Neben Der Spur
Hepp die Führung des Unternehmens. Er baute zusammen mit seiner Mutter Luise Hepp und nach deren Tod mit seiner Nichte Gudrun Hepp die Produktpalette weiter aus. Im Jahre 1980 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Anlässlich seines neunzigsten Geburtstags im Jahr 2001 zog er sich aus der aktiven Unternehmensleitung zurück …
Eine karge Biografie, befindet Karo. Keine Ehe, keine Kinder. Kein Studienabschluss. Und war mit lauter Ernährungspäpsten befreundet, hat aber selbst nix veröffentlicht. Peinlich! Die NS-Zeit und das, was sie hier Kriegswirren nennen, scheinen weitgehend an der Familie abgeprallt zu sein. Bei Max-Otto Bruker und Werner Kollath findet Karo im Internet jede Menge Bezüge zu den Nazis. Anpasser, alle beide, sind schwups in die NSDAP eingetreten, haben Karriere gemacht und wollten später trotzdem nie dazugehört haben. Aber Hermann Hepp? Sie googelt weiter, ergänzt Stichwörter wie Krieg, Faschis- und Nationalsoz-, findet nach einer guten Stunde – die Red-Bull-Ration ist noch reichlich wirksam – einen Artikel im Archiv des Rheinhessischen Boten, anlässlich der Bundesverdienstkreuzverleihung 1980.
Wegen einer von Nazi-Behörden diagnostizierten, heute nicht mehr verifizierbaren Schizophrenie wurde Hermann Hepp in den Vierzigerjahren in die Pflegeanstalt in Alzey eingeliefert, deren Insassen im Rahmen des Euthanasieprogramms Aktion Brand in das berüchtigte Vernichtungslager Hadamar deportiert wurden. Doch konnte Hermann Hepp auf Betreiben seiner Familie rechtzeitig in die Privatklinik eines befreundeten Arztes in Zürich wechseln und überlebte. 1946 wurde er als geheilt entlassen, kehrte zu seiner Familie zurück und half bei der Erneuerung der Firma …
Karo ist baff. Der Alte war tatsächlich nie im Krieg, verbrachte all die Jahre in Irrenanstalten, zuletzt in den friedlichen Schweizer Bergen. Warum man ihn eingeliefert hatte? Vielleicht war er ja schon immer ein bisschen plemplem, zumindest für damalige Vorstellungen. Beim Kreieren von all dem Veggiekram muss er andererseits ganz clever gewesen sein.
Karo klickt sich zurück zur Homepage der Firma Hepp, surft an den glücklichen Suppenterrinen vorbei ins Unterverzeichnis, findet eine verquast formulierte Firmenphilosophie (Wir wollen die Situation unseres Planeten verbessern …) und ein Foto mit allen zirka fünfzig Mitarbeitern, die – wie auf einem Klassenfoto gruppiert – den Betrachter frontal anlächeln, der Geschäftsführer mit seiner smarten Gelfrisur mittendrin. Dazu gibt’s einen Link namens freie Stellen . Der weckt Karos Neugier, sie guckt nach. Man sucht einen Laboranten mit abgeschlossenem Studium der Lebensmittelchemie und –
… eine(n) Mitarbeiter/-in für die PR-Abteilung
Tja, könnt ihr wirklich gebrauchen, ihr Gruftis, schießt es Karo durch den Kopf. Sie liest weiter:
Studium und Berufserfahrung bei Presse und/oder Agentur (Marken-/Brand- und Consumer-PR) …
Na, das passt ja auf jeden. Sogar auf Karo. Sogar auf Karo?
… Pressekontakte aufbauen und pflegen …
Das würde Karo wahrhaftig gerne selbst! Sie prustet vor Lachen. Was wäre, wenn sie sich bewirbt? Aus Spaß. Vielleicht hat sie eine Chance. Dass sie die Probezeit übersteht, ist wenig wahrscheinlich. Aber sie könnte sich ein bisschen Geld verdienen und die dröge PR-Abteilung aufmischen. Und dabei Pressekontakte aufbauen, Sprungbretter für die eigene Karriere. Korrekt wäre das nicht gerade. Aber Karo ist ein böses Mädchen. Und wenn böse Mädchen sich langweilen …
Schicken Sie Ihre Bewerbung gerne online!
Sie gluckst vor Vergnügen. Gerne? Ich? Aber klar! Und ruft die pdf-Dateien mit ihrem Lebenslauf auf. Das abgebrochene BWL-Studium lässt sich bestimmt mit dem Volontariat bei einem Gesundheitsblättchen wettmachen. Karo sucht einen alten Artikel zum Projekt Barfußpfad in Sobernheim an der Nahe als Arbeitsprobe aus, erinnert sich an ein hervorragendes Arbeitszeugnis, das ein PR-Mensch und verflossener Lover ihr mal verpasst hat, um sie auf sozial verträgliche Art loszuwerden. … s tets zu unserer vollsten Zufriedenheit hat er getextet, der Analphabet. Klingt aber für Personalleiter supergut.
Mutig stoppelt Karo ein Anschreiben aus den Textbausteinen zusammen, die sie auf ihrer CD So bewerben Sie sich richtig findet. Und platziert den Zauberspruch, der alle Personalleiterherzen höher schlagen lässt, gleich ans Ende des ersten Absatzes: Ich könnte die Stelle
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