kurzem getötet worden.
    Rasputin hatte die blutigen Kadaver vor der Namenswand aufgereiht.
    Es sah aus wie ein Opfer.

25
    » D ie Leute machen

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