Nebeltod auf Norderney
es nicht an Gemütlichkeit. Eine Putzfrau hielt es sauber. Ihm kamen die Räume leer und ungemütlich vor. Ihm fehlte Heide. Dennoch begann eine aufkeimende Distanz zu ihr sein Denken zu bestimmen. Es war ihm unbeschreiblich. So als würde seine Frau an einer unheilvollen, ansteckenden Krankheit leiden, fürchtete er ihre Nähe. Er erschrak bei dem Gedanken, mit ihr zu schlafen. Heide hatte schlagartig für ihn ihren sexuellen Reiz verloren, nachdem sie durch die Operation unfruchtbar geworden war.
Er verwarf aufgebracht diese Gedanken und trank Bier, um seine Nerven zu beruhigen. Gott sei Dank befand Heide sich nichtmehr in Lebensgefahr. Es hätte schlimmer kommen können, dachte er. Wenn sie das Gröbste überstanden hatte, dann werde ich sie nach Nerja bringen. Dort kann sie sich im Mittelmeerklima bei spanischer Sonne mit dem Blick auf das Meer und die Berge der Sierra Nevada vom tief sitzenden Schock erholen.
Auch er musste mit der Tatsache fertig werden, dass sein Traum, ein Kind zu haben, unerfüllt bleiben würde. Nie würde er zustimmen, wenn Heide auf die Idee käme, ein Kind zu adoptieren. Das betrachtete er als einen Betrug an dem unmündigen Wesen. Denn er war der Meinung, dass die Liebe der natürlichen Eltern zu ihrem Kind einmalig und unverwechselbar war.
Er saß noch lange im Schreibtischsessel und grübelte. Schließlich zog er sich aus und legte sich zum Schlafen auf die Liege. Der reichliche Bierkonsum garantierte ihm einen festen, tiefen Schlaf.
Es war bereits 9 Uhr, als das Telefon klingelte. Seine Sekretärin hatte nach vergeblichen Versuchen, ihn in Berum zu erreichen, ihn in der Wilhelmshavener Wohnung ausfindig gemacht. Sie erinnerte ihn an wichtige Termine und bat ihn, die Post zu unterschreiben.
Er duschte, zog sich an und rief in Sanderbusch an. Die Rezeption verband ihn mit der Station. Heide hatte gut geschlafen. Ihre Schmerzen waren erträglich. Telefonieren durfte sie noch nicht. Er ließ Grüße bestellen, verließ die Wohnung und fuhr zum Café Köhler, um dort zu frühstücken.
Er richtete es so ein, dass er Heide jeden Nachmittag besuchen konnte. Sie machte gesundheitliche Fortschritte und konnte bereits nach zehn Tagen das Krankenhaus verlassen. Den Vorschlag, nach Nerja zu reisen, fasste sie wie ein Geschenk auf. Nach allem, was sich ereignet hatte, benötigte sie Zeit und Ruhe, um mit sich selbst wieder ins Reine zu kommen.
Die ehrwürdige, historische und malerische Fischerstadt Nerja hat ihren alten Glanz in die Neuzeit gerettet. Sie hat drei hervorragende Sandstrände, die über einen Rundweg und in Steinen gehauene Stufen erreichbar sind. Gegen die steilen, schroffen Felswände donnern unaufhörlich die Brecher.
Das Taxi fuhr langsam an der Kirche vorbei und hielt dann.
»Hotel Perla Negra, Señor«, sagte der Taxifahrer und zeigte auf die geöffnete Tür und die Fenster des Eingangs.
»Gracias«, sagte Albert Spatfeld und verließ mit Kevin den Wagen.
»Papa, ist das schön. Unten ist der Strand. Da baden Kinder«, sagte Kevin aufgeregt.
Sie nahmen das Gepäck und betraten das Hotel. Hinter einem Holztresen stand eine junge Frau. Sie hatte schwarzbraunes Haar und einen dunklen Teint. Sie war klein und hübsch.
»Die Gäste aus Deutschland«, sagte sie.
Albert Spatfeld stellte sich und seinen Sohn vor.
»Na, kleiner Herzensbrecher«, sagte die Angestellte und strich Kevin durch das Haar. »Sie haben das Zimmer 23. Es bietet Meerblick. Frühstück, Mittagessen und Abendbrot wird im Speisesaal serviert. Er befindet sich am Ende dieses Flurs. Sie können hier oben in den Räumen gerne Getränke zu sich nehmen. Die müssen Sie allerdings besonders bezahlen.«
Albert Spatfeld reichte ihr die Hotelgutscheine und hatte noch einige Fragen.
»Ich lasse Ihr Gepäck auf Ihr Zimmer bringen. In einer Viertelstunde servieren wir Ihnen im Speisessaal noch eine verspätete Mahlzeit«, sagte sie.
Das Zimmer hatte eine Dusche mit abgetrenntem WC, einen kleinen Korridor und einen Balkon. Es war gemütlich eingerichtet und enthielt neben einer breiten Liege noch zusätzlich eine Leseecke.
Auch der Speisesaal mit seiner Fensterfront, die die Sicht in die Stadt und die Berge ließ, sagte Albert zu. Ein Ober servierte ihnen ein schmackhaftes Essen aus Hühnerfleisch und einer Paprikasauce, dazu gab es gekochte Birnen.
Anschließend suchten sie den Strand auf. Albert legte sich auf eine Liege unter einem Sonnenschirm und schaute fasziniert auf das Seepanorama, während
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