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Nebeltod auf Norderney

Nebeltod auf Norderney

Titel: Nebeltod auf Norderney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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einer weiblichen Schönheit. Ihr Haar war kraus und rötlich blond, das sie in zwei Zöpfen trug. Sie hatte eine knabenhafte, schlanke Figur und ein schönes Gesicht. Sie war 30 Jahre alt und unterrichtete Französisch und Geschichte.
    Georg Calvis, der noch nie das Verlangen in sich gespürt hatte, seine Heimat zu verlassen, musste über das Ansinnen der jungen Frau lachen, die brieflich nachgefragt hatte, ob sie das Haus zurückkaufen könnte. Der Dachdeckermeister antwortete per Mail. Die Nachrichten gingen hin und her. Georg Calvis konnte Gudrun Hessel anderweitige und günstige Angebote unterbreiten.
    Sie besuchte ihn schließlich in Wilhelmshaven und besichtigte mehrere Objekte. Sie kaufte auf der Bülowstraße ein Haus, in das sie aber nicht einzog. Doch als wichtiger für Gudrun Hessel erwies sich dabei schließlich das Zusammentreffen mit Georg Calvis, denn auch der Unternehmer hatte sich in die Lehrerin verliebt.
    Sie zog von Kaiserslautern nach Wilhelmshaven und wechselte über an das Nordsee-Gymnasium. Für beide begann eine glückliche Zeit.
    Gudrun Hessel versah ihren Dienst am Gymnasium und verwöhnte ihren Georg, der tagsüber im nordwestlichen Küstenraum seine Handwerker auf den Baustellen besuchte, zu seinen Kunden unterwegs war und neben Aufträgen auch Offerten von Altbauten entgegennahm.
    Die Zeit stand auf Fortschritt, und der Wohlstand brachte es mit sich, dass man allzu schnell bereit war, sich für das Neue zu entscheiden. Für die Bauwirtschaft bedeutete das, dass die Preise für Altbauten in den Keller sanken. Gudrun Hessel und Georg Calvis teilten gemeinsam ihre spekulativen Erwartungen und verdienten sich goldene Nasen, wie der Volksmund sagt, beim Immobilienhandel.
    Ohne großen Pomp heirateten sie nur im Kreise von Freunden standesamtlich im Rathaus und trafen sich anschließend zu einem festlichen Essen im Ratskeller.
    Georg Calvis und Gudrun Hessel bildeten schon alleine optischbetrachtet ein Traumpaar. Auch er war schlank. Er hatte eine sportliche Figur und war hochgewachsen. Sie verstanden sich hervorragend und waren glücklich miteinander. Erst recht, als Gudrun nach anfänglichen Schwierigkeiten schwanger wurde.
    Nach einer problemlosen Schwangerschaft gebar Gudrun Calvis, geborene Hessel einen Knaben. Er brachte 4480 Gramm auf die Waage, war 52 Zentimeter groß, hatte blaue Augen und blondes Haar.
    Als Gudrun Calvis, begleitet von ihrem Mann, aus dem Krankenhaus kam, das Baby zu Hause in das geschmückte Körbchen legte, änderte sich das Leben der beiden Eheleute schlagartig. Ohne sich dessen bewusst zu werden, sprachen sie nur noch im Flüsterton zusammen, wenn der Kleine in seinem Himmelbettchen schlief. Beim Gehen mit dem Baby auf dem Arm setzten sie vorsichtig die Schritte. Nachts horchten sie mit einem Ohr in die Stille. Der kleine Jesko war zum Wichtigsten in ihrem Leben geworden.
    Georg ging wie gewohnt seinen Geschäften nach. Er kaufte noch zwei heruntergewirtschaftete Stadthäuser in Jever auf der Getreuenstraße dazu, die er in die Obhut seiner Handwerker gab.
    Dabei legte er großen Wert darauf, für seine Frau und Jesko immer genügend Zeit zu haben. Es bereitete ihm Vergnügen und erfüllte ihn mit Stolz, am Wochenende den Kinderwagen zu schieben und in Begleitung seiner hübschen Frau über die Marktstraße zu spazieren oder bei gutem Wetter am Südstrand auf einer Bank in der Sonne zu sitzen.
    Er und seine Frau waren trotz ihres Wohlstandes einfach geblieben. Gudrun besaß die Hochachtung der Schüler und Kollegen, und von ihrem Mann sagte man, dass er einer der reichsten Bewohner der Stadt war. So war es nicht verwunderlich, dass Georg Calvis, als sein Sohn etwas älter wurde, auf Norderney auf der Kaiserstraße ein Apartment kaufte. Es war eine kuschelige Ferienwohnung in der fünften Etage mit Nordseeblick.
    Die Familie liebte dieses kleine Refugium, um abzuschalten und mit Jesko, vor allem im Sommer, an der frischen Luft im Sand zu spielen und in den Wellen zu baden. Zudem bot die Insel Gudrunmit vielen Läden und Lädchen genügend Möglichkeiten, ihre Einkäufe zu tätigen.
    Bei den Bemühungen, für Jesko ein Brüderchen oder Schwesterchen anzuschaffen, erfuhren sie die traurige Nachricht, dass Gudrun Calvis ein zweites Kind versagt blieb.
    Die Calvis’ nahmen hin, was sie nicht ändern konnten. Zugegebenermaßen verwöhnten sie ihren Jesko ein wenig. Ihr Reichtum war zu verführerisch und erlaubte ihnen Ausgaben, die für gewöhnliche Eltern nicht

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