Nebeltod auf Norderney
Kevin mit seinem Bagger im Sand spielte und damit begann, sich mit einer Österreicherin seines Alters anzufreunden.
Am Abend rief Albert zuhause an. Er berichtete in seiner blumenreichenArt begeistert und ließ Kevin zu Wort kommen. Die Mama hörte zu, gab sich locker und war ganz Ohr. Sie bat Kevin um weitere Meldungen.
Auch während der nächsten Tage schien die Sonne unvermindert. Ein kühler Seewind machte die Hitze erträglich. Albert war mit Kevin übereingekommen, nach dem Frühstück in Nerja zu bummeln, im Café zu sitzen oder in den Bergen zu kraxeln und nachmittags an einen der drei Strände zu sonnen und zu baden.
Meistens jedoch blieben sie am Hotelstrand, weil Kevin und seine Bärbel aus Linz sich gut verstanden. Die Kleine wohnte mit ihren Großeltern im Hotel. Es waren nette Leute. Kevin war ein lieber Junge. Er ließ sich leicht führen und war ausgesprochen hübsch, was besonders am Strand offenbar wurde. Sein dunkelhaariger Lockenkopf und braungebrannter Körper verliehen ihm ein spanisches Aussehen.
Dennoch war Albert Spatfeld sehr überrascht, als er die gut aussehende Dame bemerkte, die sich ihnen näherte. Sie trug ihr blondes Haar lang, hatte eine hervorragende Figur und war bekleidet mit einem eng sitzenden Bikini. Die junge Frau benutze eine teure Kamera und kniete sich in den Sand, um Kevin abzulichten. Albert erhob sich und trat zu ihr.
»Sind Sie der Vater des reizenden Jungen?«, fragte sie und hielt den Fotoapparat gesenkt.
»Sehen Sie nicht die Ähnlichkeit?«, fragte er scherzend.
»Ehrlich gesagt, nein«, antwortete sie und lächelte. »Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle. Mein Name ist Heide Calvis. Ich bin in Ostfriesland zu Hause. Von Beruf bin ich Lehrerin, bin aber zurzeit beurlaubt.« Sie setzte sich in den Sand.
»Mein Sohn und ich machen hier Urlaub«, erwiderte Albert. »Meine Frau arbeitet als Ärztin in Aachen im Klinikum. Ich habe Kunst studiert und erledige nun mit großem Elan den Haushalt und ziehe meinen Sohn groß.« Er setze sich zu ihr in den Sand.
»Papa, gehen wir noch mal in das Wasser?«, fragte Kevin.
»Warten wir noch ein wenig«, antwortete er.
»Ich habe Sie und Ihren Sohn beobachtet, als Sie angekommensind«, sagte sie. »Ich saß im Café. Der Kleine gefällt mir. Mein Kind verstarb bei der Geburt. Es hatte die Nabelschnur um den Hals. Danach hatte ich noch eine Fehlgeburt. Jetzt ist es aus mit dem Kinderkriegen.«
»Und Sie leiden darunter? Und Ihr Mann?«, fragte Albert.
Sie holte tief Luft und stieß einen Seufzer aus. »Mein Mann hat alles, nur kein Kind! Zwischen uns ist es nicht mehr wie früher. Wir sind sehr wohlhabend. Doch was soll es.«
Sie schob einen Lastwagen durch den Sand in die Nähe des Baggers, den Kevin bediente. Der Junge füllte die Ladefläche voll Sand. Heide Calvis kroch auf den Knien und schob das Spielzeugauto zu einem Stein und kippte die Ladung ab. Sie ahmte mit dem Mund das Motorengeräusch nach und fuhr zum neuerlichen Beladen zurück.
Kevin war begeistert. Er band die neue Freundin ganz in seinen Straßenbau ein. Ihn störte es nicht, wenn Heide Calvis sich zwischendurch mit seinem Papa unterhielt und auch zwischen beiden sich eine Freundschaft anbahnte.
Auch am nächsten Nachmittag saß Heide Calvis bei ihnen am Strand, gönnte Albert Spatfeld Zeit für sein Buch und ging mit Kevin Eis essen.
Nach weiteren Besuchen des Hotelstrandes spazierte Heide Calvis mit Kevin und Albert Spatfeld zum Yachthafen »Marina Mare«, in dem ihr Motorboot lag. Das war etwas für Kevin. Er saß neben Heide Calvis im Cockpit und durfte das Steuer bedienen.
Der Junge wuchs Heide Calvis so ans Herz, dass sie ihn am liebsten adoptiert hätte.
Als sie ihrem Mann am Telefon von dem kleinen »Herzensbrecher«, der wie ein Sonnenstrahl in ihr Leben gefallen war, und ihrem Gedanken an Adoption erzählte, rastete er fast aus.
Jesko, ihr Mann, hatte sich überhaupt stark verändert. Er rief nur selten an. Er hatte ihr zwar die uneingeschränkte Vollzugsgewalt über sein Vermögen erteilt, war aber andererseits äußerst zurückhaltend geworden und hatte seit ihrem Krankenhausaufenthalt nicht mehr mir ihr geschlafen. Er war tief enttäuscht, und sie befürchtete verbittert, dass er sich einer jüngeren Frau zuwenden könnte.
Sie erfreute sich zunehmend guter Gesundheit, und ihr gefiel es sehr gut in Spanien. Sie zählte nachts keine Schäfchen mehr und war guter Dinge, besonders seit der kleine Kevin in ihr Leben getreten
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