Nebeltod auf Norderney
ihm zuwinkte. Paolo hielt an und stieg aus.
»Sind Sie verletzt?«, rief er in Spanisch. Sein Blick streifte den lädierten Mercedes. Es war der Wagen des deutschen Gastes. Die Tür war eingebeult und stand offen. Im Führerhaus lag ein Mann.
»Er ist tot«, sagte sein Begleiter mit zittriger Stimme. Paolo sah Blut in seinem Gesicht.
»Aleman?«, fragte Paolo.
»Si«, sagte der Gast.
Der Spanier half dem Fremden aufzustehen, nahm daraufhin das Handy in die Hand, wählte eine Nummer und hielt es an das Ohr. Er sprach hastig.
»Policia«, sagte er. Er wählte erneut.
Albert Spatfeld beschäftigte sich mit seiner verschmutzten Kleidung. Der Spanier steckte sein Handy ein, holte aus seinem Wagen einen Verbandskasten und öffnete ihn. Albert Spatfeld nahm dieMulltücher und wischte sich das Blut aus dem Gesicht und von der Kleidung. Paolo zeigte auf Jesko Calvis.
»Vino«, sagte er.
»Si«, antwortete Albert Spatfeld, setzte sich auf einen Stein und hielt die Hände vors Gesicht.
Ein Auto näherte sich. Es hielt. Ein Polizist stieg aus. Er besah sich den Toten, ging um den Wagen, wechselte ein paar Worte mit Paolo und kam zu Albert Spatfeld.
»Policia Nerja«, sagte er und wies in Richtung Straße.
Albert nickte. Sie sahen die Lichter eines Wagens. Das Auto hielt. Drei Polizeibeamte stiegen aus und schauten sich um.
Albert Spatfeld erhob sich.
Paolo sprach mit den Polizisten, sagte »Adios«, winkte Albert Spatfeld zu und ging. Die Polizisten kamen zu ihm.
»Sie waren der Beifahrer. Wie ist das passiert?«, fragte einer der Beamten auf deutsch.
»Ein Tier! Etwas huschte vorbei! Herr Calvis bremste und verlor die Gewalt über den Wagen«, sagte Albert Spatfeld.
Der Polizist besprach sich mit seinen Kollegen.
»Sie sind nicht schwer verletzt worden?«, fragte er dann.
»Nicht der Rede wert«, antwortete Spatfeld.
»Der Fahrer hat eine Fahne. Hat er Alkohol getrunken?«, fragte der Polizist.
Albert nickte. »Wir waren bei Pepe in Moro und sind den Berg heruntergekommen«, sagte er.
»Fahren Sie mit nach Nerja zur Station. Wir schreiben dort die Personalien des Toten auf. Wohnt er in einem Hotel?«
»Nein, bei dem Toten handelt es sich um den Kaufmann Jesko Calvis. Er besitzt in Nerja eine Eigentumswohnung. Seine Frau ist zuhause und wartet auf ihn. Ich bin bei ihnen zu Besuch. Mein kleiner Sohn befindet sich bei Frau Calvis.«
Der Polizeibeamte wandte sich an seine Kollegen. Einer von ihnen ging zum Wagen und betätigte das Funkgerät. Ein Abschleppwagen fuhr vor. Es folgte ein weiterer Streifenwagen.
»Kommen Sie, wir fahren zum Revier nach Nerja«, sagte der Beamte.Er begleitete Albert Spatfeld zum Polizeifahrzeug. Sie stiegen ein. Der Beamte gab dem Fahrer ein Zeichen, dann fuhren sie los.
Frau Calvis hatte Kevin eine Geschichte vorgelesen, dabei war er wegen Übermüdung auf dem Sofa eingeschlafen. Sie hatte ihm mit Kissen ein Ruhelager bereitet und sich ans Telefon gesetzt. Es stand im Arbeitszimmer auf dem Schreibtisch. Sie hatte die Tür offen gelassen, um das schlafende Kind im Auge zu behalten. Dabei hatte sie schreckliche Angst und befürchtete das Schlimmste.
Nach 22 Uhr klingelte das Telefon. Es war der Wirt des Restaurants in Moro, der ihr auf Spanisch mitfühlend die traurige Nachricht kundtat, dass ihr Mann verunglückt sei.
»Er ist tot«, sagte der Wirt auf Spanisch.
Die Nachricht traf sie wie ein Schlag. Sie schrie auf.
»Und sein Begleiter?«, fragte sie schluchzend nach einer Weile.
»Er ist nur leicht verletzt. Sie hatten einen Autounfall. Die Polizei wird sich bei Ihnen melden«, sagte der Wirt.
Er erhielt keine Antwort. Die Frau schluchzte. Der Wirt legte auf.
»Jesko, du wolltest mich verlassen«, sagte sie. »Dennoch habe ich dich geliebt! Du gehst zu deinem Herrgott und deinem Kind.« Sie faltete die Hände und sprach ein Gebet. Sie fühlte sich müde, hilflos und schwach und wusste dennoch, dass Jeskos Tod sie herausforderte. Sie nahm sich vor, ihn im kleinen Kreis in Hage beisetzen zu lassen. Er sollte dort auf dem Friedhof in ihrer Nähe ruhen.
Sie zitterte leicht, als sie daran dachte, dass sie Jesko nach Hause schaffen lassen musste. Sie konnte nicht länger hier in Spanien bleiben. Die Firmen ihres Mannes waren zu benachrichtigen. Sie überlegte, wie die vertrauten Angestellten hießen. Zu seinen Sekretärinnen hatte sie einen guten Kontakt. Sie nahm sich vor, sie am Morgen anzurufen.
Das Telefon klingelte. Hastig nahm sie den Hörer in die Hand und
Weitere Kostenlose Bücher