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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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zurückgezogen.
    Wenige Minuten später sah er ein flackerndes Licht in der Scheune. Zuerst war es ein schwaches gelbes Funkeln, das aber sehr schnell an Größe gewann.

39
    T ilda blinzelte die Tropfen der geschmolzenen Schneeflocken aus den Augen. Dann nahm sie eine Handvoll Schnee und drückte sie sich vorsichtig auf ihr schmerzendes Nasenbein. Langsam und mit wackligen Beinen erhob sie sich, die Pistole im Anschlag. Ihr Kopf tat so weh wie die Nase, aber wenigstens konnte sie aufrecht stehen.
    Der Hof war in Dunkelheit getaucht, und die Schneewehen zwischen den Gebäuden waren zu unscharfen Hügeln geworden. Dahinter erhob sich die Scheune wie eine dunkle Kathedrale. Ganz offensichtlich hatte es einen Stromausfall auf Åludden gegeben oder vielleicht sogar auf ganz Nordöland.
    Nicht weit von Tilda lag Martin regungslos im Schnee. Sie konnte sein Gesicht nicht sehen. Die Schneeflocken hatten bereits begonnen, seinen leblosen Körper zu bedecken.
    Sie nahm ihr Handy und wählte die Notrufnummer. Die war besetzt. Dann versuchte sie es direkt im Polizeirevier von Borgholm, aber sie hatte auch dort kein Glück.
    Während sie das Handy in die Jackentasche zurücksteckte, suchte sie den Innenhof nach dem Mann ab, der auf sie geschossen hatte. Sie hatte das Feuer erwidert – aber hatte sie ihn auch getroffen?
    Sie wandte sich zur Veranda um. Auch Henrik Jansson war verschwunden.
    Die Pistole im Anschlag, ging sie rückwärts, bis sie an die unterste Stufe der Treppe stieß.
    Geduckt sprang sie die Stufen hinauf und sah durch die geöffnete Tür. Ihr Blick fiel als Erstes auf ein Paar Stiefel. Eine Gestalt in schwarzer Kleidung kauerte auf dem Teppich und stöhnte.
    »Henrik Jansson?«, fragte Tilda.
    »Ja«, antwortete er nach einer Weile des Schweigens.
    »Keine Bewegung, Henrik!«
    Tilda kroch auf ihn zu, die Pistole auf ihn gerichtet. Henrik rührte sich nicht, er reagierte überhaupt nicht auf die Waffe, sondern sah sie nur erschöpft an. Mit der einen Hand hielt er sich am Teppich fest, die andere hatte er fest gegen den Bauch gedrückt.
    »Sind Sie verletzt, Henrik?«
    »Ja, am Bauch … Messerstich.«
    Tilda nickte. Noch mehr Gewalt. Am liebsten hätte sie vor Wut geschrien und jemandem die Schuld für all das Elend gegeben. Stattdessen nahm sie ihm das Messer ab und warf es hinaus in den Schnee. Dann überprüfte sie seine Hose und Jacke nach weiteren Waffen, fand aber keine.
    Aus der Hosentasche holte sie ein Päckchen für die Wundreinigung und ihren letzten Druckverband.
    »Martin liegt draußen«, sagte sie leise und reichte ihm die Sachen. »Er wurde getroffen. Er hat es nicht geschafft!«
    »War er auch Polizist?«
    Tilda seufzte.
    »Ja, früher … er ist Ausbilder.«
    Henrik riss das Päckchen für die Wunddesinfektion auf und schüttelte den Kopf.
    »Das sind solche Idioten.«
    »Wer, Henrik? Wer hat Martin erschossen?«
    »Es sind zwei«, antwortete er. »Tommy und Freddy.«
    Tilda sah ihn misstrauisch an, Henrik zuckte nur mit den Schultern.
    »Die haben sich halt so genannt … Tommy und Freddy.«
    Tilda erinnerte sich an die zwei jungen Männer vom Parkplatz vor der Trabrennbahn in Kalmar.
    »Sind Sie hier zusammen eingebrochen? Sind Sie Partner?«
    »Waren wir mal.« Er zog den Pullover hoch und begann, die Wunde zu säubern. »Das hier ist Tommys Handschrift!« Er zeigte auf den Stich in seinem Bauch.
    »Wie sind sie bewaffnet, Henrik?«
    »Sie haben ein Jagdgewehr, eine alte Mauser … aber ich weiß nicht, ob sie noch andere Waffen haben.«
    Tilda hielt die Kompresse auf die Wunde, während Henrik den Druckverband anlegte.
    »Legen Sie sich jetzt auf den Bauch!«, befahl sie dann.
    »Warum das denn?«
    »Ich muss Ihnen Handschellen anlegen.«
    Er sah sie erstaunt an.
    »Falls Sie von denen erwischt werden sollten, kommen die doch als Nächstes ins Haus«, sagte er aufgelöst. »Soll ich dann hier hilflos und angekettet sitzen und auf sie warten?«
    Tilda wägte kurz ab und steckte die Handschellen dann zurück an ihren Gürtel.
    »Ich komme wieder.«
    Geduckt sprang sie die Treppenstufen hinunter und suchte hinter den Schneewehen Deckung. Sie warf einen letzten Blick zu Martin und machte sich dann kriechend und spähend auf den Weg zur Scheune.
    Sie blinzelte, um durch die Wand aus Schneeflocken besser sehen zu können, jederzeit bereit, auf einen neuen Angriff zu reagieren.
    Hinter einer lang gezogenen Schneewehe unmittelbar vor der Scheune entdeckte sie die Fußspuren des

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