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Neben Der Spur

Neben Der Spur

Titel: Neben Der Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
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kein Geländer, aber alles lückenlos und trittsicher. Davon hat er sich heute Morgen überzeugt. Umso schneller erreicht er jetzt den Schotterpfad, wo Rolf im Mercedes wartet.
    Valentin wirft seine Utensilien in den Kofferraum, steigt auf den Rücksitz.
    »Leg dich quer! Soll dich möglichst keiner sehen«, sagt Rolf.
    »Mach ich.« Valentin rollt seine eins fünfundachtzig Körperlänge in Embryostellung zusammen.
    Die Dämmerung hat schon eingesetzt, das Industriegebiet ist um diese Zeit fast wie leer gefegt. Nur einzelne verspätete Geschäftsleute, Topmanager, Handelsvertreter, Workaholics kurven in ihren schwarzen oder metallicgrauen Limousinen von den Parkplätzen in die schnurgeraden schmalen Straßen, langsam, als überlegten sie, wo sie einen Absacker nehmen und die abendlichen News auf den Börsenseiten durchforsten könnten. Rolf fährt ruhig und geschmeidig, will wohl für einen der ihren gehalten werden. Rolf ist eben klug. Abitur mit eins Komma null. Examen mit sehr gut …
    »Wenn wir erst auf der Autobahn sind, darfst du auf den Beifahrersitz«, erklärt Rolf.
    »Alles klar.«
    »Wir fahren als Erstes zu mir. Dort schreibst du deiner Tante eine Mail – mit lieben Grüßen aus einem Internetcafé in Spanien. Darauf wartet sie nämlich sehnlich. Und vielleicht willst du auch mal duschen.«
    »Ja!«
    »Deinen Müll entsorge ich dann irgendwo.«
    »Hhhm, danke!«
    Rolf nimmt wirklich eine Menge auf sich, denkt an alles, arrangiert alles. Also gibt sich Valentin heute betont unkompliziert, hält die Frage, die ihn quält, eine Weile zurück, bis sie aus ihm herausplatzt.
    »Gibt’s schon Fahndungsfotos von mir in der Zeitung?« Er kann nicht verhindern, dass seine Stimme kiekst.
    »Nein, kann aber nicht mehr lange dauern. Deshalb muss diese Mail noch heute Abend raus! Schick sie über einen Webmailer, das ist sicherer.«
    Valentin seufzt und schweigt.
    »Kopf hoch, sobald die Mail ankommt, ist die Polizei erst mal beschwichtigt, zumal ich bezeugen kann, dir eine Fahrkarte bis Marseille gekauft und dich zum Zug gebracht zu haben«, sagt Rolf und grinst Valentin im Rückspiegel an. »Da muss ich nicht mal lügen. – Aber sag mal, mir scheint, wir werden verfolgt. Ein roter Opel. Was fahren deine Freunde so?«
    Valentin will aus dem Rückfenster sehen, aber Rolf pfeift ihn zurück.
    »Nein«, versichert Valentin schnell, »so was fahren die nicht. Der eine hat einen alten blauen Fiat, der andere einen weißen Polo.«
    »’tschuldige, falscher Alarm, ist wieder weg, der Opel. Bleib aber im Fond, sicherheitshalber!«
    »Okay.« Valentin dreht sich auf der Rückbank um und massiert seinen eingeschlafenen Fuß. »Sag mal, wie hast du’s eigentlich rausbekommen, das mit der Aktion?«
    »Ungefähr eine halbe Stunde, bevor die Presse anrücken sollte, wollte ich noch mal ins Büro. Und da traf ich auf eure Hühnerkadaver. Das waren ja mindestens dreißig Viecher. Die konnte ich unmöglich unbemerkt wegschaffen, also hab ich’s drauf ankommen lassen. Hab gehofft, die Presse nimmt es wie einen Lausbubenstreich. Dass da Bomben versteckt sein könnten, hab ich nicht geahnt.«
    »Wenn die früher explodiert wären, als von denen geplant …«
    »Tja, und wenn die zweite, die größere nicht fehlerhaft gewesen wäre – hmmm.« Rolf wiegt den Kopf.
    »Dann wärst du jetzt tot!«
    »Schätze ich mal.«
    »Und die Firma ruiniert.«
    »Das auch.«
    »Rolf, ich …«
    »Ist schon okay. Bin halt ein Sonntagskind. Aber sag mal, ich hab schon wieder das blöde Gefühl, dass uns jemand folgt. Hast du nicht gerade was von einem alten blauen Fiat gesagt?«
    Rolf fährt schneller, lenkt den Mercedes scharf nach rechts, kurvt auf für Valentin nicht mehr nachvollziehbare Weise von der Autobahn und durch die Straßen von Mainz. Valentins Kopf und Knie werden abwechselnd gegen die Vordersitze gequetscht. Ihm wird übel, er fühlt sich, als wäre er in einen Gangsterfilm geraten.
    »Uff, abgehängt«, stöhnt Rolf.
    »Aber Rolf, das können sie nicht gewesen sein! Woher sollen sie wissen …«
    »Beruhige dich, vielleicht hab ich mich geirrt. Gibt eine Menge blaue Fiats im Land. Aber sicher ist sicher.« Rolf fährt gemächlich weiter, kurvt links ein, bleibt stehen, bugsiert sein fettes Auto in die Garage neben seinem ebenso fetten Bungalow, der keine zehn Laufminuten von der Firma Hepp entfernt steht. Bei dem Gedanken an die Firma wird Valentin wieder traurig.
    Rolf lässt das Rolltor runter. »Wir sind da.«
    Endlich kann

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